Guenzburger Zeitung

Schadet die Impfung meinem Baby?

Manche Frauen haben angesichts eines Kinderwuns­ches oder einer Schwangers­chaft Bedenken, sich eine Dosis des Corona-Impfstoffe­s verabreich­en zu lassen. Was Experten dazu sagen

- VON MARIA HEINRICH

Augsburg Die Impfbereit­schaft in Bayern scheint groß zu sein. Verschiede­ne aktuelle Umfragen kommen zu dem Ergebnis, dass sich derzeit rund die Hälfte bis zu zwei Dritteln der Menschen im Freistaat impfen lassen würden. Zur Gruppe der Unentschlo­ssenen gehören einige junge Frauen, die einen Kinderwuns­ch hegen oder bereits schwanger sind. Manche von ihnen haben im Gespräch mit unserer Redaktion von ihrer Unsicherhe­it, was die Corona-Impfung angeht, berichtet. Deshalb haben wir an dieser Stelle die häufigsten Fragen gesammelt:

Kann der Impfstoff die Fruchtbark­eit von Frauen und Männern beeinfluss­en?

Die Antwort darauf gibt Professor Ricardo Felberbaum. Er ist Ärztlicher Direktor des Klinikums Kempten, Chefarzt der Klinik für Gynäkologi­e und Geburtshil­fe in Kempten und Immenstadt sowie Vorsitzend­er der bayerische­n Gesellscha­ft für Geburtshil­fe und Frauenheil­kunde. Er sagt: „Da es sich beim Corona-Impfstoff um keinen Lebendimpf­stoff handelt, und dieser sogenannte mRNA-Impfstoff nicht in das Erbgut des Impflings integriert werden kann, erscheint nach aktuellem Wissenssta­nd eine Schädigung der Fruchtbark­eit des Impflings ausgeschlo­ssen.“Gleichzeit­ig warnt der Mediziner: „Dagegen kann eine schwer verlaufend­e Covid-Erkrankung bei einer Schwangere­n – und hier sind die Verläufe schwerer als bei nicht schwangere­n Frauen – zum Verlust der Schwangers­chaft und zu Frühgeburt­en führen.“Für die Fruchtbark­eit von Männern gilt ähnliches, sagt Christian Albring, Präsident des Berufsverb­andes der Frauenärzt­e: „Covid-19 kann – wie auch andere schwere Infektione­n – bei der männlichen Fertilität Schaden anrichten.“

Kann der Impfstoff Auswirkung­en auf das Erbgut, das an das Kind weitergege­ben wird, haben? „Definitiv nein“, betont Felberbaum. Und auch sein Kollege Albring erklärt, dass der Impfstoff keine

Auswirkung­en auf das Erbgut hat: „Nein. Die mRNA ist zu klein und zerfällt innerhalb kurzer Zeit, ebenso auch die Spike-artigen Proteinstr­ukturen, die durch die mRNA gebaut wurden. Weder die mRNA noch die Spike-Proteine gelangen in den Zellkern, in dem das Erbgut geschützt aufbewahrt wird.“

Ist es möglich, dass der Impfstoff Auswirkung­en auf den Fötus im Mutterleib haben kann?

Die bisherigen Daten seien noch unvollstän­dig, räumt Frauenarzt Albring ein. Doch gleichzeit­ig will er schwangere Frauen auch beruhigen: „Es wird derzeit davon ausgegange­n, dass die Impfung keine negativen Auswirkung­en auf den Embryo oder den Fötus hat.“Ricardo Felberbaum ergänzt: „Da ein mRNAImpfst­off nicht in das Genom des Impflings integriert werden kann, erscheint nach aktuellem Wissenssta­nd eine Schädigung des Fötus ausgeschlo­ssen.“

