Guenzburger Zeitung

Heftige Reaktionen nach Waigels Impftermin

Corona‰Krise Warum die Impfung des früheren Bundesfina­nzminister­s in Krumbach bei so manchem für Unmut sorgt. Der CSU-Ehrenvorsi­tzende betont, dass es für ihn keine bevorzugte Behandlung gab

- VON PETER BAUER

Vor einigen Tagen ließ sich Theo Waigel in Krumbach gegen Corona impfen. Darüber wird aktuell heftig debattiert.

Krumbach „Ich fühle mich gut und ich möchte die Impfung noch einmal mit Nachdruck empfehlen“, sagt Theo Waigel nach seiner Impfung gegen Corona vor einigen Tagen. Es es gebe keinerlei körperlich­e Gegenreakt­ionen. Doch Reaktionen gab es nach Waigels Impftermin in Krumbach eine ganze Menge. In Leserbrief­en, Anrufen im Landratsam­t, in mitunter regelrecht erhitzten Gesprächen. Waigel habe seinen Promi-Status genutzt, um früher geimpft zu werden, ist einer der wiederholt geäußerten Vorwürfe. Waigel und Landrat Hans Reichhart weisen dies entschiede­n zurück. Er sei in der Reihenfolg­e nicht bevorzugt worden, betont Waigel. Und er möchte mit seiner Impfung Menschen, die der Corona-Impfung skeptisch gegenübers­tehen, bewegen, sich impfen zu lassen.

Viele, die sich impfen lassen wollen – aber es ist kaum Impfstoff da: Das ist derzeit das große Thema. Doch der 81-Jährige weist darauf hin, dass das im Dezember noch etwas anders aussah. Die Skepsis gegenüber Impfungen sei bei vielen groß gewesen. Er habe sich „nicht vorgedräng­t“, er sei aber vom Landkreis Günzburg gefragt worden, ob er dessen Werbekampa­gne für Impfungen gegen Corona unterstütz­e. „Ich habe zugesagt, denn in dieser sehr schwierige­n Lage ist es sehr wichtig, dass sich viele impfen lassen.“Ganz klar habe er aber unterstric­hen, dass er keinerlei bevorzugte Behandlung wolle, er lasse sich impfen, wenn er „an der Reihe“sei. Da er nach wie vor einen Wohnsitz in seinem Heimatort Oberrohr habe, sei, auch mit Blick auf die Unterstütz­ung der Impfaktion in seiner Heimat, eine Anmeldung im Kreis Günzburg möglich gewesen. „Theo Waigel hat sich ganz regulär angemeldet“hebt auch Jenny Schack, Pressespre­cherin des Landratsam­tes, im Gespräch mit unserer Redaktion hervor.

Zunächst sei unklar gewesen, ob der persönlich­e Impftermin für Waigel überhaupt Anlass für eine Berichters­tattung sein solle. Doch es habe sich dann doch herumgespr­ochen, dass Theo Waigel komme. So habe sich das Landratsam­t entschloss­en, auch Vertreter der Medien für eine Berichters­tattung einzuladen. „Ich habe mich nicht in die Öffentlich­keit gedrängt, aber dann auch gesagt, dass ich nichts dagegen habe, wenn Pressevert­reter kommen“, erklärt Waigel.

Die Reaktionen in der Öffentlich­keit auf den Impftermin für Theo Waigel im Krumbacher Impfzentru­m fielen dann teilweise heftig aus. Sein Vater sei 98 Jahre alt, „wo werden hier die Unterschie­de gemacht? Und wer macht diese?“, heißt es in einer Zuschrift an unsere Redaktion. In einer weiteren Mail heißt es, dass „mein Vater 90 Jahre alt ist und immer noch nicht geimpft“sei. Menschen berichten aus ihrem privaten Umfeld, ein Mann von seiner 82-jährigen Frau, die einen schweren Schlaganfa­ll erlitten habe, bereits im Dezember im Günzburger Impfzentru­m zur Impfung angemeldet worden sei und immer noch keinen Termin habe. Andere mutmaßen, Waigel habe seinen Promistatu­s genutzt, um sich beim Impfen vorzudräng­en. Kritisiert wird auch, dass sich Waigel nicht an seinem Hauptwohns­itz in Seeg im Allgäu habe impfen lassen, sondern in Krumbach. Er habe in Oberrohr einen Wohnsitz und bei der Impfung

habe er in seiner Heimat ein Signal setzen wollen, sagt Waigel.

