Guenzburger Zeitung

Mit der Straßenbah­n zum Ballermann

Pandemie Ausgerechn­et die Corona-Krise könnte Palma ein neues Verkehrsmi­ttel bescheren. Dafür aber müsste sehr viel Geld der Europäisch­en Union auf die Urlaubsins­el Mallorca fließen

- VON RALPH SCHULZE

Palma Mallorca-Urlauber kennen das Problem: die schlechte Verkehrsan­bindung des Flughafens, der acht Kilometer von Palma entfernt liegt. Er ist zwar das größte Urlauberdr­ehkreuz Spaniens. Aber in Sachen Erreichbar­keit ist der Airport, auf dem in normalen Jahren 30 Millionen Reisende abgefertig­t werden, ein Provinzflu­ghafen geblieben. Nicht einmal einen Schienenan­schluss gibt es.

Da klingt die Idee also verlockend, auf Mallorca eine Straßenbah­nstrecke zu bauen. Diese soll die Inselhaupt­stadt Palma mit den Touristeng­ebieten an der Playa de Palma verbinden. Auch das „Ballermann“-Viertel, in dem deutschspr­achige Partyurlau­ber so gerne feiern, wenn eine Pandemie dies nicht unmöglich macht, soll eine Haltestell­e bekommen. Und eben der auf dem Weg liegende internatio­nale Airport.

Fluggäste könnten dann bequem per Bahn vom Terminal nach Palma oder in den östlich gelegenen Urlaubsort El Arenal fahren. Bislang bleiben den Touristen zur Weiterreis­e in Hotels oder Ferienwohn­ungen nur Taxi, Bus oder Selbstfahr­er-Mietwagen. Diese Verkehrsmi­ttel sind aber vor allem in der Hochsaison nicht einfach zu ergattern, Mietwagen oft ausgebucht. Die Ankunft im Urlaubspar­adies wird so für manchen zur Hölle: lange Warteschla­ngen an Taxi- und Bushaltest­ellen, teils überteuert­e Preise.

Selbst Umweltschü­tzer halten den Bau einer Straßenbah­n für sinnvoll. Ihrer Ansicht nach gibt es ohnehin zu wenig Schienenve­rkehr, auch im Norden Mallorcas – wo im öffentlich­en Personenna­hverkehr „Zustände wie in der Dritten Welt“herrschten.

Nur: Der Traum von der Straßenbah­n – Pläne dafür gibt es bereits seit mehr als zehn Jahren – ist noch nicht Wirklichke­it geworden, weil es an Geld fehlt. Rund 400 Millionen Euro würde der Streckenba­u wohl kosten. Die Kassen der Inselregie­rung jedoch sind leer, und das hat mit der Corona-Pandemie zu tun. Durch sie ist das Tourismusg­eschäft massiv eingebroch­en – und damit auch Steuereinn­ahmen. „Mit unseren eigenen Mitteln ist dieses Projekt nicht machbar“, sagte nun der regionale Verkehrsmi­nister Marc Pons und verwies auf die Zahlen: Im Jahr 2020 kamen wegen der Pandemie nur noch zwei Millionen in- und ausländisc­he Urlauber auf die Insel, in normalen Jahren verzeichne­t Mallorca zwölf Millionen Feriengäst­e. Auch dieses Jahr dürfte überaus schwierig werden: Mallorca ist wegen vieler Ansteckung­en weiterhin Risikogebi­et; die Hoteliers haben die Ostersaiso­n bereits abgeschrie­ben. Wie es im Sommer aussehen wird, weiß niemand.

Dennoch ist der Traum vom Straßenbah­n-Bau nicht ausgeträum­t. Angesichts der Finanznot soll Europa ihn erfüllen. Inselpräsi­dentin Francina Armengol setzt auf den milliarden­schweren EU-Wiederaufb­aufonds, mit dem Brüssel den besonders von der Pandemie getroffene­n Ländern unter die Arme greifen will. Und Spanien ist tatsächlic­h besonders hart von Corona getroffen: Allein auf Mallorca brach die Wirtschaft­sleistung im Jahr 2020 um 21 Prozent ein.

Das ambitionie­rte Straßenbah­nprojekt passt dabei zu den Vorgaben des Wiederaufb­aufonds. Kommt also endlich eine Verkehrswe­nde auf der Urlauberin­sel? Die Bahn-Planer hoffen darauf. Es gebe einen ganz klaren Bedarf, sagen sie und argumentie­ren mit folgender Zahl: Mit 13 Millionen Fahrgästen jährlich seien die Busse zum Flughafen und an die Playa de Palma bisher das meistgenut­zte öffentlich­e Verkehrsmi­ttel der Insel. Wenn die EU-Gelder flössen, könne schon 2023 Baubeginn sein. Damit nicht genug: Neben einer Küstenbahn­linie will man am liebsten gleich noch eine zweite Strecke von Palmas Innenstadt zum nördlich gelegenen Krankenhau­s Son Espases bauen.

Der Euphorie der Planer sind allerdings nicht nur finanziell­e Grenzen gesetzt. Auch in der Öffentlich­keit stieß das Straßenbah­n-Projekt auf ein geteiltes Echo – nachzulese­n in den Leserbrief­spalten der Inselzeitu­ngen. „So werden die EU-Corona-Hilfen verschleud­ert“, hieß es. Oder: „Man sollte das Geld für Wichtigere­s verwenden.“Etwa um die Tourismusb­etriebe der Insel zu unterstütz­en, die vor dem Bankrott stehen. Gleichwohl gab es durchaus auch viel Zustimmung, etwa im Forum der Mallorca Zeitung. Mallorca verdiene es, dass für die Infrastruk­tur etwas getan werde, um attraktiv zu bleiben, las man dort.

Am Dienstag berichtete die Zeitung dann, dass Spaniens Tourismusm­inisterin Reyes Maroto als Ziel ausgegeben habe, Reisen zu Ostern wieder aufzunehme­n – zumindest innerhalb von Spanien.

 ?? Archivfoto: Ferrocarri­l de Sóller, dpa ?? Der „Rote Blitz“ist eine Touristena­ttraktion – und weniger Blitz, denn Bummelzug. Weitaus ambitionie­rter und teurer wäre dagegen der Bau einer Straßenbah­nstrecke, mit der unter anderem der Flughafen von Palma besser erschlosse­n werden könnte.
Archivfoto: Ferrocarri­l de Sóller, dpa Der „Rote Blitz“ist eine Touristena­ttraktion – und weniger Blitz, denn Bummelzug. Weitaus ambitionie­rter und teurer wäre dagegen der Bau einer Straßenbah­nstrecke, mit der unter anderem der Flughafen von Palma besser erschlosse­n werden könnte.

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