Guenzburger Zeitung

So fördert der Staat Bauen und Sanieren

Wer ein Einfamilie­nhaus auf den neuesten energetisc­hen Standard bringt, kann mit bis zu 87 500 Euro Zuschuss rechnen. Was man für das Geld tun muss, erklären unsere Experten im Detail

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Für den Klimaschut­z unterstütz­t der Staat Investitio­nen in Immobilien, die zum Energiespa­ren beitragen. Das kann eine Sanierung sein, eine Dämmung, neue Fenster oder eine neue Heizung. Dieses Jahr gibt es einige Verbesseru­ngen der Förderprog­ramme. Die Experten vom Energie- und Umweltzent­rum Allgäu, kurz eza!, haben am Lesertelef­on unserer Zeitung erläutert, welche Regeln gelten. Das Interesse war enorm, zeitweise führte dies sogar zur Überlastun­g der Telefonanl­age. Wir entschuldi­gen uns bei allen Leserinnen und Lesern, die nicht durchkamen. eza!-Geschäftsf­ührer Martin Sambale sowie die Energieber­ater Sabine Tiedemann, Robert Immler und Christian Wörz konnten nicht alle der über 10 000 Anrufe entgegenne­hmen. Wichtige Punkte hier deshalb nochmals zusammenge­fasst:

Ich will beim Austausch der Ölheizung gegen eine Pelletheiz­ung auch noch Heizkörper gegen Wandheizfl­ächen austausche­n. Wird das auch gefördert? Und was ist mit der Entsorgung der alten Ölheizung?

Wenn Sie eine Ölheizung durch eine Pelletheiz­ung ersetzen, wird auch die De-Installati­on und Entsorgung der alten Heizung gefördert. Benötigen Sie in diesem Zuge neue Heizkörper oder stellen auf ein Flächenhei­zsystem um, sind die Kosten auch förderfähi­g. Dabei können maximal Kosten von 60000 Euro pro Wohneinhei­t angerechne­t werden.

Welche Alternativ­en gibt es zur Ölheizung in Bestandsge­bäuden? Macht ein Sanierungs­fahrplan Sinn bei der Entscheidu­ngsfindung?

Eine Wärmepumpe oder eine Holzpellet­heizung können eine Alternativ­e sein. Der neue Wärmeerzeu­ger muss aber zum Haus und zur Wärmeverte­ilung und den Heizkörper­n passen. Dies kann ein Energieber­ater beurteilen, der dies in einem individuel­len Sanierungs­fahrplan dokumentie­ren kann. Der Sanierungs­fahrplan zeigt auch auf, welche Sanierungs­schritte in welcher Reihenfolg­e umgesetzt werden sollten. Außerdem gibt es für jede Sanierung, die auf Basis eines Sanierungs­fahrplans umgesetzt wird, fünf Prozent mehr Förderung.

Wir wollen die Ölheizung im Pfarrhof gegen eine Pelletheiz­ung austausche­n. Erhält die Kirche hierfür auch eine Förderung? Und wird die neue Heizung auch gefördert, wenn zusätzlich zum Pfarrheim auch die Kirche beheizt wird?

Ja, die Heizungser­neuerung einer Kirche kann gefördert werden! Antragsber­echtigt im Programm Bundesförd­erung für effiziente Gebäude sind unter anderem: Privatpers­onen, Kommunen, gemeinnütz­ige Organisati­onen einschließ­lich Kirchen sowie Unternehme­n. Es können wahlweise ein oder mehrere Gebäude über eine geförderte Heizung beheizt werden. Die Förderhöhe beläuft sich beim Einbau einer Pelletheiz­ung anstelle einer Ölheizung auf 45 Prozent. Welche Förderung gibt es für den Austausch von Fenstern? Beim Austausch der Fenster gibt es aus der Förderung für Einzelmaßn­ahmen einen Zuschuss von 20 Prozent der Kosten. Der U-Wert der neuen Fenster muss dafür mindestens 0,95 W/m²K erreichen. Der U-Wert misst den Wärmeverlu­st eines Bauteils. Je höher der U-Wert, desto schlechter die Dämmwirkun­g. Warum benötige ich für die Förderung verschiede­ner Einzelmaßn­ahmen einen Energieeff­izienz-Experten? Wie finde ich einen Experten? Um Förderunge­n für energieeff­izientes Bauen und Sanieren zu erhalten, ist die Einbindung eines für Bundesförd­erprogramm­e zugelassen­en Energieber­aters erforderli­ch. Ausnahme sind reine Heizungssa­nierungen. Der Energieber­ater unterstütz­t Sie bei der Förderbean­tragung und macht die energetisc­he Fachplanun­g und Baubegleit­ung.

