Der King
Fast waren es Wohnzimmer-Gespräche, wenn Larry King Staatschefs und Stars vor die Kamera holte. Mit ihm verliert Amerika den Fragesteller der Nation und einen Moderator der alten Garde
New York Gefühlt gab es niemanden, der nicht bereit war, mit Larry King zu sprechen. US-Präsidenten von Gerald Ford bis Barack Obama, weltberühmte Musiker oder zurückgezogen lebende Schauspieler – sie alle saßen früher oder später ihm gegenüber. Mit seinem lockeren Interviewstil brachte er die Berühmten und Mächtigen einem Millionenpublikum nahe.
Am Samstag ist King im Alter von 87 Jahren in einer Klinik in Los Angeles gestorben, berichtet der Nachrichtensender CNN unter Berufung auf seinen Sohn. Die Todesursache wurde zunächst nicht mitgeteilt. Anfang Januar war bekannt geworden, dass King sich mit dem Coronavirus infiziert hatte und im Krankenhaus lag. Über die Schwere seiner Erkrankung war zunächst nichts bekannt geworden.
„Es war immer eine Freude, an deinem Tisch zu sitzen. Und deine Geschichten zu hören“, schrieb Moderatorin Oprah Winfrey im Kurznachrichtendienst Twitter. „Was für ein wundervolles Leben und eine ikonische Karriere“, kommentierte
Sängerin Mariah Carey. „Ich bin dankbar, dass ich ihn kennen durfte.“Die Sängerin Barbra Streisand schrieb, King sei „einzigartig“gewesen. Seine „Street Questions“– solide und einfache Fragen, die auch „ein Typ auf der Straße“stellen würde – zeigten selbst steife Staatschefs von ihrer menschlichen Seite.
„Larry King Live“war eine Frage-und-Antwort-Stunde für Amerika, verkörpert durch den New Yorker mit Hornbrille, Hemd und Hosenträgern. Schon bald nach ihrem Start 1985 wurde die Show für CNN zum Aushängeschild. Sie blieb 25 Jahre auf Sendung, immer wochentags um 21 Uhr.
Lawrence Harvey Zeiger, wie King ursprünglich hieß, wurde als Kind jüdischer Einwanderer aus Österreich und Weißrussland im Stadtteil Brooklyn geboren. Der Vater starb an einem Herzinfarkt. Die Mutter brachte die beiden Söhne mit ihrem Job als Schneiderin und mit Sozialhilfe durch. Larry träumte von einer Karriere im Radio, er redete gern und viel. Auf Empfehlung eines TV-Ansagers zog er nach Florida,
wo im wachsenden Radiomarkt Moderatoren gebraucht wurden. 1957 ging er erstmals auf Sendung. Den Nachnamen Zeiger hielt sein Manager für „zu ethnisch“und schlug den Künstlernamen King vor, inspiriert von einer Spirituosen-Anzeige in der Zeitung.
Seine Jobs bei Radio und Zeitungen wankten, als King 1971 wegen schweren Diebstahls verhaftet und angeklagt wurde. Die Anklage wurde fallengelassen, doch es dauerte einige Jahre, bis er journalistisch wieder auf die Beine kam. Die beliebte „Larry King Show“im Radioverband MBS wurde dann Vorläufer zu seiner berühmten TV-Show ab 1985. Es wurde die erste Sendung, bei der Zuschauer anrufen konnten und live zugeschaltet wurden.
Bald kamen sie alle: Spitzenpolitiker, Sportler, amerikanische Helden und schräge Figuren. Sogar im Rennen ums Weiße Haus, so schien es, mussten Kandidaten erst an King vorbei. Unternehmer Ross Perot kündigte seine Kandidatur 1992 live in der Sendung an (und verlor). Den scheuen Marlon Brando holte King ebenso vor die Kamera wie die Beatles, Frank Sinatra, Lady Gaga und Rapper Snoop Dogg. 1995 brachte King mit Palästinenserchef Jassir Arafat, Jordaniens König Hussein II. und Israels Ministerpräsident Jitzhak Rabin die drei Protagonisten des Nahost-Konflikts an einen Tisch. Sogar ein Mann namens Donald Trump saß King gegenüber, allerdings 1999, als er noch Immobilienunternehmer war.
Als „Gigant im Rundfunk“bezeichnete der damalige Präsident Barack Obama King, als dieser 2010 das Ende von „Larry King Live“verkündete. CNN zufolge kam er in 53 Jahren im Radio und Fernsehen auf 50000 Interviews und mehr als 6000 Sendungen im Archiv des Senders. Zum Abschied sagte King: „Was immer ich im Leben tue, die Hosenträger werden bleiben.“
Fast so turbulent wie in seiner Show ging es auch in Kings Privatleben zu. Achtmal heiratete er, darunter eine Frau zweimal, und wurde Vater von fünf Kindern. Zwei davon starben vor ihm. Johannes Sadek
und Christina Horsten, dpa