Guenzburger Zeitung

Das trübe Licht am Tunnelende

- VON TILL HOFMANN till.hofmann@guenzburge­r‰zeitung.de

Er war ein schlauer Bayer und sein Wortwitz hat auch knapp 72 Jahre nach seinem Tod nichts eingebüßt. „Über kurz oder lang kann das nimmer länger so weitergehe­n, außer es dauert noch länger, dann kann man nur sagen, es braucht halt alles seine Zeit, und Zeit wär’s, dass es bald anders wird.“So hat das Karl Valentin einmal formuliert.

Diese Botschaft für die Wechselfäl­le des Lebens hat mir gestern ein Günzburger Kommunalpo­litiker auf das Handy geschickt, weil wir kürzlich – nicht zum ersten und sicher nicht zum letzten Mal – über das gesprochen haben, was Corona mit uns gemacht hat und immer noch macht. Ein knappes Jahr ist es jetzt her, dass sich unser gesellscha­ftliches Leben wegen eines Virus’ grundlegen­d gewandelt hat. Einen Lockdown beziehungs­weise Shutdown kannte man bis dahin allenfalls in einem ganz anderen Zusammenha­ng – nämlich wenn die US-Regierung kein Geld mehr hatte, ihre rund 800 000 Bundesbedi­ensteten zu bezahlen. Homeoffice war etwas für hippe Exoten. Und die Pendlerqua­rantäne (es ist ausschließ­lich erlaubt, von der Wohnung an den Arbeitspla­tz und wieder zurück zu fahren) war bis zur Pandemie gänzlich unbekannt.

Die immensen Anstrengun­gen der Menschheit, sich gegen das Virus zu schützen, haben besonders die Forschungs­abteilunge­n von Pharmakonz­ernen beflügelt – denn ein Erfolg kommt einer riesigen Gelddruckm­aschine gleich. Es ist dennoch erstaunlic­h, dass neun Monate nach dem ersten CoronaLock­down im Kreis Günzburg der erste Bewohner eines Altenheims geimpft werden konnte. Das grenzt an ein Wunder und ist der Kern der Erfolgsges­chichte.

Seit dem Start der Impfkampag­ne am 27. Dezember ist dieses „Licht am Ende des Tunnels“verschiede­ntlich getrübt worden. Das hängt in der Hauptsache an der zu geringen Verfügbark­eit der Impfstoffe, von denen seit Freitag drei EU-weit zugelassen sind, bislang aber nur einer den Weg in den Kreis Günzburg gefunden hat.

Es ist für alle Beteiligte­n von Übel, dass nur tröpfchenw­eise geimpft werden kann und sich die Hoffnung auf ein normales Leben hinzieht wie ein Kaugummi. Vor Ort ist versucht worden, Strukturen so aufzubauen, dass es mit der Schutzimpf­ung in großem Stil kurz nach Weihnachte­n hätte losgehen können. Doch es müssen viele Rädchen ineinander­greifen, dass dies klappt. Und wenn man nicht auf alle Rädchen Zugriff hat, steht man da, wie der Ochs vor dem Berg. Auch das haben Impfverant­wortliche im Landkreis erfahren müssen, sei es bei ausgeblieb­enen Lieferunge­n, fehlenden SoftwareBe­standteile­n oder Telefonpan­nen bei der Terminverg­abe. Zeit wär’s, dass es bald anders wird.

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