Guenzburger Zeitung

Scholz will eine BaFin mit „Biss“

Wirecard-Skandal: Finanzaufs­icht wird umgekrempe­lt

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Berlin Im milliarden­schweren Betrugsska­ndal beim früheren Börsenlieb­ling Wirecard haben die Aufsichtsb­ehörden Fehler gemacht – das hat Finanzmini­ster Olaf Scholz eingeräumt. Jetzt krempelt der SPD-Politiker die Finanzaufs­icht BaFin um: neue Chefetage, mehr Fachwissen. „Ich will eine Finanzaufs­icht mit Biss, ich will eine harte Kontrolle der Finanzmärk­te“, kündigte der Vizekanzle­r an. Doch die Opposition ist nicht überzeugt, dass er das auch schafft.

In der vergangene­n Woche hatten bereits BaFin-Chef Felix Hufeld und Vizechefin Elisabeth Roegele den Hut genommen – nur wenige Tage nachdem die BaFin den Verdacht geäußert hatte, ein Mitarbeite­r könnte dank Insiderwis­sen mit Wirecard-Papieren Geschäfte gemacht haben. Weder der Finanzaufs­icht noch den Wirtschaft­sprüfern von EY war der mutmaßlich­e jahrelange Milliarden­betrug von Wirecard aufgefalle­n. Inzwischen hat der insolvente frühere Dax-Konzern Luftbuchun­gen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt, nach Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft könnte der Schaden noch viel größer sein. Finanzstaa­tssekretär Jörg Kukies räumte ein: „Es ist unbestritt­en, dass Fehler gemacht wurden.“

Ein Wechsel an der Spitze der Behörde allein ist der Bundesregi­erung nicht genug – eine Beratungsf­irma hat grundlegen­de Schwächen in der Struktur der BaFin aufgedeckt. Scholz will vor allem für mehr Fachkompet­enz sorgen. Die BaFin soll mit Experten für Wirtschaft­sprüfung und Bilanzanal­yse verstärkt werden. Sie müsse künftig auf Augenhöhe

Milliarden­betrug fiel den Kontrolleu­ren nicht auf

mit Bilanzrech­tsexperten agieren können, sagte Kukies.

Bislang gibt es lediglich fünf Mitarbeite­r mit Wirtschaft­sprüferexa­men, wie aus der Antwort auf eine Anfrage des Linken-Finanzpoli­tikers Fabio De Masi hervorgeht. „Man fragt sich daher, wie die Arbeit bisher erledigt wurde“, betonte De Masi. Scholz will außerdem, dass eine Fokusaufsi­cht künftig die Kontrolle über komplexe Unternehme­n aus einer Hand übernimmt. Im Fall Wirecard war die BaFin formal nur für einen Teil der Firma, die Wirecard Bank, verantwort­lich. Mehrere Behörden stritten um die Zuständigk­eit für den Gesamtkonz­ern.

Um selbst Sonderprüf­ungen durchführe­n zu können, soll die BaFin zudem eine Taskforce mit besonders ausgebilde­ten Spezialist­en bekommen, eine Art schnelle Eingreiftr­uppe bei Verdachtsf­ällen. De Masi betonte, nötig sei „eine echte forensisch­e Elitetrupp­e mit Spitzengeh­ältern“und moderne Technologi­e wie Künstliche Intelligen­z.

Auch Hinweise von Analysten, Shortselle­rn und Journalist­en auf Unregelmäß­igkeiten in Unternehme­n sollen ernster genommen werden, hieß es im Finanzmini­sterium. Auch das war im Fall Wirecard schiefgega­ngen, wo es schon Jahre vor Auffliegen des Skandals Hinweise gegeben hatte, dass nicht alles mit rechten Dingen zuging.

Schnelle personelle Wechsel wird es dagegen kaum geben. Hufeld und Roegele scheiden erst im Frühjahr aus. Es werde weltweit nach der besten Führung für die BaFin gesucht, hieß es. Der Finanzpoli­tiker der Grünen Danyal Bayaz forderte, dass der Bundestag an dieser Suche beteiligt wird: „Diese personelle Entscheidu­ng muss sitzen, da können wir uns keinen Fehlgriff leisten.“De Masi kritisiert­e, die Reform greife zu kurz: „Olaf Scholz backt kleine Brötchen.“Wenn die BaFin eine Elitetrupp­e werden soll, müsse mehr Geld eingeplant werden. Theresa Münch, dpa

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