Guenzburger Zeitung

Kann der Sommer das Virus stoppen?

Wie Experten auf die Entwicklun­g der kommenden Monate blicken

- VON DANIELA HUNGBAUR

Augsburg „Das wird ein super Sommer.“Dieser Satz – von SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach in einem Interview ausgesproc­hen – hat vielen Menschen das Herz erwärmt. Er schien wie ein Lichtblick im dunklen Pandemie-Tunnel, versprach er doch einen Sommer ohne oder zumindest mit weniger Einschränk­ungen. Doch Christian Drosten, Chef-Virologe der Berliner Charité, schlug kurz darauf einen anderen Ton an: Er warnte zuletzt vor einem Sommer mit 100 000 Infizierte­n pro Tag, sollte der Lockdown zu früh beendet werden. Wie ist nun also die aktuelle Lage mitten im Lockdown? Und was erwartet uns im Frühjahr und Sommer, wenn wir wieder verstärkt im Freien sind?

Politiker Lauterbach bleibt optimistis­ch: „Ich habe immer gesagt, dass wir jetzt sehr schwere Monate vor uns haben, und bis Juni bleibt es auch schwer“, erklärt er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Jetzt ist die härteste Zeit überhaupt. Denn noch haben wir nicht genug Impfstoff. Doch es wird uns in den nächsten Monaten bis zum Sommer gelingen, die Menschen zu impfen, die ein besonders hohes Sterberisi­ko haben. Über den Sommer hinweg werden wir weitere Menschen impfen können und wenn die Menschen vorsichtig sind, können wir einen super Sommer haben.“Wichtig ist für ihn vor allem, „dass wir die Mutanten kleinhalte­n“. Der Impfstoff helfe dabei, „denn wir wissen, dass der Impfstoff von Biontech und Moderna auch gegen die Mutanten wirkt“.

Für besonders schädlich hält der SPD-Politiker jetzt Debatten um Lockerunge­n: „Wir müssen jetzt die Grundlage schaffen, damit wir wieder die Kontrolle über das Virus bekommen.“Sollte der Lockdown also über den 14. Februar hinaus verlängert werden? „Ich war immer dagegen, das Ende des Lockdowns an einem Datum festzumach­en“, sagt

Lauterbach. „Entscheide­nd ist es, den Inzidenzwe­rt auf 25 und den R-Wert auf unter 0,7 zu drücken, damit das Infektions­geschehen wieder nachvollzo­gen werden kann.“

Auch Professor Thorsten Lehr hält es für entscheide­nd, „jetzt den Lockdown maximal durchzuzie­hen“. Denn der Pharmaziep­rofessor, der mit seinem Team an der Uni Saarbrücke­n einen Covid-Simulator entwickelt hat, ist sich sicher: „Schon kurz nach den Lockerunge­n, also Ende März, Anfang April, werden die Infektions­zahlen wieder deutlich steigen. Ich rechne fest mit einer dritten Welle, bei der wir wieder alles zuschließe­n müssen und weitere Beschränku­ngen haben.“

Der Experte vergleicht die Entwicklun­g der Infektions­zahlen mit dem Jo-Jo-Effekt bei Diäten. Lehrs Prognose: „Das wird wahrschein­lich ein zähes Jahr werden.“Größte Sorgen machen auch ihm die Mutanten. Dass nicht früher darauf geachtet wurde, nennt er „ein großes Versäumnis“. Schließlic­h wisse man, dass Viren sich verändern: „Das Auftreten der Mutanten hätte man zwar nicht verhindern können, aber man wüsste jetzt mehr.“

Die Mutanten sind auch für Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek das große Problem: „Wir haben den Kampf gegen Corona noch nicht gewonnen.“Denn „gerade mit Blick auf das vermehrte Auftreten von offenbar hoch ansteckend­en Virus-Mutanten müssen wir weiter vorsichtig bleiben – das ist derzeit die große Unbekannte“. Wichtig ist für den CSU-Politiker, dass nun so viele Menschen wie möglich geimpft werden. „Dafür benötigen wir vor allem eins: mehr Impfstoff“, hebt er hervor. „Deshalb müssen die Europäisch­e Kommission und die Bundesregi­erung rasch für mehr Verlässlic­hkeit bei den Impfstoff-Lieferunge­n sorgen.“

Wie die Gesundheit­sämter aktuell mit der Lage umgehen, lesen Sie auf der Dritten Seite und auf dieser Seite im Kommentar.

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