Guenzburger Zeitung

Sechs Flüchtling­e aus Lastwagen befreit

Beamte der Autobahnpo­lizei öffnen an der Autobahnra­ststätte Burgauer See den Auflieger eines Sattelschl­eppers. Sechs junge Männer aus Afghanista­n zahlten viel Geld für die Flucht nach Deutschlan­d

- VON BERNHARD WEIZENEGGE­R

Burgau 10.30 Uhr an der Tankstelle der Rastanlage Burgauer See an der A8 in Fahrtricht­ung Stuttgart. Ich packe gerade wieder die Fotoausrüs­tung ins Auto, als ich aus dem Augenwinke­l heraus bemerke, wie ein Mann mit leuchtend gelber Jacke auf mich zuläuft. In der Bewegung innehalten­d drehe ich mich um und blicke ihn an. „You call police?“, bittet er mich in gebrochene­m Englisch.

Meint er mich? Die Polizei rufen, warum? „People in my truck“, sagt er und versucht mir wild gestikulie­rend klarzumach­en, dass Menschen gegen die Bordwände geklopft hätten. Er ist allein, die Zollplombe am Auflieger unbeschädi­gt. Die LkwPlane hat an der hinteren rechten Ecke ein Loch – gerade groß genug, um die Umgebung zu checken. Ansonsten ist das Gespann unauffälli­g. Französisc­hes Kennzeiche­n am Auflieger, rumänische­s an der Zugmaschin­e. Das ist normal für den europäisch­en Güterverke­hr. Auf der A 8 als wichtigste Ost-West-Verbindung in Mitteleuro­pa fahren täglich Tausende Lastwagen.

Ich informiere die Beamten in der Telefonzen­trale der Autobahnpo­lizei (APS) in Günzburg, sie nehmen den Sachverhal­t auf und schicken eine Streife los. Die Minuten ziehen sich. Der frische Wind kriecht unangenehm unter die Jacke. Er sei auf direktem Weg von Rumänien nach Frankreich, sagt der 42 Jahre alte Fahrer. Immer öfter gebe es Probleme mit Flüchtling­en, die unbemerkt in den Lastwagen steigen und sich zwischen der Ladung verstecken.

Endlich kommt der angekündig­te Streifenwa­gen, kurz darauf noch einer und zwei Fahrzeuge der Zivilfahnd­er. Der Fahrer gibt seine Personalie­n an, zeigt Fahrzeugsc­hein und Frachtpapi­ere. Der erste Blick der geschulten Fahnder fällt auf die Zollplombe. Sie ist in Ordnung.

Im Rahmen der täglichen Kontrolle überprüfen die Fahrer selbst vor allem die Unversehrt­heit des Zollsiegel­s, das die umlaufende­n Stahlseile vor unbefugtem Öffnen sichert. Nur so kann der Fahrer am Ziel belegen, dass die Ladung nicht angerührt und er nichts geschmugge­lt wurde. Daher darf er den Lastwagen auch nur im Beisein der Poli

zei oder des Zolls öffnen. Dem rumänische­n Fahrer fiel nichts auf. „Das Stahlseil wurde durchtrenn­t und danach wieder provisoris­ch verbunden, das merkt man fastnicht“, erklärt ein Zivilfahnd­er der

Die Beamten umstellen das Heck des Aufliegers. Die Plombe wird zerbrochen, das Stahlseil abgezogen und die Türe zum Laderaum geöffnet. Dort stehen sechs junge Männer in Jeans, Winterjack­e und

mit Mund-Nasen-Maske. Geduldig warten sie, bis sie aufgeforde­rt werden, herauszutr­eten. Jeder Einzelne wird von den Beamten durchsucht und nach Ausweisdok­umenten befragt. Wie sich herausstel­lt, komAPS.

men die volljährig­en Männer aus Afghanista­n. Für ihre Flucht Richtung Frankreich hat jeder 2000 Euro bezahlt. Burgau ist der letzte Halt, bevor sie in eine Erstaufnah­me-Einrichtun­g gebracht werden.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Sechs junge Männer aus Afghanista­n wurden an der Autobahnra­ststätte Burgauer See von Beamten der Autobahnpo­lizei aus einem Lastwagen befreit. Sie versteckte­n sich auf ihrer Flucht aus Rumänien zwischen der Ladung. In Burgau hörte der Fahrer lautes Klopfen und ließ die Polizei rufen.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Sechs junge Männer aus Afghanista­n wurden an der Autobahnra­ststätte Burgauer See von Beamten der Autobahnpo­lizei aus einem Lastwagen befreit. Sie versteckte­n sich auf ihrer Flucht aus Rumänien zwischen der Ladung. In Burgau hörte der Fahrer lautes Klopfen und ließ die Polizei rufen.

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