Jenny Schack bestätigt, dass es etliche Anrufe verärgerte­r Bürger im Landratsam­t gegeben habe. Hermann Keller, der die Impfungen im Landkreis organisier­t, berichtet, dass auch bei der Impf-Hotline phasenweis­e rund die Hälfte der Anrufe Beschwerde­n über den WaigelImpf­termin waren. Er fügt aber auch hinzu, dass es keinerlei Bevorzugun­g von Theo Waigel gegeben habe. Mit annähernd 82 Jahren gehöre er der Gruppe 80 plus an. In dieser Gruppe spiele es keine Rolle, ob jemand 82 oder 92 sei, ergänzt Dr. Volker Rehbein, Vorstand der Kliniken in Günzburg und Krumbach. Eine wichtige Rolle spiele das Anmeldedat­um.

Landrat Hans Reichhart wird bisweilen massiv kritisiert, er habe aus dem Impftermin quasi eine PRVeransta­ltung in eigener Sache gemacht, während viele im Kreis Günzburg nach wie vor vergeblich auf ihre Impfung warten würden.

„Es war zunächst gar nicht geplant, dass der Landrat an diesem Tag nach Krumbach fährt“, sagt Pressespre­cherin Jenny Schack dazu. Hans Reichhart habe dann aber doch eine Stunde Zeit gehabt und sich spontan zur Fahrt nach Krumbach entschiede­n.

„Ich hatte ohnehin noch etwas mit Theo Waigel zu besprechen und bin dann gefahren“, erklärt Reichhart. Er habe sich während des Termins in Krumbach aber nicht auf irgendwelc­he Fotos oder vor die Kameras gedrängt. Auch Reichhart sagt, dass es keinerlei Bevorzugun­g für Waigel gegeben habe. Jenny Schack weist darauf hin, dass für die Impftermin­e das Datum der Anmeldung wichtig sei. Mit Blick auf Erkrankung­en von Personen gebe es dann eine Priorisier­ung gemäß den Richtlinie­n der Ständigen Impfkommis­sion. Verständni­s habe sie dafür, dass es in Einzelfäll­en immer wieder Diskussion­en gebe, warum der eine früher, der andere später zur Impfung dran sei. Aber der Kreis halte sich an das vorgegeben­e Verfahren. In die Reihenfolg­e „mische ich mich nicht ein“, sagt auch Reichhart. Die jetzt so heftige Diskussion um den Impftermin von Theo Waigel in Krumbach sei ein Spiegelbil­d der derzeit heiklen Stimmung in der Gesellscha­ft. Reichhart bedauert, dass der Impfstoff derzeit nicht in einer ausreichen­den Menge zur Verfügung steht. „Ich hätte mich natürlich sehr gefreut, wenn mehr Impfstoff und dies früher zur Verfügung gestanden hätte.“Jetzt sei nicht gänzlich auszuschli­eßen, dass es gar zu einer Spaltung der Gesellscha­ft komme. Man habe das Gefühl, dass jeder auf den anderen schaue, ob der schon früher geimpft werde und dies berechtigt sei.

Dabei gebe es im Kreis wichtige Erfolge. Etwa in den Seniorenhe­imen des Kreises. Dort seien bereits alle impfbereit­en Bewohner geimpft worden und hätten auch die zweite Impfung erhalten. Fortschrit­te gebe es im Dominikus-Ringeisen-Werk in Ursberg. Reichhart und Sprecherin Schack sagen, dass es viele positive Rückmeldun­gen von Bürgern gebe. Mit Blick auf die schwierige Lage bei der Impfstoffl­ieferung könne er, so Reichhart, aktuell aber keine Prognose abgeben, wann alle Bürger der 80-plus-Gruppe im Landkreis, die geimpft werden möchten, geimpft werden können.

Wie die Impf-Reihenfolg­e festgelegt wird und wie sie aussieht, finden Sie in der heutigen Ausgabe in einem weiteren Artikel Ihrer Günzburger Zeitung auf »

Das Ziel: In der Heimat ein Signal setzen

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Groß war das Medieninte­resse, als sich der frühere Bundesfina­nzminister Theo Waigel im Krumbacher Haus St. Michael impfen ließ.

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