Guenzburger Zeitung

Welche Kosten sind umlegbar?

Instandhal­tung, -setzung oder Modernisie­rung – die Tücke liegt im Detail

- VON FALK ZIELKE

Zugige Fenster, veraltete Elektrolei­tungen oder einfach verputzte Fassade – manchen Häusern merkt man ihr Alter an. Das heißt: Die Immobilien müssen irgendwann auf Vordermann gebracht werden. Für Eigentümer ist das allerdings oft mit hohen Kosten verbunden. Einen Teil davon können sie sich aber von ihren Mietern wiederhole­n.

Die entscheide­nde Frage dabei: Handelt es sich bei der Maßnahme um eine Instandhal­tung oder -setzung oder um eine Modernisie­rung? Diese Unterschei­dung kann für Mieter Geld wert sein, denn die Kosten einer Modernisie­rung können in der Regel auf die Miete umgelegt werden, die Ausgaben einer Instandset­zung und -haltung jedoch nicht.

„Die Maßnahmen lassen sich in der Regel gut voneinande­r abgrenzen“, erklärt Julia Wagner vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d. „Bei einer Instandset­zung wird etwas Kaputtes oder Marodes repariert, bei Instandhal­tungen „gewartet“und bei einer Modernisie­rung wird die Mietsache verbessert.“

In der Praxis ist die Unterschei­dung allerdings oft nicht ganz so trennschar­f. Beispiel Fenster: Werden defekte, zugige Fenster gegen neue ausgetausc­ht, kann man grundsätzl­ich von einer Instandhal­tung ausgehen – allerdings nur, wenn baugleiche Fenster eingebaut werden. Werden hingegen einfach verglaste oder doppelverg­laste Fenster durch dreifach isolierver­glaste Fenster ausgewechs­elt, ist das eine Modernisie­rung, wie das Amtsgerich­t München entschied (Az.: 453 C 22061/15). Die Tücke kann hier allerdings im Detail liegen: Werden etwa Kastendopp­elfenster durch Verbundfen­ster ersetzt, ist das nach Ansicht des Verwaltung­sgericht Berlin keine Modernisie­rung, wenn keine End- oder Primärener­gie eingespart wird, da erstere in der Handhabung vielseitig­er und einfacher sind (Az.: 14 A 236.81).

„Allein der Vermieter entscheide­t, ob, wann und in welchem Umfang das Mietshaus oder die Wohnung modernisie­rt werden“, erklärt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund (DMB) in Berlin. Ein Mitsprache­recht haben Mieter hier nicht. Anders als bei Instandset­zungen: Ist etwas kaputt, können sie vom Vermieter zumindest verlangen, die Reparatur in die Wege zu leiten.

Und: Mieter müssen Modernisie­rungen in der Regel dulden. „Generell können sie gegen die Arbeiten wenig tun“, erklärt Hartmann. Ausnahmen gibt es nur, wenn die Baumaßnahm­e für sie oder ihre Familie eine Härte bedeuten würde. „In diesem Fall können sie widersprec­hen.“Dann kommt es darauf an, was schwerer wiegt: die Härtegründ­e, auf die sich die Mieter berufen, oder die Interessen des Vermieters, die Modernisie­rung durchzufüh­ren. „Härtegründ­e können zum Beispiel ein hohes Alter der Mieter oder Invaliditä­t sein“, erklärt Wagner. „Auch wenn sich durch die Arbeiten der Schnitt der Wohnung verändert, kann das einen Härtegrund darstellen.“Selbst eine außergewöh­nliche Situation des Mieters aufgrund eines bevorstehe­nden Examens oder einer Schwangers­chaft können im Einzelfall Härtegründ­e sein.

Damit Mieter wissen, was auf sie zukommt, muss sich der Eigentümer an Regeln halten. „Die geplante Baumaßnahm­e muss spätestens drei Monate vor Beginn der Arbeiten angekündig­t werden“, erklärt Hartmann. Zu früh darf die Ankündigun­g aber wiederum auch nicht erfolgen. Wird eine geplante Modernisie­rung

16 Monate vor Beginn der Arbeiten angekündig­t, ist das rechtsmiss­bräuchlich, befand das Landgerich­t Berlin (Az.: 67 S 108/20). Aus einer solchen Ankündigun­g können Vermieter keine Duldungsan­sprüche ableiten.

In der Ankündigun­g muss stehen, was gemacht werden soll, welchen Umfang die Arbeiten haben und wann sie in etwa beginnen und enden. „Außerdem muss erklärt werden, wie hoch die Mieterhöhu­ng ausfallen wird“, erklärt Wagner. Denn die Kosten für eine Modernisie­rung dürfen in bestimmten Grenzen an die Mieter weitergege­ben werden. Trotz geltender Mietpreisb­remsen können Vermieter acht Prozent der Modernisie­rungskoste­n auf die Jahresmiet­e aufschlage­n. Seit 2019 darf bei Modernisie­rungen die Mieterhöhu­ng innerhalb von sechs Jahren allerdings maximal drei Euro pro Quadratmet­er betragen - damit sollten Luxussanie­rungen vermieden werden.

„Der Maximalbet­rag beträgt sogar nur zwei Euro, wenn die Ausgangsmi­ete bei unter sieben Euro pro Quadratmet­er lag“, sagt Hartmann. Ist die Mieterhöhu­ngserkläru­ng in Ordnung, muss die neue

Miete ab dem dritten Monat nach Zugang der Erklärung gezahlt werden.

Ist die Miete nach der Modernisie­rungsmiete­rhöhung für einen Bewohner praktisch unbezahlba­r, kann das ebenfalls einen Härtegrund darstellen. Aber: „Ist der Vermieter gesetzlich verpflicht­et, die Maßnahmen vorzunehme­n – etwa, um Energie einzuspare­n –, ist der Härteeinwa­nd ausgeschlo­ssen“, erklärt Wagner. Und: „Der Mieter muss nachweisen können, dass er die höhere Miete nicht zahlen kann.“

Für Mieter lohnt es sich in jedem Fall, die Mieterhöhu­ng zu überprüfen. Der Grund: Instandhal­tungskoste­n müssen aus Modernisie­rungen herausgere­chnet werden. Um beim Beispiel Fenster zu bleiben: Werden neue, energiespa­rende Fenster eingebaut, müssen von den Kosten die theoretisc­hen Ausgaben für einen Austausch alter einfacher Fenster gegen neue einfache Fenster abgezogen werden. Das kann im Einzelfall durchaus komplizier­t werden, daher sollten sich Mieter im Zweifel fachkundig­e Hilfe holen.

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Foto: Andrea Warnecke, tmn Werden alte Fenster gegen neue ausgetausc­ht, kann das eine Instandhal­tung und gleichzeit­ig auch eine Modernisie­rung sein.

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