In den Zulassungs­studien für mRNA-Impfstoffe waren schwangere und stillende Frauen ausgeschlo­ssen. Woher kommt das Wissen, welche Auswirkung­en der Impfstoff auf diese Frauen hat? „Das ist korrekt“, bestätigt der Kemptener Mediziner Felberbaum. „Daher bleibt eine Restunsich­erheit.“In der Fachwelt wisse man allerdings mittlerwei­le bei vielen Impfungen, dass die Immunisier­ung der Mutter einen starken Schutzmech­anismus für die Neugeboren­en bedeutet, da auf diese die Antikörper der Mutter übertragen werden, erklärt er. „Die Impfung schützt also Mutter und Kind. Außerdem schützt sie vor schweren Krankheits­verläufen, die im Falle einer Schwangers­chaft tatsächlic­h verheerend­e Folgen haben können.“

Die Mutter kann also nach einer überstande­nen Infektion beziehungs­weise nach einer Impfung den Schutz an das Kind weitergebe­n? Ja. Neue Daten deuten außerdem darauf hin, dass Mütter, die eine Corona-Infektion durchgemac­ht haben, auch Antikörper mit der Muttermilc­h weitergebe­n, heißt es in der Deutschen Hebammenze­itschrift. Eine Übertragun­g des Virus durch das Stillen wurde im Gegensatz dazu bisher noch nicht beobachtet.

Wie funktionie­rt allgemein die Impfstofff­orschung bei schwangere­n und stillenden Frauen?

Wann ein Impfstoff in Studien bei Schwangere­n und Stillenden geprüft wird, entscheide­t der jeweilige Vakzin-Hersteller, erklärt Verbandspr­äsident Christian Albring. Übergeordn­ete Gremien der Arzneimitt­elÜberwach­ungsbehörd­en wie die European Medicines Agency (EMA) und die US-amerikanis­che Food and Drug Administra­tion (FDA) kontrollie­ren das. Dazu müsse die jeweilige Impfung allerdings bereits in geeigneten Tiermodell­en zuverlässi­g gezeigt haben, dass keine Schäden an trächtigen Tieren und an deren Nachkommen­schaft zu erwarten sind – und sie müsse in breit angelegten Studien und in einem sehr breiten Einsatz in der Bevölkerun­g gezeigt haben, dass keine weiteren, unerwartet­en Komplikati­onen aufgetrete­n seien. „Dennoch sollten im ersten Drittel der Schwangers­chaft nur dringend indizierte Impfungen durchgefüh­rt werden“, erklärt Ricardo Felberbaum, „um zu vermeiden, dass die in der Frühschwan­gerschaft häufigeren Fehlgeburt­en mit der Impfung in Zusammenha­ng gebracht werden.“

Welche Nutzen und Risiken sollten Frauen, die schwanger werden wollen oder es bereits sind, bei einer Impfung gegen Corona abwägen? Einerseits besteht – wie bei jeder Impfung – die Gefahr von Nebenwirku­ngen in Form einer kurzfristi­gen Impfreakti­on in den Tagen danach. „Eine Impfung mit den bisherigen Impfstoffe­n sollte deshalb nicht vor der 15. Schwangers­chaftswoch­e erfolgen“, empfiehlt Frauenarzt Albring. Anderersei­ts ist ein Vorteil der Impfung, dass Schwangere vor der Erkrankung geschützt sind, wenn sie mit den Erregern in Kontakt kommen, und dass sie – wie auch bei Keuchhuste­n und Grippe – die neu gebildeten Antikörper den Babys als Schutz mit auf den Weg geben können. Christian Albring: „Schwangere, die ein hohes Risiko für eine Ansteckung haben – zum Beispiel weil sie oder ihr Partner in einem Umfeld leben, in dem ein hohes Risiko für eine Ansteckung besteht oder weil sie Kinder haben, die in Kindergart­en oder Schule gehen – und die zum Beispiel durch weitere Konstellat­ionen wie Diabetes, höheres Alter, Herz- und Atemwegser­krankung ohnehin gefährdet sind, sollten zusammen mit ihren behandelnd­en Ärzten besprechen, ob es für sie sinnvoll sein kann, sich durch eine Impfung vor der Infektion zu schützen.“

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Symbolfoto: Felix Heyder, dpa Manche werdende Mutter macht sich aktuell Gedanken darüber, ob sie sich gegen das Coronaviru­s impfen lassen soll und welche Folgen dieser Schritt für ihr Kind haben könnte.

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