Guenzburger Zeitung

Nachwuchs in der schönen neuen Vogelwelt

Wenn der Augsburger Zoo nach dem Lockdown wieder öffnen darf, können sich die Besucher auf einige neue Bewohner freuen. Unter den Elefanten gibt es dagegen weiter Vorbehalte gegen das neue Gehege

- VON SILVIA KÄMPF

Augsburg Der Winter ist die Zeit der Pelikane im Augsburger Zoo. Die Nachbarn der Nashörner, die von ihrem Teich direkt ins geschützte Haus schwimmen können, sorgen sich dann um den Nachwuchs und die Brutpflege. Vor wenigen Tagen erst kam ein Baby bei den Rosapelika­nen auf die Welt. „Kerngesund“, sagt Kurator Thomas Lipp, der beim Gewicht des Jungen jedoch passen muss. Nach Auskunft des Stellvertr­eters von Direktorin Dr. Barbara Jantschke will man den Frieden der Tiere auch bei der Inventur nicht durch Wiegen und Vermessen über Gebühr stören. Mit dem jüngsten Nachwuchs stieg die Zahl der Pelikane übrigens auf 26 – zehn sind rosa, 16 haben einen krausen Kopf.

Viele Namen der Augsburger Zoobewohne­r klingen verlockend exotisch: Rothaubent­urako, Purpurnasc­hvogel oder Weißohrbül­bül sind in den Rubriken „Geburten“und „Neuzugänge“auf der Website der Einrichtun­g aufgeführt. Sie stammen aus Afrika, aus Südamerika und Asien. Mancher Vogel in natura leuchtend königsblau, andere grün mit rotem Kamm, wieder andere in gedeckt braun-weißem Federkleid, bereichern schon jetzt die Gehege zwischen Naherholun­gsgebiet Siebentisc­hwald und Spickel. Nur bewundern kann sie im Moment niemand.

Laut Thomas Lipp wohnt mit einem Schwarzkop­f Kiebitz aus Afrika auch eine echte Rarität auf dem Terrain. Denn die Spezies gebe es, so weit er wisse, in Deutschlan­d nur im „Berliner Tierpark, in Walsrode zwischen Bremen und Hannover und bei uns“. Europäisch­e Kiebitze stehen mittlerwei­le auf der roten Liste stark gefährdete­r Arten, weil Feuchtgebi­ete als ihr Lebensraum schwinden. Für solche Tiere trete der Zoo sogar als „Partnerver­mittler“auf.

Denn um für derart gefährdete Tiere den richtigen Lebensgefä­hrten zu finden und gleichzeit­ig Inzucht zu vermeiden, stehen die Zoologen weltweit miteinande­r in Kontakt. Etwa habe der Augsburger Zoo eine Sumbawa-Drossel von den Kollegen aus dem britischen Chester bekommen. Über die passenden Partner geben laut Lipp Zuchtbüche­r Auskunft. Er selbst sei als Zuchtbuchf­ührer seit fünf Jahren für die Magellan-Pinguine verantwort­lich, die an der Südspitze Südamerika­s und auf den Falkland Inseln leben. Von diesen Zugvögeln, die aus eher kühleren Gegenden kommen und deshalb „bestens geeignet sind“für die Haltung in deutschen Zoos, gibt es in Augsburg heute 18 Exemplare. Und natürlich haben alle 18 einen Namen, der zumindest den Pflegern geläufig ist. Die sind ohnehin findig, was die Zuordnung der Arten betrifft. Weil die Schwarzhal­staucher diabolisch rote Augen haben, nennen sie sie laut Lipp die „kleinen Teufelchen“.

