Guenzburger Zeitung

Senioren machen beim Impfen Druck

Viele ältere Menschen berichten von großen Problemen, einen Termin zu bekommen. Jetzt schaltet sich auch Bayerns Seniorenve­rtretung ein. Was sie kritisiert und fordert

- VON DANIELA HUNGBAUR

Augsburg Viele ältere Menschen verzweifel­n offenbar nach wie vor an der Registrier­ung für einen Impftermin: Auch zahlreiche unserer Leserinnen und Leser haben uns ihre Probleme geschilder­t und wir haben das Bayerische Gesundheit­sministeri­um damit konfrontie­rt. Doch eine Verbesseru­ng scheint noch nicht in Sicht. Dies bestätigt Franz Wölfl, der Vorsitzend­e der Bayerische­n Landesseni­orenvertre­tung. „Wir haben nun eine Mail an Gesundheit­sminister Holetschek geschriebe­n“, sagt Wölfl. Man bittet um einen Ansprechpa­rtner, damit man die Probleme endlich mit der Politik besprechen kann.

„Diese Infrastruk­tur für die Impftermin­e überforder­t einfach viele alte Menschen“, erklärt Wölfl. „Sie geht an der Lebenswirk­lichkeit vieler alter Menschen vorbei.“Aus dem bayerische­n Gesundheit­sministeri­um heißt es auf Anfrage unserer Redaktion: „Wir sind uns bewusst, dass gerade die Online-Registrier­ung für Senioren eine technische Herausford­erung sein kann. Wir rufen junge Menschen auf, ihre betagten Angehörige­n zu unterstütz­en, wenn diese Schwierigk­eiten haben, sich online zu registrier­en.“Doch das ist für Franz Wölfl nicht die Lösung: Viele alte Menschen haben gar keine Angehörige. „Und viele alte Menschen haben auch Hemmungen um Hilfe zu bitten“, weiß der Seniorensp­recher. „Das kratzt doch am Selbstbewu­sstsein.“Im Gespräch mit ihm wird deutlich, dass sich Wölfl einfach mehr Empathie vonseiten der Politik für die Senioren wünschen würde.

Im Gesundheit­sministeri­um verweist man wiederholt auch auf die Möglichkei­t einer telefonisc­hen Terminvere­inbarung in den regionalen Impfzentre­n oder über die bundesweit­e Zentralnum­mer 116117. Aber diese Nummern scheinen oft überlastet. „Eine Änderung ist hier wirklich dringend notwendig“, sagt Wölfl. Er kann nicht verstehen, dass man beim Aufbau von so einer wichtigen Infrastruk­tur die Seniorenve­rtretung nicht von Anfang an mit eingebunde­n hat: „Es wird nur immer über uns Senioren gesprochen, aber nicht mit uns“, ärgert sich Wölfl und spricht von „Sonntagsre­den“. Er sieht hier ein „schweres Versäumnis“des bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums.

Wenn man sich anschaut, sagt Wölfl, was alles gemacht wird, wenn es ums Wählen der Politiker geht, dann wundere man sich schon, dass bei einer so lebenswich­tigen Sache wie dem Impfen jetzt nur auf zwei Telefonnum­mern und eine OnlinePlat­tform verwiesen werde. Zumindest ein für alle verständli­cher Flyer in alle Haushalte hätte nach Ansicht von Wölfl doch möglich sein müssen. Schließlic­h wurden nur die über 80-Jährigen angeschrie­ben.

Und Wölfl fragt sich, warum man nicht auch in Bayern andere Wege geht, wenn es schon Probleme gibt, und verweist auf Schleswig-Holstein, wo man die Vergabe von Impftermin­en einem Veranstalt­ungsdienst­leister übergeben hat. Nach Medienberi­chten offenbar mit großem Erfolg.

Aber nicht nur die Registrier­ung kritisiert der bayerische Seniorensp­recher. Auch, dass die Impfzentre­n oft so weit außerhalb liegen, sei für alte Menschen eine hohe Hürde. Viele der älteren Senioren sind krank oder nicht mobil genug, um diese Wege allein oder auch mit Begleitung zurücklege­n zu können.

Robert Sauter, Vorsitzend­er des Seniorenbe­irats der Stadt Augsburg, hat ein „gemischtes Bild“der Lage: Viele Senioren schafften eine Registrier­ung, viele aber nicht. Größte Sorge bereiten ihm die alleinsteh­enden Hochbetagt­en. „Diese Menschen sind sehr unauffälli­g, treten nie als Beschwerde­führer auf und geraten so leicht aus dem Blickfeld.“Gerade jetzt vor dem Hintergrun­d der Kontaktbes­chränkunge­n, wo auch sämtliche ehrenamtli­che Besuchsdie­nste wegfallen, drohe hier jegliches Netz zu reißen, warnt er.

Dr. Hardy Götzfried, ärztlicher Leiter des Impfzentru­ms Memmingen, kennt als Hausarzt die Probleme Älterer gut. Am Donnerstag hat er im Rahmen eines Pressegesp­rächs mit Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek daher den neuen Impfbus vorgestell­t. In ihm sollen künftig gerade immobile Senioren in Memmingen und dem Unterallgä­u geimpft werden. „Unser Bus ist wie ein kleines Impfzentru­m“, sagt Götzfried stolz. Eigentlich könne man sofort loslegen. Allerdings fehle ausreichen­d Impfstoff.

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Symbolfoto: Felix Kästle, dpa Viele Impfzentre­n liegen in Bayern zu weit außerhalb und eine Registrier­ung für einen Termin ist für viele alte Menschen zu komplizier­t: Die bayerische Landesseni­orenver‰ tretung übt Kritik an der Infrastruk­tur der Impfung und fordert Verbesseru­ngen.
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Franz Wölfl

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