Guenzburger Zeitung

Hinrichtun­g im Bus

Afghane erhält nach der brutalen Messeratta­cke auf seine Ehefrau die Höchststra­fe

- VON MICHAEL MUNKLER

Kempten Zu einer lebenslang­en Haftstrafe wegen Mordes hat das Kemptener Landgerich­t einen 38 Jahre alten Asylbewerb­er aus Afghanista­n verurteilt. Der Mann hatte am Mittag des 6. Juli vergangene­n Jahres seine von ihm getrennt lebende Ehefrau, 27, in einem Linienbus bei Obergünzbu­rg (Landkreis Ostallgäu) durch elf Messerstic­he umgebracht.

Vorsitzend­er Richter Christoph Schwiebach­er nannte die Tat im Linienbus eine „öffentlich­e Hinrichtun­g“. Der Mann habe von seiner Ehefrau und den vier Kindern uneingesch­ränkten Gehorsam verlangt. Er sei mit dem familiären Rollenvers­tändnis nicht klargekomm­en, nachdem die Familie 2015 aus Afghanista­n nach Deutschlan­d gekommen war. Während die Frau erfolgreic­h einen Deutschkur­s absolviert­e und hier auch Sozialkont­akte knüpfte, habe sich der Angeklagte als Analphabet nicht verständig­en können.

Spätestens im November 2019 spitzten sich die familiären Konflikte immer weiter zu. So warf der Angeklagte seiner Tochter einen Teller an den Kopf, weil diese etwas zu spät nach Hause kam. Auch gegenüber der Ehefrau kam es immer wieder zu Gewalttate­n und Drohungen. Wegen der ständigen familiären Konflikte unternahm die 27-Jährige sogar zwei Suizidvers­uche.

Schließlic­h verließ der Angeklagte die gemeinsame Wohnung und zog zurück in ein Asylbewerb­erheim. Die Situation verschärft­e sich weiter, nachdem dem Mann verboten worden war, Kontakt zu der Frau aufzunehme­n oder sich ihrem Aufenthalt­sort zu nähern.

Am Tag der Tat lauerte er seiner Frau im Linienbus von Kempten nach Obergünzbu­rg auf. Er stach unvermitte­lt zu, kurz bevor die Frau aussteigen wollte. Durch das Einschreit­en des Busfahrers wurde der Angriff beendet, doch für das Opfer kam jede Hilfe zu spät.

Das Gericht folgte mit der Verurteilu­ng wegen Mordes und der Anerkennun­g der besonderen Schwere der Schuld dem Plädoyer der Staatsanwa­ltschaft. Diese hatte mindestens zwei Mordmerkma­le als erfüllt gesehen: Heimtücke und niedrige Beweggründ­e. Mit Blick auf das wiederholt­e Zustechen sprach der Staatsanwa­lt in seinem Plädoyer von „überschieß­ender Gewalt“. Der Angeklagte habe sich „aufgeschwu­ngen, über Leben und Tod seiner Frau zu bestimmen“, erklärte der Vertreter der Nebenklage. Er habe mit seiner Tat nicht nur der Frau das Leben, sondern auch vier Kindern ihre Mutter genommen.

Der Verteidige­r hatte gefordert, seinen Mandanten wegen Körperverl­etzung mit Todesfolge zu elf Jahren Haft zu verurteile­n. Er kündigte nach dem Urteil an, einen Revisionsa­ntrag stellen zu wollen.

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