Immer wieder Brady
Die Quaterback-Legende schien am Ende. Mit 43 Jahren steht er nun zum zehnten Mal im Superbowl-Finale. Und das mit einem Team, von dem nichts zu erwarten war
Tampa Wer vor einem Jahr darauf gewettet hat, dass Tom Brady 2021 zum zehnten Mal in seiner Karriere zur Superbowl fährt, der erntete von den Buchmachern in Las Vegas bestenfalls Mitleid. Nichts sprach damals dafür, dass die Quarterbacklegende es mit 43 Jahren noch einmal nach ganz oben schafft, schon gar nicht mit einem der seinerzeit schlechtesten Teams der National Football League.
Brady schien damals abgehalftert, er beendete seine letzte Saison bei den New England Patriots mit einem Fehlpass in der Wild Card Runde. Es war ein unrühmlicher Abgang jenes Mannes, der die Bostoner sechs Mal zum SuperbowlSieg geführt hatte. Sein Wechsel nach Tampa Bay, einer Mannschaft, die es auf gerade einmal sechs, allesamt erfolglose Playoff Spiele gebracht hatte, während Brady ebenso viele Titel einheimste, schien wie ein erster Schritt in die Rente.
Doch all jene, die glaubten, Brady sei nach Florida gezogen, um noch ein wenig Hobby-Sport zu treiben und es sich am Strand gut gehen zu lassen, haben sich gründlich in Brady getäuscht. Während seine alte Truppe mit seinem jahrzehntelangen Alter Ego, Coach Bill Bellichick, es nicht einmal in die Play-offs schaffte, führte Brady seine neue Mannschaft am vergangenen Sonntag zum ersten Mal seit 18 Jahren in das große Endspiel.
Der Erfolg der Tampa Bay Buccaneers, daran kann angesichts dieser Tatsachen kein Zweifel bestehen, hängt alleine an Brady. „Ich würde sagen, dass er der wichtigste Grund dafür ist, dass wir hier stehen“, bestätigte Receiver Scotty Miller am Sonntag das Offensichtliche.
Dafür sprechen alleine die nackten Zahlen. Brady warf in seiner ersten Saison in Tampa 40 Touchdown Pässe und überwand 4633 Yards mit seinen Pässen – beides Rekorde für einen Quarterback bei einer neuen Mannschaft. Doch die Zahlen alleine erzählen bei weitem nicht die ganze Geschichte.
Brady brachte einen Erfolgswillen in den warmen Süden mit, den man bis dahin dort nicht kannte. Als es wegen der Pandemie in Tampa keine Trainingsmöglichkeiten gab, holte er die Spieler in einen öffentlichen Park in der Stadt um zu üben. Und als das Team mit sieben Verlusten gegenüber fünf Siegen in die
Saison startete, war er es, der sie dazu antrieb, den Glauben nicht zu verlieren.
So schafften die Bucs in den letzten vier Partien der regulären Saison mit brillanten Auftritten die Wende. Ein Trend, der sich in die Playoffs fortsetzte. Am Sonntag lieferten sie dann gegen die hoch favorisierten Green Bay Packers mit einem 31-26 Sieg ihr Meisterstück ab, an dessen Ende Packers Quarterback Aaron Rodgers nur noch geschlagen und gebrochen anerkennen konnte, „dass Brady wohl der größte Spieler aller Zeiten ist.“
Dabei spielte Brady gar nicht mal überragend am Sonntag, drei Mal unterliefen ihm grobe Schnitzer. Sein wichtigster Beitrag war, wie schon die gesamte Saison über, weniger zählbar als Pass-Yards oder Touchdowns. „Er hat uns den Glauben daran gegeben, dass es möglich ist, eine Meisterschaft zu gewinnen“, benannte sein Trainer Brice
Arians Bradys Wirkung nicht nur auf das Team, sondern auf die gesamte Organisation. Es war das gleiche Selbstbewusstsein, dass Brady schon Zeit seiner Football-Karriere beseelt. Brady wurde schon als College
„Er hat uns den Glauben daran gegeben, dass es möglich ist, eine Meisterschaft zu gewinnen.“
BucaneersCoach Brice Arians
Spieler unterschätzt. Und bei seinem Wechsel zu den Profis wollte ihn zuerst niemand haben. Zu leicht, zu langsam, zu schwach, so lautete vor 20 Jahren, das Urteil über den schlacksigen Studenten. Doch genau das befeuerte Brady.
Nach seinen sechs Superbowls und vier MVP Auszeichnungen unterschätzte freilich lange Zeit niemand mehr Brady. Doch in diesem
Jahr war er wieder in derselben Lage, wie zu Beginn seiner Karriere. Er war wieder der Underdog, dem niemand mehr etwas zutraute.
Ganz besonders haben Brady in diesem Jahr allerdings wohl die Behauptungen provoziert, er sei ohne seinen Mentor Belichick nicht annähernd so viel Wert wie zu den großen Zeiten des Duos. Eine Behauptung, die Brady jetzt schon eindrücklich widerlegt hat.
Gewöhnlich würde man sagen, dass Brady nun die Gelegenheit hat, sich mit einem weiteren SuperbowlSieg gegen die Kansas City Chiefs unsterblich zu machen. Doch Brady ist schon lange unsterblich und eine Steigerung des Adjektivs gibt es nicht. Eher ist es wohl so, dass Brady immer tiefer in unbekannte Welten großer Sportlerkarrieren vordringt.
Unmöglich scheint in den Sphären, in denen er nun recht einsam schwebt, nichts mehr.
BUNDESLIGA, MÄNNER