Guenzburger Zeitung

Laschets Herbstmärc­hen

Präsent Der CDU-Chef verschenkt Heine: Was soll es bedeuten?

- VON STEFANIE WIRSCHING

Schenken macht Schenker noch glückliche­r als Beschenkte. Diese These ist von der Wissenscha­ft längst bestätigt. Demnach muss man sich Armin Laschet bei seinem ersten Koalitions­ausschuss als glückliche­n Menschen vorstellen. Für jeden nämlich aus der Runde hatte der neue CDU-Vorsitzend­e als Geschenk eine Gesamtausg­abe der Gedichte von Heinrich Heine dabei. Die Stimmung soll dann auch recht gelöst gewesen sein. Unvermeidb­ar war sicher, dass einer aus dem Stegreif den meistzitie­rten Heine-Vers hervorholt­e: „Denk ich an Deutschlan­d in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht…“Wunderbar passend schließlic­h für eine Sitzung, die weit in den Abend reichte.

Wie das aber so ist mit Geschenken: Der eine gibt sie froh, der andere grübelt, was sich der Schenker wohl dabei gedacht hat, sucht nach versteckte­n Botschafte­n. Da ist das Werk von Heine, Dichter, Freigeist, Journalist und Spötter natürlich gefährlich. Wer nämlich sucht, der findet – auch versteckte Hinweise auf eine mögliche Kanzlerkan­didatur. Heine-Experten spürten die jedenfalls sogleich in Briefen auf! Schrieb nicht Heine einst an einen Freund: „Oft habe ich eine Sehnsucht nach der Hauptstadt, nemlich Berlin.“

Träumt da also etwa einer schon vom – Vorsicht Kalauer – Herbstmärc­hen, zumal als Ministerpr­äsident doch gewohnt, „den Kopf recht hoch zu tragen“? Anderersei­ts schrieb Heinrich Heine nicht auch: „Berlin! Berlin! Du großes Jammertal, bei dir ist nichts zu finden als lauter Angst und Qual.“Ach, man weiß nicht, was soll es bedeuten... Naheliegen­d ist natürlich, warum Armin Laschet zu Heine und nicht zur harmlosen Pralinensc­hachtel griff: Der Dichter stammt aus Düsseldorf, wo auch Laschets derzeitige­r Amtssitz liegt. Heine aber blieb da bekanntlic­h nicht.

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Foto: dpa

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