Im sprachlichen Lockdown
Wozu wird noch der englische Begriff des Jahres gekürt?
Das Gezeter über das Eindringen englischer Begriffe ins Deutsche ist alles andere als neu und ihm haftet gern etwas Betuliches an – wie eine graue Herren-Strickjacke aus der Adenauerzeit. Wobei man es vielen Großeltern doch nicht vorwerfen darf, dass sie nie Englisch in der Schule hatten. Und auch deswegen kann man sicher immer wieder einmal darüber nachdenken, ob denn diese vielen Anglizismen bei uns wirklich sein müssen.
Nun hat die Initiative „Anglizismus des Jahres“rund um den Berliner Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch den englischen Begriff des Jahres 2020 für die Bundesrepublik gekürt. Und wen wundert es: Der „Lockdown“hat den Zuschlag bekommen. Gähn. Wie geistreich. Danach konnte man ja fast die Uhr stellen. Zu den bisher von der Jury ausgezeichneten Begriffen gehörten bereits „Influencer“(2017) und „Shitstorm“(2011) oder die Wendung „... for future“(2019). Kann man ziemlich schnell auch nicht mehr hören.
Immerhin hat die Jury aktuell einen Begriff ausgewählt, der im Deutschen wie im Englischen gleichermaßen und im gleichen (Corona-)Sinne verstanden wird.
Sonst wird es bekanntlich schnell peinlich. Wie etwa beim Wort „handy“– mit dem auf der anderen Seite des Ärmelkanales bekanntlich niemand ein portables Telefon in Verbindung bringt. Übrigens: Nach dem Brexit ist das Englische in der Europäischen Union nur noch in zwei Ländern Amtssprache – in Irland (knapp fünf Millionen Einwohner) und Malta (keine halbe Million Menschen). Zahlenmäßig am verbreitetsten in der EU ist das Deutsche. Darum schlagen wir als Anglizismus für das Jahr 2021 einfach ein Wort vor, das vom Deutschen ins Englische eingewandert ist: stossluften. Wie wär’s?