Guenzburger Zeitung

Olympia um jeden Preis

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger‰allgemeine.de

Das IOC hat ein Problem. Zugegeben, der Rest der Welt auch. So eine Pandemie finden die wenigsten gut. Das IOC stellt sie aber vor eine Situation, die schlicht nicht vorgesehen ist. Mal abgesehen von einem Weltkrieg schien kein Szenario vorstellba­r, in dem Olympische Spiele ausfallen. Corona könnte die Lenker des Weltsports nun eines Besseren belehren. Ein halbes Jahr vor dem geplanten Beginn der Spiele ist die Stimmung im Land der Gastgeber komplett gekippt, wie unser Japan-Korrespond­ent Felix Lill in dieser Ausgabe eindrückli­ch schildert.

Das IOC mit Thomas Bach an der Spitze will sich davon aber nicht beirren lassen. Es geht nicht um das Ob, sondern nur um das Wie. Als vor kurzem eine englische Zeitung berichtete, Japans Regierung plane bereits die Absage, wurde das eifrigst dementiert.

Wer all die Spekulatio­nen und sonstigen Störfeuer ausblendet, kommt zum Kern der Sache: Geld. Sehr viel Geld. Japan ist mit zig Milliarden Euro in Vorleistun­g gegangen. Neu dazugekomm­ene Hygienemaß­nahmen treiben die Kosten weiter nach oben. Noch teurer wäre aber eine Absage oder erneute Verschiebu­ng. Das würde dann nicht nur den japanische­n Steuerzahl­er empfindlic­h treffen, sondern auch das IOC. Denn dessen Haupteinna­hmequelle sind die Spiele. Wie man es also dreht und wendet: Schon aus finanziell­er Sicht ist das IOC dazu verdammt, in diesem Sommer irgendetwa­s auf die Beine zu stellen, an das es die olympische­n Ringe hängen kann. Zur Not eben ohne Zuschauer, mit weniger Sportlern und abgespeckt­em olympische­m Dorf, ohne Flair, ohne das, was Olympia ausmacht. Denn darum geht es nicht mehr. Es gilt, ein System am Laufen zu halten, in dem alles mit allem zusammenhä­ngt. Das IOC pumpt sein Geld zu einem Großteil in den Sport weltweit. Käme diese Quelle zum Versiegen, hätte das nicht absehbare Auswirkung­en. Trotzdem sei die Frage erlaubt: Ist es sinnvoll, inmitten einer Pandemie zehntausen­de Menschen aus der ganzen Welt nach Tokio einzuflieg­en?

Die große Hoffnung heißt Impfung. Es ist ein Wettlauf gegen die Uhr. Der Startschus­s ist längst gefallen und der Rückstand gewaltig.

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Foto: dpa IOC‰Präsident Thomas Bach lässt keinen Zweifel daran, dass die Spiele heuer in Tokio stattfinde­n werden.
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