Guenzburger Zeitung

Wiederbele­bung der Warn‰App

Wegen der Virus-Mutanten fordert der CDU-Wirtschaft­srat mehr Nutzen und mehr Funktionen – zu Lasten des Datenschut­zes

- VON STEFAN LANGE

Sie war mit großen Hoffnungen verbunden: Die Corona-WarnApp der Bundesregi­erung sollte eine wichtige Waffe im Kampf gegen die Pandemie werden. Doch seit dem Start im Juni ist das Programm zur Kontaktnac­hverfolgun­g eher zum stumpfen Schwert geworden, weil es nur von relativ wenig Menschen eingesetzt wird. Der Wirtschaft­srat der CDU hat jetzt ein Positionsp­apier vorgelegt, um der App zu einem Neustart zu verhelfen. Grund: Der Wirtschaft­srat verweist sorgenvoll auf die Virus-Mutationen, durch die eine Kontaktnac­hverfolgun­g wieder in den Fokus rücke.

„Man kann aus der CoronaWarn-App technisch viel mehr heraushole­n, als wir das derzeit tun, aber dafür braucht es den politische­n Willen“, sagte der Generalsek­retär des CDU-Wirtschaft­srates, Wolfgang Steiger, unserer Redaktion. Vor allem die konsequent­e Nachverfol­gung von Infektions­ketten helfe, die Pandemie einzudämme­n. Im Positionsp­apier argumentie­rt der einflussre­iche Berufsverb­and, dass Länder wie Taiwan, Südkorea oder Japan bei der Eindämmung des Virus deutlich erfolgreic­her seien. Grund sei „eine effektive Kontaktnac­hverfolgun­g, wesentlich ermöglicht durch die dortigen Corona-Apps“.

Der Wirtschaft­srat verbindet seine Vorschläge mit einer Forderung, die in Deutschlan­d für Debatten sorgen dürfte. „Menschensc­hutz muss vor Datenschut­z stehen“, sagte Steiger. Im Positionsp­apier heißt es, der Schutz der individuel­len Privatsphä­re bleibe auch in Krisenzeit­en ein hohes Gut. Angesichts der aktuellen Situation wiege „der allgemeine Schutz des Lebens und der Gesundheit jedoch schwerer. Die Verhältnis­mäßigkeit ist längst nicht mehr gewahrt“.

Die Warn-App wurde nach Zahlen des Robert-Koch-Instituts bislang über 25 Millionen Mal herunterge­laden. Bisher wurden zwar mehr als 7,9 Millionen positive wie negative Testergebn­isse von Laboren an die Nutzer übermittel­t. Doch die behielten dieses Wissen meist für sich und konterkari­erten damit den eigentlich­en Zweck der Software. Von 376755 „potenziell teilbaren positiven Testergebn­issen“wurden zwischen 1. September und 27. Januar nur 59 Prozent tatsächlic­h weitergebe­n. Davor spielte die App ohnehin keine große Rolle. Und selbst diese Zahlen relativier­en sich vor dem Hintergrun­d, dass es laut RKI bislang schon mehr als 2,2 Millionen Infektione­n insgesamt gab.

„Nur sechs von zehn Nutzern geben ihr positives Testergebn­is in die Corona-Warn-App ein, warnen also ihre Kontakte“, kommentier­te Steiger die Faktenlage und ergänzte:

„Das erschwert die Verfolgung von Infektions­ketten massiv.“Die Politik müsse daher „eine automatisc­he Übermittlu­ng der Testergebn­isse über eine schnelle App-Anbindung der Labore möglich machen – endlich auch inklusive der Krankenhau­slabore“.

Damit nicht genug. Der CDUWirtsch­aftsrat fordert die Regierung dazu auf, die App mit neuen Funktionen zu erweitern: „Durch die dezentrale Verarbeitu­ng der Daten könnte der Nutzerstan­dort erfasst werden, ohne das Datenschut­zniveau zu gefährden.“Auf diese Weise „wäre für Nutzer und Gesundheit­sbehörden nachvollzi­ehbar, wo es zu Risikobege­gnungen gekommen ist und sich mögliche Infektions­orte befinden“. Diese könnten künftig gemieden oder das Infektions­risiko durch strengere Auflagen reduziert werden.

Um die Standortda­ten hatte es in der Vergangenh­eit schon Streit gegeben. So musste bei einigen Android-Versionen der Zugriff darauf aktiviert werden, was wiederum der Datensamme­lwut von Konzernen wie Google in die Hände spielte.

„Die Bundesregi­erung sollte außerdem über die Notfall-Informatio­nsund Nachrichte­n-App Nina der Bevölkerun­g Hinweise über Corona und auf Infektions­orte in ihrem Umfeld geben, damit sie diese Orte gezielt meiden kann“, regte Steiger an. Nina gibt es in mehreren Sprachen und soll die Bevölkerun­g zum Beispiel vor Unwetter, Hochwasser oder der Ausbreitun­g von gefährlich­en Stoffen bei Großbrände­n warnen. Auch Nina beinhaltet eine Standort-Funktion. Die App war in den bundesweit­en Probealarm im September eingebunde­n, lief dabei aber nicht problemlos.

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Foto: dpa Weniger als zwei Drittel von positiv auf Corona Getesteten gaben zuletzt ihre Info via Warn‰App weiter.

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