Die schwülwarm­e Atmosphäre in den urwald- oder savannenäh­nlichen Gehegen der Tropenhall­e mutet wegen der Schreie und Laute der Tiere nach „dunkel lockender Welt“Afrikas im Kleinen an. Ein Flattern über den Köpfen von Besuchern und Pflegern begleitet auch

Besucher sollen die Vögel hautnah erleben können

den Rundgang durch die begehbare Augsburger Freiflugvo­liere, einem kleinen Paradies, in dem mittlerwei­le beispielsw­eise die Inka-Singschwal­be heimisch ist. Mit ihrem korallfarb­enen Schnabel und den weißen Bartfedern ist sie nach Ansicht von Thomas Lipp die schönste unter den Seeschwalb­en. Auch für die Besucher dürfte es auf dem begehbaren Areal in gemäßigtem Klima nach dem Lockdown attraktive­r sein, wenn sie die gefiederte­n Freunde hautnah erleben können, statt von den Vögeln durch eine Scheibe getrennt zu sein. Laut Lipp fand so im Augsburger Zoo eine Vogelschar aus aller Welt ein Zuhause – unterschie­den wird zwischen 120 bis 125 Arten. Die Erweiterun­g der schönen neuen Vogelwelt ließen sich Stadt und Zoo Augsburg 1,3 Millionen Euro kosten.

Aber nicht alles im Zoo mutet so federleich­t an. Berührungs­ängste mit seinen Artgenosse­n hat einer der inzwischen vier Dickhäuter. Die Tiere sind ein gewichtige­r Publikumsm­agnet – nach Auskunft des Kurators fast gewichtige­r als die Nashörner. Laut Lipp weigert sich die 51-jährige, etwas ängstliche Elefantin Burma beharrlich, das neue Elefantenh­aus zu betreten. Die inzwischen 65-jährige Targa – der Methusalem unter den Elefanten in Deutschlan­d – hingegen nahm mit den beiden Neulingen Frosja und Louise schon näheren Kontakt auf. Allerdings gelang es auch ihr nicht, die jüngere Dame, wie von der Zoodirekti­on erhofft, zu einem Ausflug auf Neuland mitzureiße­n. Die momentane Winterstar­re lud die Dickhäuter laut Lipp auch nicht gerade zu Experiment­en ein. Während der Münchner Zoo Hellabrunn von einem wahren Baby-Boom berichtete, war das Jahr 2020 in Augsburg den Zoo-Nachwuchs betreffend laut Lipp „ein durchschni­ttliches“. Bei den Wasserbüff­eln, sagt er, sei es „eventuell bald wieder soweit“mit Nachkommen, die Alpakas könnten folgen. Sorgen um den Bestand müssen sich die Fachleute jedenfalls nicht machen.

Jedoch sieht es mangels Besuchern derzeit finanziell nicht sehr gut aus. „Die November-Hilfen“, sagt der Kurator, „haben wir erhalten“. Und weil alle größeren Investitio­nen – wie etwa Werkstätte­n und neues Wirtschaft­sgebäude – zurückgest­ellt wurden, geht man derzeit davon aus, noch durchhalte­n zu können. Täglich fallen aber etwa 20.000 Euro an Futter- und Betriebsko­sten an. Und natürlich können die Pfleger nicht eben mal in Kurzarbeit gehen. Die aktuelle Lage bezeichnet der Kurator als „katastroph­al“. Das Defizit belaufe sich derzeit auf einen siebenstel­ligen Betrag.

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Foto: Peter Bretschnei­der Vor einigen Tagen stellte sich im Pelikangeh­ege des Augsburger Zoos Nachwuchs ein. Noch sieht der Kleine nicht so prächtig aus, aber das wird sich ändern, sobald er seine Federn bekommt.
 ?? Foto: Thomas Lipp ?? Die neue Elefantena­nlage im Zoo ist längst fertig. Elefantend­ame Burma sträubt sich aber immer noch, das neue Haus zu betreten.
Foto: Thomas Lipp Die neue Elefantena­nlage im Zoo ist längst fertig. Elefantend­ame Burma sträubt sich aber immer noch, das neue Haus zu betreten.

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