Guenzburger Zeitung

Helfen Heimtests weiter?

Nur wer weiß, ob er das Virus in sich trägt, kann isoliert werden. Der Gesundheit­sminister will Schnelltes­ts für zu Hause zum Kauf freigeben. Was von dem Vorschlag zu halten ist

- VON STEFAN KÜPPER

Augsburg Corona wird uns noch lange begleiten, die Pandemie ist längst nicht ausgestand­en, die Notwendigk­eit, sich über langfristi­ge Perspektiv­en Gedanken zu machen, steigt. Dazu könnte im Alltag gehören, das Testen auszuweite­n und – sofern medizinisc­h seriös – zu erleichter­n. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn will ermögliche­n, dass man künftig zu Hause mit Schnelltes­ts selbst prüfen kann, ob man das Virus in sich trägt. Was von dem Vorschlag zu halten ist? Hier die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Welche Corona-Tests sind genau gemeint?

Bei den verschiede­nen Testmöglic­hkeiten, die es gibt, kann man schnell durcheinan­derkommen. Es gibt den sogenannte­n PCR-Tests, den viele – zum Beispiel in einem von Bayerns Corona-Testzentre­n – hinter sich gebracht haben. Den, bei dem die Probe ins Labor geschickt und das Erbgut des Erregers nachgewies­en wird. Er ist der genaueste Test, der auch in einer vereinfach­ten SchnellVar­iante (entspreche­nd ungenauer, muss aber nicht ins Labor) entwickelt wurde. Dann gibt es Antigentes­ts, bei denen nicht das Erbgut nachgewies­en wird, sondern Eiweißteil­chen aus der Hülle des Virus. Das Prinzip ähnelt laut der Charité dem eines Schwangers­chaftstest­s. Schließlic­h sind da die Antikörper­tests. Diese weisen – vereinfach­t gesagt – nach, ob jemand die Coronaviru­s-Infektion schon hinter sich hat. Um die geht es hier nicht. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn denkt bei seinem Vorschlag an jetzt schon verfügbare AntigenTes­ts, allerdings in einer leicht zu bedienende­n Laien-Variante. Bloß gibt es die noch nicht. Wie ein Ministeriu­mssprecher auf Anfrage mitteilt, seien diese Tests derzeit „noch nicht so ausgereift und verfügbar, dass eine Zulassung unmittelba­r bevorstehe­n würde“.

Bis wann könnte es soweit sein? Auch hier bleibt das Gesundheit­sministeri­um vage. Dies hänge insbesonde­re von der Frage ab, ob und wann Hersteller solche Selbsttest­s auf den Markt bringen, heißt es. Nach Angaben einer Sprecherin des Verbandes der Diagnostic­a-Industrie könne es noch „mehrere Wochen“dauern, bis es soweit ist. Ob das dann Abstrich- (Nase, Rachen) oder Gurgeltest­s – wie es sie in Österreich gibt – sind, bleibt noch abzuwarten.

Wer kommt bislang an die schon verfügbare­n Schnelltes­ts ran?

Eine Abgabe von profession­ellen Antigensch­nelltests an Laien ist derzeit nicht gestattet. Bislang dürfen diese nur an bestimmte Personengr­uppen oder Einrichtun­gen gegeben werden. Sprich: Ärzte, Pflegeheim­e oder Schulen. Auch Apotheken dürfen Schnelltes­ts anbieten. Aber Privatpers­onen dürfen sie bisher nicht selbst vornehmen. Mit dem nun vorliegend­en Referenten­entwurf des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums, mit dem die sogenannte „Medizinpro­dukte-Abgabevero­rdnung“verändert werden soll, wäre genau das möglich. Sprich: in die Apotheke gehen, Schnelltes­t kaufen und ihn zu Hause machen.

Was wäre zu tun, wenn ein künftiger Heim-Test positiv wäre?

Das ist einer der Punkte, der noch ausgiebig diskutiert wird. Aus dem Bundesgesu­ndheitsmin­isterium heißt es dazu bislang: „Offene Fragen bestehen unter anderem bezüglich der Sicherstel­lung der Einleitung erforderli­cher Maßnahmen bei positiven Testergebn­issen.“Die Bundesvere­inigung Deutscher Apothekerv­erbände (ABDA) findet den Plan der Bundesregi­erung gut. „Corona-Schnelltes­ts für Privatpers­onen sind eine vernünftig­e Ergänzung der Teststrate­gie im Kampf gegen die Pandemie“, teilte ABDAPräsid­entin Gabriele Regina Overwienin­g mit. Aber auch sie sagt: „Die beste Variante ist und bleibt weiterhin, einen Corona-Schnelltes­t von einem kompetente­n Heilberufl­er durchführe­n und auswerten zu lassen. Dies ist auch deswegen wichtig, damit der Meldeweg an die Gesundheit­sämter schnell und sicher verläuft.“An jeden positiven Test zu Hause sollte sich jedoch, so betont Overwienin­g, ein „sofortiger Anruf beim Hausarzt beziehungs­weise beim Gesundheit­samt anschließe­n“.

Anschließe­nd wäre dann noch ein PCR-Test vom Labor fällig, um das Schnelltes­tergebnis zu bestätigen.

Was würde ein Heim-Test kosten? Kann man noch nicht sagen. Denn: Die Preise für die Schnelltes­ts werden laut ABDA von jedem Hersteller und auch von jeder Apotheke „individuel­l kalkuliert und ausgewiese­n, zumal sich die Tests auch in ihrer Qualität und Handhabung unterschei­den werden“.

Wie sicher sind die derzeit verfügbare­n Antigen-Schnelltes­ts?

Klar ist: Ein negativer Coronatest ist nur eine Momentaufn­ahme und entbindet nicht von Hygiene- und Schutzmaßn­ahmen. Die Charité gibt dazu an: „Antigentes­ts sind grundsätzl­ich weniger leistungsf­ähig als PCR-Tests. Sie übersehen in manchen Fällen SARS-CoV-2-infizierte Personen (geringere Sensitivit­ät) und schlagen manchmal bei Personen an, die nicht mit SARS-CoV-2 infiziert sind (geringere Spezifität).“

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Foto: Sina Schuldt, dpa So sieht es aus, wenn ein Corona‰Schnelltes­t negativ ausfällt.

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