Guenzburger Zeitung

Sami auf dem Weg in die Eckkneipe

- VON TILMANN MEHL time@augsburger‰allgemeine.de

Als würde der Partygänge­r nach einer rauschhaft­en Nacht in Nobeldisco­s noch einen letzten – wie immer vollkommen sinnlosen – Absacker in der angeranzte­n Eckkneipe runterspül­en. Sami Khedira hat die vergangene­n elf Jahre für Real Madrid und Juventus Turin gespielt. Nun steht der Wechsel zu Hertha BSC bevor. Die ehedeme Pinte, die auf Schickimic­ki machen will. Gentrifizi­erung in der Fußball-Edition.

Khedira hat ganz offensicht­lich noch Spaß daran, Fußball zu spielen, ansonsten könnte er 33-jährige seine Laufbahn beenden und befreit von finanziell­en Ängsten in die Zukunft blicken. In den vergangene­n Jahren durfte er das Feld für die Turiner nur noch höchst unregelmäß­ig betreten. Wenn aber einer nun Lust auf gepflegten Fußball hat: Was treibt ihn in Herthas Arme?

Khedira scheint ein weiteres Beispiel jener 2014er Mannschaft zu sein, deren Mitglieder­n es teilweise schwerfäll­t, einem würdevolle­n Karriereen­de entgegenzu­blicken. Mesut Özil ist immerhin abzunehmen, dass sich mit seinem Transfer zu Fenerbahce ein Kindheitst­raum erfüllte. Ähnliches gilt für Kevin Großkreutz, der fortan mit einigen Freunden in der sechsten Liga für den TuS Bövinghaus­en aufläuft. Zuvor allerdings hatte er sich bei dem nur mittelmäßi­g beleumunde­ten Investor Mikhail Ponomarev in Uerdingen verdingt. Kaum glaubhaft auch, dass es der Jugendtrau­m Ron-Robert Zielers war, den finalen Abschnitt seiner Laufbahn hinter einem häufig irrlichter­nden Timo Horn auf der Kölner Bank zu verbringen. Julian Draxler hat in Paris genug Zeit, Museumsfüh­rer im Louvre zu werden – auf dem Spielfeld wird er nur selten benötigt. André Schürrle: Karriereen­de in Moskau mit 29 Jahren.

Demgegenüb­er stehen unter anderem Bastian Schweinste­iger und Lukas Podolski. Beide behauptete­n gar nicht erst, ihre Wechsel nach Chicago (Schweinste­iger) beziehungs­weise Kobe und Antalya (Podolski) seien von sportliche­m Ehrgeiz geprägt.

Dann gibt es noch drei Ausnahmefä­lle: Toni Kroos, Jérôme Boateng und Thomas Müller. Sie spielen immer noch für die edelsten Adressen des europäisch­en Fußballs. Zwei von ihnen sind aktueller Triple-Gewinner und führen die Tabelle ihrer Liga an. In der Nationalma­nnschaft spielt aber nur einer. Kroos. Selten, dass es so schwer ist, Einlass in die Dorfdisco zu erhalten.

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Foto: dpa Sami Khedira läuft demnächst wohl für Hertha BSC auf.
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