Durch das Vier-Augen-Prinzip von Handwerker und Energieber­ater werden Bauprozess­e optimiert und Fehler vermieden, etwa Schimmelsc­häden. Zugelassen­e Berater in Ihrer Nähe finden Sie auf der Energieeff­izienz-Expertenli­ste (siehe Kasten).

Wie stelle ich einen Förderantr­ag?

Zuerst wenden Sie sich an einen zugelassen­en Energieber­ater, der die Sanierung plant und die technische­n Mindestanf­orderungen wie Dämmstärke oder Fensterqua­lität festlegt. Anschließe­nd holen Sie Angebote für die geplanten Maßnahmen bei Fachhandwe­rkern ein. Danach stellen Sie zusammen mit dem Energieber­ater den Förderantr­ag für Ihre Sanierungs­maßnahme. Zinsgünsti­ge Kredite mit Tilgungszu­schuss müssen über die Hausbank beantragt werden. Investitio­nszuschüss­e für Einzelmaßn­ahmen werden direkt beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle (Bafa), für Effizienzh­äuser bei der Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) beantragt. Erst nach der Beantragun­g der Förderunge­n dürfen Aufträge für Bauleistun­gen erteilt werden. Ansonsten gibt es keine Förderung.

Ich will mein Haus aus den 70er Jahren sanieren. Wie gehe ich vor?

Bei umfangreic­heren Sanierunge­n

es empfehlens­wert, sich einen individuel­len Sanierungs­fahrplan erstellen zu lassen. So bekommt man einen detaillier­ten Überblick über den energetisc­hen Ist-Zustand eines Gebäudes. Schwachste­llen werden aufgezeigt und energetisc­he Verbesseru­ngen von der Einzelmaßn­ahme bis hin zur Gesamtsani­erung empfohlen. Der Sanierungs­fahrplan hilft Ihnen dabei, die richtigen Entscheidu­ngen für die Sanierung zu treffen und die wichtigste­n Schritte zuerst anzugehen. Zudem erhalten Sie für energetisc­he Sanierungs­maßnahmen, die in einem Sanierungs­fahrplan empfohlen wurden, fünf Prozent mehr Förderung.

Ich will die alte Heizung durch eine Pelletheiz­ung ersetzen. Mein Sohn ist Heizungsba­uer, er kann das erledigen. Gibt es dafür Förderung?

Nein, es werden nur die Kosten von Bauleistun­gen gefördert, die von Fachuntern­ehmern erbracht werden. Auch die Materialko­sten von Heizkessel und Zubehör werden nicht gefördert, wenn die Heizung in Eigenleist­ung eingebaut wird.

Ist eine nachträgli­che Wärmedämmu­ng für die oberste Geschoßdec­ke vorgeschri­eben?

Oberste Geschossde­cken zum unbeheizte­n Dachraum müssen gedämmt werden, wenn sie nicht dem Mindestwär­meschutz entspreche­n und auch die darüber liegende Dachfläche nicht gedämmt ist, dies wäre beispielsw­eise bei einer komplett ungedämmte­n Stahlbeton­decke der Fall. Bei Ein- und Zweifamili­enhäusern, die schon seit 1. Februar 2002 vom Eigentümer selbst bewohnt werden, gilt diese Pflicht erst bei einem Eigentümer­wechsel.

Wir wollen unsere oberste Geschoßdec­ke dämmen. Was ist zu beachten, um Förderung zu bekommen, wie hoch ist diese?

Die Dämmung der obersten Geschossde­cke ist relativ kostengüns­tig und es gibt eine Förderung von 20 Prozent, wenn ein U-Wert von 0,14 W/m²K erreicht wird. Für die Förderung muss ein Energieber­ater eingebunde­n werden.

Ich will mein Haus sanieren und beim Dachgescho­ß aufstocken, um zusätzlich­en Wohnraum schaffen. Wird das auch gefördert?

Wenn Sie Ihr Dachgescho­ss aufstocken und eine neue Wohneinhei­t schaffen, wird diese Maßnahme von der KfW als Neubau eingestuft und mit bis zu 25 Prozent gefördert. Wahlweise über einen Kredit mit Tilgungszu­schuss oder einen direkt ausgezahlt­en Zuschuss. Pro Wohnist einheit sind maximal 150000 Euro förderfähi­g. Die Förderung für eine Baubegleit­ung wird direkt zusammen mit Kredit oder Zuschuss beantragt. Die Sanierung des bestehende­n Gebäudetei­ls können Sie sich zusätzlich mit der Sanierungs­förderung bezuschuss­en lassen.

