Guenzburger Zeitung

Und sie nehmen sein Geld doch

Ex-Schalke-Boss Clemens Tönnies bot dem in finanziell­en Nöten steckenden Klub Geld an, der lehnte ab. Über einen Sponsorend­eal kommen nun doch neue Millionen an

- VON FLORIAN EISELE TV Saarlouis – Eisvögel Freiburg Herner TC – BC Marburg Bayern München II – Löwen Erfurt 75:60 74:60

Gelsenkirc­hen In diesen Tagen klammert man sich beim FC Schalke an jeden Hoffnungss­chimmer. Sogar eine 0:4-Niederlage, wie sie Königsblau am vergangene­n Spieltag einstecken musste, wird als positives Signal gedeutet. Immerhin ging es gegen die Bayern, immerhin fiel das Ergebnis zu hoch aus, immerhin war Schalke diesmal nicht so schlecht. Das Problem dabei: Mit zu vielen Sätzen, die „immerhin“beinhalten, wird Schalke weder die Klasse halten noch einen Weg aus seinem finanziell­en Schlamasse­l finden.

Immerhin: Seit kurzem ist bekannt, dass der Revierklub neue Finanzhilf­en erhält. Wie Schalke mitteilte, wurden die Verträge mit zwei Sponsoring­partnern langfristi­g verlängert. „Mit beiden Unternehme­n wurden sofortige Sonderzahl­ungen vereinbart“, hieß es in der Mitteilung. Beide sollen dem klammen Verein jeweils etwa fünf Millionen Euro einbringen. Bei einem der beiden Unternehme­n handelt es sich um einen Finanzdien­stleister, beim anderen – und das ist etwas pikant – um den Fleischwar­enfabrikan­ten

Das ist deswegen delikat, weil es sich bei Böklunder um eine Tochterfir­ma der Zur-MühlenGrup­pe handelt, deren Alleininha­ber der ehemalige S04-Aufsichtsr­atschef Clemens Tönnies ist.

Der ehemalige Mäzen hatte vor einigen Wochen dem FC Schalke angeboten, das Böklunder-Sponsoring zu verlängern und damit eine sofortige Finanzspri­tze verbunden. Tönnies hatte es aber zur Bedingung gemacht, dass der Aufsichtsr­at einstimmig zustimmt – einige Mitglieder des Gremiums empfanden dies als Demütigung des einstigen Chefs und stimmten dagegen, am Ende stand „nur“eine 9:2-Mehrheit.

Nun fließen die Tönnies-Millionen doch. Schalke-Vorstand Alexander Jobst erklärt, warum: „Es handelt sich hierbei um ein reines Sponsoring-Geschäft – der Vertrag wurde ganz normal verlängert, ohne anderweiti­ge Forderunge­n oder Ansprüche. Das ist somit eine übliche Entscheidu­ng in der Verantwort­ung des Vorstands.“Die Vereinbaru­ng sei „an keinerlei Bedingunge­n oder zusätzlich­e Verpflicht­ungen geknüpft“. Über die Hintertür hat Schalke die Tönnies-Millionen nun also doch angenommen. In sozialen Netzwerken reagierten viele Schalker-Fans mit Ablehnung oder blankem Entsetzen. Tönnies, der von 2001 bis 2020 den Aufsichtsr­at des Bundesligi­sten leitete, gilt vielen immer noch als Feinbild – einerseits wegen des finanziell­en Scherbenha­ufens, den er nach seinem Ausstieg hinterlass­en hatte, anderersei­ts wegen seiner rassistisc­hen Äußerungen. 2019 hatte der 64-Jährige beim Tag des Handwerks in Paderborn gefordert, in Afrika Kraftwerke zu bauen: „Dann hören die Afrikaner auf, die Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, wenn wir die nämlich elektrifiz­ieren, Kinder zu produziere­n.“Der Schalker Ehrenrat befasste sich mit den Äußerungen, sanktionie­rte Tönnies damals aber nicht.

Das Geld, das der Werbedeal in die Schalker Kassen spült, kann der Tabellenle­tzte jedoch gut gebrauchen. Gerade mal sieben Punkte hat der Klub, der 2018 noch VizemeisBö­klunder. ter wurde, gesammelt – noch nie hat ein Verein, der zu diesem Zeitpunkt so wenige Punkte hatte, die Klasse gehalten. Der als Heilsbring­er verpflicht­ete Stürmer Klaas-Jan Huntelaar kommt nach seiner Verpflicht­ung noch nicht auf die Beine. Der 37-Jährige, den der Klub von Ajax Amsterdam zurückgeho­lt hatte, nahm am Mittwoch nur in den ersten 15 Minuten am Mannschaft­straining teil. Wegen Wadenprobl­emen hatte der Stürmer, der bereits von 2010 bis 2017 für Schalke gespielt hatte, bislang noch kein Spiel bestreiten können. Neuzugänge für die Aufholjagd sollen nach Möglichkei­t noch kommen – wenn sie finanzierb­ar sind. Gesucht wird aktuell noch ein Flügelstür­mer.

Stichwort Finanzen, nochmals: Sollte der Abstieg feststehen, würde laut Vertragswe­rk auch der Deal mit Trikotspon­sor Gazprom auslaufen – eigentlich. Wie der Kicker berichtet, könnten Klub und Unternehme­n aber bis zu vier Wochen nach einem Gang in die zweite Liga Konditione­n nachverhan­deln. Der russische Energiever­sorger könnte dem FC Schalke also auch in der zweiten Liga erhalten bleiben. Immerhin.

Tönnies gilt vielen Fans immer noch als Feindbild

BUNDESLIGA, FRAUEN V. MITTWOCH 2. LIGA PRO B SÜD, MÄNNER

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