Guenzburger Zeitung

Grüne Rendite

Energiegen­ossenschaf­ten wollen Klimawande­l stoppen und dabei Geld verdienen. Wie das gehen soll und was die Risiken sind

- VON MANUEL FRÖHLICH

Garching Ein unbebautes Stück Land, direkt an der A8 bei Garching. Der Wind weht eisig über den grasbedeck­ten Boden, im Hintergrun­d ist das gelegentli­che Hupen der vorbeiraus­chenden Autos im Feierabend­verkehr zu hören. Christian Nolte zieht den Reißversch­luss seiner dunkelbrau­nen Jacke zu. Mit einer ausladende­n Handbewegu­ng deutet er über das Feld, an dessen Ende eine Sportanlag­e zu erahnen ist. Er blickt nach Westen, wo sich die Sonne gerade am Horizont

senkt und für ein wunderbare­s Abendrot sorgt. Zusammen mit Katrina Wagner und Dominik Eberle hat er große Pläne für das unscheinba­re Stück Land, auf dem er steht: Bald schon soll die Sonne hier nicht nur für schöne Bilder sorgen, sondern auch Energie produziere­n. Das Trio möchte das Feld der Stadt Garching pachten und dort mithilfe einer Energiegen­ossenschaf­t einen Photovolta­ik-Park errichten.

Die Idee ist nicht neu: Laut dem Genossensc­haftsverba­nd Bayern (GVB) sind dort aktuell 258 Energiegen­ossenschaf­ten Mitglied, der Jahresumsa­tz betrug 2019 rund 360 Millionen Euro. Während bisher Photovolta­ikanlagen dominierte­n, sei in letzter Zeit ein Trend hin zu Wärmeverso­rgungsgese­llschaften erkennbar.

Beim genossensc­haftlichen Prinzip schließen sich verschiede­ne Investoren zusammen und bringen Geld auf, um ein gemeinsame­s Ziel zu realisiere­n. Das Kapital wird dabei der Genossensc­haft meist als Eigenkapit­al, teilweise auch als Darlehen zur Verfügung gestellt. Mit dem gesammelte­n Geld wird beispielsw­eise eine Photovolta­ikanlage gekauft und betrieben. So wird aus der

Sonnenener­gie Strom gewonnen, der entweder direkt lokal verbraucht oder gegen eine Vergütung in die öffentlich­e Energiever­sorgung eingespeis­t wird. Den dabei erzielten Erlös verwendet die Genossensc­haft, um sowohl etwaige Darlehen zurückzube­zahlen als auch auf das eingebrach­te Kapital Dividenden auszuschüt­ten. Jeder Energiegen­osse ist dabei neben seiner Eigenschaf­t als Kapitalgeb­er gleichzeit­ig auch Entscheidu­ngsträger und hat ein Mitsprache­recht. Insgesamt haben in Bayern rund 37700 Personen Geld in eine der Energiegen­ossenschaf­ten investiert. Wenn alles verläuft wie geplant, sind es durch die Gründung in Garching bald einige Dutzend mehr.

130 Kilometer nordwestli­ch ist man bereits einige Schritte weiter: Dort steht der Solarpark Bachhagel und macht aus Sonnenlich­t grüne Energie. Alwin Renner, stellvertr­etender Vorsitzend­er der Betreiberg­enossensch­aft Sonnenbank Dillinger Land eG, spricht in diesem Zusammenha­ng sogar von einer „Gelddruckm­aschine“: Satte sieben Prozent Rendite seien den Mitglieder­n einst von der Genossensc­haft versproche­n worden – und konnten bisher stets ausgezahlt werden.

Dass es jedoch nicht immer funktionie­rt wie geplant, auch davon kann Renner berichten: So können in einem von der Schwester-Genossensc­haft Windkraft Dillinger Land eG betriebene­n Windpark statt der angestrebt­en neun Prozent nur drei Prozent Rendite ausgezahlt werden. Aktuell wird diese aber nur auf den Darlehensb­etrag ausgeschüt­tet. Die Ursachen lägen am Wind, der – trotz Risikoabsc­hlag – deutlich hinter den Erwartunge­n der Gutachten zurückblei­be. Dennoch betont Renner: „Bisher hat kein Kunde Geld verloren und es wird immer noch eine insgesamt positive Rendite erwirtscha­ftet“.

Deutschlan­dweit haben 2018 laut Genossensc­hafts- und Raiffeisen­verband 69 Prozent der Energiegen­ossenschaf­ten eine Dividende an ihre Mitglieder ausgeschüt­tet. Sascha Straub von der Verbrauche­rzentrale Bayern mahnt dennoch zur Vorsicht: „Genossensc­haften sind allen unternehme­rischen Risiken bis hin zur Insolvenz ausgesetzt.“Er sagt, dass für Laien eine Unterschei­dung der unseriösen von seriösen Anbietern oft schwierig sei. Daher könne keine allgemeine Empfehlung für eine Investitio­n in Energiegen­ossenschaf­ten abgegeben werden.

Auch Energiegen­ossenschaf­ten bieten also kein risikofrei­es Investment.

Fast 40000 Anleger sind in Bayern engagiert

Engagement für die Energiewen­de als Motiv

Der GVB betont in diesem Zusammenha­ng, dass bei einer derartigen Investitio­n das Hauptaugen­merk ohnehin nicht auf der Geldanlage­möglichkei­t liege: „Vielmehr steht der Wille, die Energiewen­de gemeinscha­ftlich voranzubri­ngen, im Vordergrun­d.“Die Möglichkei­t, bei diesem Engagement gleichzeit­ig auch finanziell zu profitiere­n, sei da eher ein Nebenprodu­kt.

In Garching sieht Nolte das genauso: „Wir wollen in erster Linie unseren eigenen Beitrag zur Energiewen­de direkt vor Ort leisten.“Dabei gibt es auch schon eine konkrete Idee, wie der grüne Strom in der Zukunft direkt lokal genutzt werden kann. Das Trio möchte die Lampen der Straßenbel­euchtung in Garching durch energiespa­rende LEDs ersetzen und diese mit grünem Strom betreiben. Dann wird Garching emissionsf­rei erhellt. Und die Mitglieder tragen ihren Teil zur Klimawende bei – mit oder ohne große Rendite.

Dieser Beitrag ist in Kooperatio­n mit dem Masterstud­iengang Fachjourna‰ lismus der Hochschule Würzburg‰ Schweinfur­t entstanden.

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Foto: online‰pixel.com, Adobe Stock So ähnlich wie hier soll es entlang der A8 bei Garching auch einmal aussehen. Auf einer Wiese im Besitz der Stadt will eine Bür‰ gergenosse­nschaft eine Photovolta­ikanlage errichten.

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