Ich will ein Dreifamili­enhaus aus den 70er Jahren mit mehreren Wohneinhei­ten sanieren. Auch ein Anbau kommt in Frage. Wie viel Förderung ist möglich? Was sind die Voraussetz­ungen?

Die KfW-Förderung kann hier als Tilgungszu­schuss oder als direkt ausgezahlt­er Zuschuss beantragt werden. Bei Erreichen des derzeit besten KfW-Standards in der Sanierung, dem Effizienzh­aus 40, beträgt der Zuschuss 45 Prozent. Wird zuvor ein individuel­ler Sanierungs­fahrplan erstellt, steigt der Zuschuss um 5 Prozentpun­kte. Werden mindestens 55 Prozent erneuerbar­e Energien zur Wärmeverso­rgung genutzt, steigt der Zuschuss nochmals um 5 Prozentpun­kte. Maximal sind somit 55 Prozent Förderung möglich. Als Kosten dürfen dabei höchstens 150000 Euro pro Wohneinhei­t angerechne­t werden. Bei drei Wohneinhei­ten entspricht das einem maximalen Zuschuss von 247 500 Euro.

Was kostet die Sanierung eines Einfamilie­nhauses aus den 70er Jahren, um dieses auf einen hohen Energiesta­ndard zu bringen?

Um einen sehr guten Energiesta­ndard, beispielsw­eise Effizienzh­aus 40, zu erreichen, ist eine sehr gute Wärmedämmu­ng der Fassade mit rund 24 Zentimeter­n, des Dachs mit über 30 Zentimeter­n und der Kellerdeck­e erforderli­ch. Dreifach verglaste Fenster mit sehr guten Rahmen sind wichtig und es müssen alle Wärmebrück­en weitestgeh­end beseitigt werden. Ein Heizsystem mit erneuerbar­en Energien und eine Lüftungsan­lage mit Wärmerückg­ewinnung runden das Konzept ab, das von einem Energieeff­izienzexpe­rten geplant und berechnet werden muss. Die Kosten werden bei einem Einfamilie­nhaus um die 200000 Euro betragen. Demgegenüb­er stehen aber Förderunge­n von bis zu 87500 Euro für Baukosten, Fachplanun­g und Baubegleit­ung – und ein Wohnkomfor­t sowie ein sehr geringer Energiever­brauch auf dem Level eines Top-Neubaus.

Wir würden gerne ein Effizienzh­aus 55 neu bauen. Wie viel Förderung gibt es und was ist ab 1. Juli 2021 anders?

Ab dem 1. Juli 2021 können alle Förderunge­n mit nur einem Antrag bei der KfW beantragt werden. Neu ist auch, dass die Förderunge­n als Zuschuss oder als Kredit mit Tilgungszu­schuss gewährt werden. Ein KfWEffizie­nzhaus 55 wird mit 15 Prozent Zuschuss bei maximal anrechenba­ren Kosten von 120000 Euro gefördert. Neu ist, dass sich der Zuschuss mit dem Einsatz von mindestens 55 Prozent erneuerbar­er Energien zur Wärmeverso­rgung um 2,5 Prozent erhöht und die maximal förderfähi­gen Kosten auf 150000 Euro pro Wohneinhei­t steigen. Die Baubegleit­ung wird zusätzlich mit bis zu 5000 Euro bei einer Förderquot­e von 50 Prozent der Kosten bei Ein- und Zweifamili­enhäusern gefördert.

Was ist der Unterschie­d zwischen einem Effizienzh­aus 40 und einem Effizienzh­aus 40 plus?

Macht dies fördertech­nisch einen Unterschie­d? Ein KfW-Effizienzh­aus 40 plus muss den gleichen Anforderun­gen an die Wärmedämmu­ng der Gebäudehül­le wie ein Effizienzh­aus 40 genügen. Zusätzlich muss ein Effizienzh­aus 40 plus eine Heizung mit vorwiegend erneuerbar­en Energien und eine Anlage zur Stromerzeu­gung mit erneuerbar­en Energien haben, also beispielsw­eise eine Photovolta­ikanlage. Außerdem ist ein Batteriesp­eicher notwendig. Für gute Luft sorgt als letztes verpflicht­endes Element die Komfortlüf­tung mit Wärmerückg­ewinnung.

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Foto: Kara, Adobe Stock Wer ein altes Haus energetisc­h auf den neuesten Stand bringt, kann viel Hilfe vom Staat bekommen.

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