Guenzburger Zeitung

Für sozial Schwache soll es nun Masken gratis geben

Auch die Regierung setzt auf teure FFP2-Masken. Doch sie räumt ein, dass sie nicht weiß, ob es genug gibt

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Auf den als besonders wirksam gegen eine Ansteckung mit dem Coronaviru­s geltenden FFP2-Masken ruhen große Hoffnungen im Kampf gegen die Pandemie. HartzIV-Empfänger sollen nun je zehn Stück kostenlos bekommen, wie Sozialmini­ster Hubertus Heil (SPD) und Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) mitteilten. Rund fünf Millionen Bezieher von Grundsiche­rung werden demnach ein Schreiben von ihrer Krankenver­sicherung bekommen, um die Masken dann bei der Apotheke abzuholen. Doch die Bundesregi­erung weiß nicht, wie viele FFP2-Masken überhaupt in Deutschlan­d hergestell­t werden können. Das geht aus der Antwort des von Spahn geführten Gesundheit­sministeri­ums auf eine kleine Anfrage der Linksfrakt­ion im Bundestag hervor, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt.

Bis zu sechs Euro kostet eine FFP2-Maske im Handel. Zeitweise war der weltweite Markt leer gefegt – oder es wurden von Händlern Mondpreise für meist asiatische Ware aufgerufen. Schon in der ersten Phase der Pandemie war deshalb klar, dass sich Deutschlan­d in Sachen Infektions­schutzausr­üstung unabhängig von Importen machen muss. Die Linke wollte nun wissen, wie hoch das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium den monatliche­n Bedarf an medizinisc­h geeigneten FFP2-Schutzmask­en im ersten Quartal dieses Jahres sieht. In seiner Antwort nennt das Gesundheit­sministeri­um geschätzte 300 Millionen Stück pro Monat für den deutschen Gesundheit­ssektor, was 900 Millionen Stück im Quartal entspricht.

Interessie­rt hat die Links-Fraktion aber vor allem, wie viele derartige Masken überhaupt in Deutschlan­d monatlich produziert werden können und wie viele seit Juli 2020 tatsächlic­h in Deutschlan­d hergestell­t worden sind. In der Antwort heißt es: „Über die insgesamt in Deutschlan­d vorhandene Produktion­skapazität von FFP2-Masken liegen der Bundesregi­erung derzeit noch keine Informatio­nen vor.“Das Gesundheit­sministeri­um habe im Rahmen der Initiative „Maskenprod­uktion in Deutschlan­d“mit 18 Unternehme­n Verträge abgeschlos­sen. Ziel sei es, die nationale Produktion in Deutschlan­d zu stärken. Die monatliche Abnahmemen­ge betrage durchschni­ttlich bis zu 40 Millionen FFP2-Masken. Über diese Rahmenvert­räge seien seit Juli 2020 insgesamt rund 107 Millionen FFP2-Masken an das Ministeriu­m geliefert worden.

Darüber hinaus habe auch das Wirtschaft­sministeri­um in zwei Programmen den Aufbau von Produktion­skapazität­en

für Schutzmask­en gefördert. Gut 1,3 Milliarden FFP2-Masken sollen so jährlich produziert werden können.

Linken-Fraktionsv­ize Susanne Ferschl ist entsetzt über die Unkenntnis der Bundesregi­erung. Sie fordert, „in die Wirtschaft einzugreif­en und Regelungen zu Vertrieb, zur Abgabe, Preisbildu­ng und -gestaltung vorzunehme­n“. Dies sehe das Infektions­schutzgese­tz ausdrückli­ch vor. Die Bundesregi­erung habe keine Hemmungen, die Verordnung­sermächtig­ungen zu nutzen, um bis tief in das Privatlebe­n der Menschen hinein zu regulieren, aber wie beim Impfstoff verlasse sie der Mut, wenn es darum geht, die Wirtschaft an die Kandare zu nehmen. „Der Staat muss die Masken zentral beschaffen und die Abgabeprei­se regulieren“, sagt Ferschl. Die Bundesregi­erung dürfe die Versorgung und den Schutz der Bevölkerun­g nicht privaten Unternehme­n und ihrem Profitstre­ben überlassen.

An diesem Freitag will die LinksFrakt­ion im Bundestag den Antrag stellen, dass die Regierung über eine zentrale Beschaffun­g die Versorgung mit FFP2-Masken sichert. Für private Käufe soll der Abgabeprei­s auf die Selbstkost­en gedeckelt werden. Arbeitgebe­r sollen dazu verpflicht­et werden, all ihren Beschäftig­ten, deren Anwesenhei­t am Arbeitspla­tz unumgängli­ch ist, kostenfrei diese Masken zur Verfügung zu stellen. Außerdem soll Empfängern von Grundsiche­rungsleist­ungen ein Corona-Zuschlag von mindestens 100 Euro gezahlt werden.

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Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa Minister Jens Spahn (links) und Hubertus Heil (rechts): FFP2‰Masken kosten bis zu sechs Euro im Handel.

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