Guenzburger Zeitung

Die Klobürsten‰Revolution

Ein neues Symbol geht um die Welt. Was könnte es bedeuten?

- VON ANDREAS FREI

Es hilft nichts, man muss es kurz ansprechen und am besten gleich, dann hat man’s hinter sich. Vielleicht haben die Demonstran­ten am Samstag auf Russlands Straßen gar nicht deshalb Klobürsten in den Himmel gereckt, weil sie ihrem Präsidente­n, nun ja, das eine oder andere schmutzige Geschäft zutrauen. Wollten sie Wladimir Putin nur den guten Verbrauche­rrat geben, dass a) eine Klobürste auch günstiger zu kriegen ist als für 700 Euro, b) das Exemplar in seiner putzigen Wochenend-Immobilie nicht zwingend aus Gold sein muss, weil der Goldwert, man weiß ja nie ..., oder c) es eine Partnersch­aft bereichern kann, wenn der Mann im Haushalt mehr macht als nur den Müll rauszubrin­gen? Kann alles sein.

So oder so sind die Klobürsten jetzt als Symbol für politische­n Protest in der Welt. Kommen vielleicht nicht so trendy daher wie die Drei-Finger-Geste der thailändis­chen Demokratie­bewegung in Anlehnung an die Science-FictionFil­mreihe „Die Tribute von Panem“. Werden vielleicht nicht weltberühm­t wie das „Peace“-Zeichen der Atomwaffen­gegner. Aber weltbekann­t sind sie allemal. Und aus dem Leben (hier: dem stillen Örtchen) gegriffen – wie die Regenschir­me der jungen

Leute in Hongkong.

Erst Regenschir­m-Revolution, jetzt Klobürsten-Revolution? Unterschät­zen wir mal nicht die reinigende Kraft dieses Gegenstand­s, die Klobürste als Katharsis sozusagen. In Stuttgart hat sie gerade wegen ihres Designs zwei streitende Firmen vor das Oberlandes­gericht gebracht. Die Jury der Start-up-Castingsho­w „Die Höhle der Löwen“hat schon ihre innovative­n Silikonbor­sten „mit cleverem Lotuseffek­t“begutachte­t. Und ihre Geschichte erst! Sie reicht weit zurück bis in die Antike. Damals sprach man vom Xylospongi­um. All das wird Putin wissen. Warum sollte er sonst 700 Euro für eine Klobürste ausgeben?

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