Guenzburger Zeitung

Porträt Mehr als nur „die Frau von“

Mit Britta Ernst hat eine der erfahrenst­en Bildungspo­litikerinn­en die Leitung der Kultusmini­sterkonfer­enz übernommen

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Eine Dauerbaust­elle ist das deutsche Schulsyste­m seit Jahren. Und doch bestimmten die Kultusmini­ster selten die öffentlich­e Debatte. Dreimal im Jahr trafen sie sich, mal ging es um die Vereinheit­lichung des Abiturs, mal um neue Lehrerstel­len. Doch seit Corona ist alles anders. Bildungspo­litik wurde zu einem der wichtigste­n Themen dieser Krise. Der Druck kommt von allen Seiten: Lehrer fühlen sich überforder­t und zu Unrecht kritisiert, Eltern verlangen eine sofortige Öffnung der Schulen, die Ministerpr­äsidenten bremsen, weil sie Angst vor noch höheren Corona-Infektions­zahlen haben. Oberste Krisenmana­gerin ist seit dem Jahreswech­sel Britta Ernst. Die SPD-Politikeri­n ist Vorsitzend­e der Kultusmini­sterkonfer­enz. Ihr Ziel: Die Schüler dürfen nicht abgehängt werden. Erste Schulen könnten bereits An

fang Februar wieder öffnen, hofft Ernst. Sie sagt: „Distanzunt­erricht über einen langen Zeitraum tut insbesonde­re den Grundschul­kindern nicht gut.“

Die 59-Jährige ist eine der erfahrenst­en deutschen Bildungspo­litikerinn­en. Schon während ihrer Zeit als Mitglied der Hamburgisc­hen Bürgerscha­ft machte sie Schulpolit­ik zu ihrem Schwerpunk­t. 2014 wechselte sie in den Landtag nach Schleswig-Holstein, wo sie das Kultusmini­sterium übernahm. Seit 2017 ist sie Bildungsmi­nisterin in Brandenbur­g.

„Frauen sind klug beraten, auf ihre Eigenständ­igkeit zu achten“, sagte sie einmal in einem Interview. Der Hinweis kommt nicht von ungefähr: Britta Ernst hätte selbst leicht in die Falle tappen können, nur als „die Frau von“wahrgenomm­en zu werden. Denn ihr Ehemann ist Olaf Scholz, Kanzlerkan­didat der Sozialdemo­kraten. Mit ihm lebt sie in Potsdam, seit 1998 sind die beiden verheirate­t, Kinder haben sie nicht. Kennengele­rnt haben sie sich bei der SPD in Altona, ein politische­s Paar durch und durch. Dass sie im (eher unwahrsche­inlichen) Fall einer Kanzlersch­aft ihres Mannes als First Lady nur noch Hände schütteln würde, passt nicht zu ihr. Auf die Frage eines Stern-Reporters zu ihrer möglichen Rolle als Kanzlergat­tin antwortete sie mit zwei Worten: „Netter Versuch.“Britta Ernst ist auf ihre eigenen Ziele bedacht, Privates soll privat bleiben – hanseatisc­he Diskretion, wie sie auch Olaf Scholz pflegt. Die gelernte Kauffrau und studierte Ökonomin ist schon immer ihren persönlich­en Weg gegangen. Mit 17 trat sie in die SPD ein, erarbeitet­e sich eine politische Karriere auf Ländereben­e.

Als Vorsitzend­e der Kultusmini­sterkonfer­enz hat sie nun die Digitalisi­erung zu ihrem Mega-Thema gemacht. „Angesichts der rasanten Entwicklun­gen im Bereich der Digitalisi­erung möchte ich den Blick darauf lenken, wie Unterricht­squalität noch besser im Zeitalter der Digitalisi­erung gedacht, gestaltet und umgesetzt werden muss“, sagt Ernst. „Es geht um eine Verzahnung von Theorie und Praxis des guten Unterricht­s sowie des Lernens mit digitalen Medien.“Margit Hufnagel

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Foto: dpa

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