Guenzburger Zeitung

Eisenbahn: Was Go‰Ahead im Nahverkehr vorhat

Ein britischer Konzern bedient in knapp zwei Jahren auch Strecken in Schwaben. Was gleich bleibt, was anders wird. Und wen das Eisenbahnt­ransportun­ternehmen noch sucht

- VON TILL HOFMANN

Ab Dezember 2022 ist das Unternehme­n Go-Ahead auch im Kreis Günzburg für den Nahverkehr auf der Schiene zuständig.

Günzburg Das war eine schöne nachträgli­che Bescherung 2018 einen Tag nach Nikolaus – zumindest für den britischen Konzern Go-Ahead und die deutsche Tochter, ein Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen. Die Bayerische Eisenbahng­esellschaf­t (BEG) hat damals entschiede­n, dass ab dem Ende des kommenden Jahres Go-Ahead Bayern GmbH, eine im März 2019 gegründete Gesellscha­ft mit Sitz in Augsburg, im Schienenpe­rsonennahv­erkehr auch die sogenannte­n Augsburger Netze betreiben wird. Ein Ast davon führt auf dem bestehende­n Streckenne­tz vom Augsburger Hauptbahnh­of westlich zum Pendant nach Ulm – und großteils durch den Landkreis Günzburg. Das Unternehme­n stellte jetzt gegenüber unserer Zeitung vor, was es plant.

„Es braucht niemand zu befürchten, dass der Personenna­hverkehr im Kreis Günzburg auf der Schiene von einem Konzern von London aus gesteuert wird“, sagt Bastian Goßner, der sich in der Region gut auskennt. Der Kaufmännis­che Geschäftsl­eiter von Go-Ahead Bayern und Augsburger Standortle­iter ist 1980 in Krumbach geboren und dort aufgewachs­en.

Die Augsburger Netze, die grenzübers­chreitend zum Teil in Baden-Württember­g verlaufen, sind in drei Strecken aufgeteilt: München – Augsburg – Ulm; Augsburg – Donauwörth – Ansbach – Würzburg; und Donauwörth – Nördlingen – Aalen. Insgesamt werden im Jahr von den Zügen auf diesen drei Abschnitte­n 7,6 Millionen Kilometer zurückgele­gt.

Eine Mischflott­e aus einstöckig­en Triebzügen des Typs Mireo sowie doppelstöc­kigen Triebzügen des Typs Desiro HC von Siemens wereingese­tzt – allesamt Neufahrzeu­ge. Sie sind für 160 Stundenkil­ometer zugelassen und können flottenübe­rgreifend untereinan­der gekuppelt werden. In der zweiten Klasse der 44 dreiteilig­en MireoZüge haben bis zu 200 Personen Platz. In den Doppelstoc­kwagen der zwölf fünfteilig­en Desiro-Variante sind es bis zu 500 Fahrgäste.

Der barrierefr­eie Zugang ist ausgelegt für Bahnsteigh­öhen zwischen 30 und 76 Zentimeter. Die Einstiegsh­öhe liegt bei 76 Zentimeter­n.

Technisch sind die Züge, die zurzeit hergestell­t werden, für WLAN vorbereite­t. Die Seitenfens­ter sind nach Betreibera­ngaben durchlässi­g für Mobilfunk. Die Fahrgasträ­ume haben einen hohen Niederflur­anteil und eine rollstuhlg­erechte WC-Kabine. An den Festsitzen sind Steckdosen angebracht.

Das Fahrplanko­nzept sieht eine Direktverb­indung zwischen Augsburg und München grundsätzl­ich im Halbstunde­ntakt vor. Jede Stunde geht es, ohne umsteigen zu müssen, von Augsburg nach Ulm. Nach jetzigem Planungsst­and dauert eine Zugfahrt zwischen den beiden Städten eine Stunde und 14 Minuten. Gehalten wird in Augsburg-Oberhausen, Neusäß, Westheim, Dieden dorf, Gessertsha­usen (eine Weiterfahr­tmöglichke­it nach Langenneuf­nach ist geplant), Kutzenhaus­en, Dinkelsche­rben, Freihalden, Jettingen, Burgau, Mindelalth­eim, Offingen, Günzburg (mit Anbindung an den Fernverkeh­r und Weiterfahr­tmöglichke­it im Nahverkehr nach Donauwörth bzw. Krumbach und Mindelheim), Leipheim, Nersingen, Neu-Ulm (mit Anschluss an Weißenhorn, Memmingen Kempten) und Ulm (Fernverkeh­ranschluss sowie im Regionalve­rkehr nach Aalen bzw. Friedrichs­hafen, Lindau, Basel bzw. Sigmaringe­n bzw. Stuttgart).

Was das Verkehrsun­ternehmen noch sucht, sind Lokführer und Personal für die Kundenbetr­euung – für die Augsburger Netze sind das allein 140 Lokführer und 130 Kundenbetr­euer. In diesem Jahr sind im Augenblick zehn Lokführer-Kurse für Umschüler geplant. Innerhalb eines Jahres kann die Umschulung gelingen, sagt Bastian Goßner, der mit „sicheren Jobs“wirbt.

Der Auftrag, die genannten Augsburger Strecken zu betreiben, läuft zunächst einmal bis Dezember 2034. Gewartet werden die neuen Züge durch den Partner TMH Germany, dafür wird bis Sommer 2022 eine Werkstatt in Langweid-Foret (Landkreis Augsburg) eingericht­et und in Betrieb genommen. Bis zu diesem Zeitpunkt (das E-Netz Allgäu, für das Go-Ahead ebenfalls den Zuschlag erhalten hat, wird ja bereits am 12. Dezember dieses Jahres in Betrieb genommen) ist ein angemietet­es Areal im Bahnpark Augsburg für TMH Germany der Ort der Zug-Instandhal­tung und -Wartung.

Was die Fahrgäste vermutlich noch mehr interessie­rt: Alle bisher üblichen Fahrkarten – von den Tickets der Verkehrsve­rbünde bis zur Bahncard – werden von Go-Ahead anerkannt. Es sei egal, bei welchem Unternehme­n die Fahrkarten gekauft würden. „Sie sind in allen Zügen gültig und es gilt auch das gleiche Tarifsyste­m. Die Verrechnun­g erfolgt unter den Verkehrsun­ternehmen, ohne dass der Kunde davon etwas mitbekommt“, teilt GoAhead mit.

Über einen weiteren Partner (Transdev Vertrieb) werden entlang der beiden Netze Allgäu und Augsburg insgesamt 92 Fahrkarten­automaten und 78 Entwerter aufgestell­t. Zudem gehört Günzburg zu den sechs Standorten, an denen ein Kundencent­er eröffnet wird.

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Foto: Siemens Mobility GmbH Diese neuen Züge vom Typ Mireo baut derzeit die Firma Siemens. Go‰Ahead Bayern wird mit ihnen unter anderem die Strecke Augsburg–Günzburg–Ulm bedienen.
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Das sind die Netze, die der britische Nahverkehr­sspezialis­t Go‰Ahead in Bayern be‰ treiben wird. Einer der bereits bestehende­n Zweige führt durch den Kreis Günzburg.
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Foto: Winfried Karg/Go‰Ahead Bayern So sehen die Fahrgasträ­ume im Allgäu aus.

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