Wie fällt die Bilanz nach einem Monat aus?
Am 27. Dezember ist die Aktion in der Region angelaufen. Was seither geschehen ist. Wie Verantwortliche den Zwischenstand sehen und Pannen erklären. Und was von Anfang an das größte Nadelöhr war
Günzburg Es ist auf den Tag genau einen Monat her, dass der erste Bürger im Landkreis Günzburg eine Impfung gegen das Corona-Virus erhalten hat. Von da an und bis heute hat der Kreis Günzburg knapp 3500 Impfdosen bekommen. Damit sind 2356 Personen erstmals geimpft worden, 1110 Zweitimpfungen sind bislang erfolgt. Die Impfquote (ab 16 Jahre) liegt danach bei 2,24 Prozent und ist damit exakt so hoch wie der bayernweite Durchschnitt. Rund 105000 Bürgerinnen und Bürger sind dem Landratsamt zufolge impffähig.
Die Monatsbilanz zogen am Dienstag auf Bitte dieser Zeitung Dr. Volker Rehbein, Vorstand der Kreiskliniken Günzburg–Krumbach, und der Impfchefkoordinator für den Landkreis, Hermann Keller.
Ihr Resümee fiel ganz überwiegend positiv aus: Alle 14 Alten- und Pflegeheime haben den ersten Impfdurchgang bereits hinter sich. 654 Heimbewohner sowie Mitarbeiter von Kliniken sind auch schon zum zweiten Mal mit dem von Biontech/ Pfizer entwickelten Impfstoff in den Oberarm gespritzt worden. Das Dominikus-Ringeisen-Werk in Ursberg, Krankenhäuser in Günzburg, Burgau, Ichenhausen und Ursberg gehören zu den weiteren Impf- Schwerpunkten. Auch Haus- und Fachärzte und die Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste hätten das Vakzin erhalten.
Ältere Mitbürger über 80 Jahre seien in 410 Fällen zum zweiten Mal geimpft worden. Das passiert ungefähr drei Wochen, nachdem die Nadel zum ersten Mal gepikst hat – 21 bis 25 Tage nach der Erstimpfung. Laut Rehbein wäre mit dem 42. Tag nach dem ersten Einstich der erlaubte Zeitraum ausgereizt, um den Impfstoff erneut zu verabreichen. Im Landkreis geht das deutlich schneller.
„Es ist bei uns sehr gut angelaufen in enger Zusammenarbeit mit dem Landratsamt“, sagt der Klinikvorstand und nennt als Landkreisvertreter Günzburgs Landrat Hans Reichhart, Gesundheitsamtschef Dr. Patrick Dudler, Christoph Langer (Öffentliche Sicherheit und Ordnung) und Matthias Kiermasz (Digitales) namentlich. „Wir waren mit die schnellsten in Bayern, die die Altenheime durchgeimpft haben“, so Rehbein.
Die Heime seien gut auf die Termine vorbereitet gewesen, was man an der reibungslosen Organisation vor Ort habe festmachen können. Und auch das Einverständnis der Impfwilligen habe – häufig über die Betreuer erteilt – vorgelegen, sodass man sich tatsächlich aufs Impfen konzentrieren konnte. „Das hat bei Weitem nicht überall so gut wie bei uns funktioniert“, fasst Rehbein zusammen.
Die Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission sei richtig vom Landkreis interpretiert und eine Priorisierung der Menschen vorgenommen worden. Nicht um Heimbewohner zu bevorzugen. „Aber so ist die größte Wirkung erzielt worden, um die Krankenhäuser zu entlasten“, sagt der Klinikvorstand. „Das alles ist gut gelaufen trotz einer Software, die sich in einem Reifungsprozess befunden hat.“
Pannen sind außerdem wie berichtet bei der Nutzung der Impfhotline aufgetreten. Über die Nummer 116117 sind Bürger aus dem Unterallgäu und aus Memmingen auf die Günzburger Zentrale geschaltet worden, „ohne dass wir davon wussten“, wie Impfkoordinator Hermann Keller sagt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die für die richtige Weiterleitung zuständig ist, war offenbar überfordert, was telefonisch eingeräumt worden sei. 99 Impfzentren allein in Bayern waren für die Verantwortlichen in Berlin dann augenscheinlich zu viel. „Aber inzwischen läuft es, wurde mir versichert“, sagt Keller. Rehbein setzt hinzu, dass er es richtig findet, den Impfstoff im Freistaat flächendeckend und nach Einwohnerzahl zu verteilen und nicht landesweit zwei Hände voll „Großimpfzentren“zu errichten, wie es andere Bundesländer getan haben.
Keller empfiehlt, wenn möglich, sich dennoch online über die Adresse www.impfzentren.bayern.de registrieren zu lassen. Das gehe problemlos. Die Günzburger Impfhotline selbst ist eine weitere Möglichkeit – allerdings verbunden mit einer Wartezeit, die derzeit zwischen fünf und zehn Minuten liege. Und dann müssten die Mitarbeiterinnen am anderen Ende der Leitung die Angaben des jeweiligen Gesprächspartners ebenso online eingeben, wie man es auch selbst tun könnte.
Die Daten von 2000 Bürgern sind telefonisch aufgenommen worden. Erst, wenn diese abgearbeitet seien, würden die Angaben der weiteren Impfwilligen freigeschaltet und bearbeitet. Diese Woche, informiert Keller, werden insgesamt 264 Bürger in den beiden Impfzentren Günzburg und Krumbach mit dem Vakzin versorgt. Weitere Einheiten werden in St. Camillus (18) und an die Mitarbeiter der Kreiskliniken (24) verabreicht. Zusammen ergibt das 306 Impfdosen, die in dieser Woche bisher angekommen sind.
Der Mangel an Impfstoff bleibt vorerst das größte Nadelöhr. Bis jetzt ist nur das wärmeempfindliche Produkt von Biontech/Pfizer in den Landkreis Günzburg geliefert worden. „In den nächsten zwei, drei Wochen erwarten wir zusätzlich den Impfstoff von Moderna“, sagt Rehbein und schränkt im nächsten Atemzug ein: „Aber das ist noch nicht ganz klar.“
Und was ist mit dem zuletzt in die Schlagzeilen geratenen Impfstoff des schwedisch-britischen Pharmakonzerns Astra Zeneca? Es geht um eine mögliche fehlende Schutzwirkung bei älteren Menschen, um Lieferengpässe und den Wirkungsgrad bei unterschiedlich verabreichten Mengen bei der zweiten Impfung. „Da hören wir vermutlich am Freitag von der europäischen Arzneimittelbehörde mehr“, sagt der Günzburger Klinikvorstand. Vielleicht müsse die Priorisierung geändert werden. „Aber das ist alles pure Spekulation, wir müssen abwarten.“
Keller ergänzt, es bleibe derzeit nur, auf Sicht zu fahren. „Alles, was wir heute bekommen, wird morgen verimpft. Das ist nicht von langer Hand planbar und geht auch nur, weil wir so ein tolles, motiviertes Team haben.“Bis zu 1200 Menschen könnten im Landkreis Günzburg pro Woche in den beiden Zentren mit Erst- und Zweitimpfung versorgt werden – der Beitrag der mobilen Impfteams ist da noch nicht einmal eingerechnet.
Um in dieser Mangelwirtschaft mehr Impfdosen zu gewinnen, werden seit dem 9. Januar im Landkreis nicht mehr fünf Portionen, sondern sechs aus jeder Ampulle geholt.