Kleine Helden, große Fragen
Ganz schön pfiffig, was sich ein paar Kinder aus Jettingen haben einfallen lassen, um den Bestand der Biber am Hopfenweiher zu sichern. Wann immer die Gemeinde eine Tierfalle installiert hatte, ließen sie die Knirpse eigenhändig zuschnappen. So ging das hin und her, eine ganze Zeit lang. Das war mutig und womöglich respektlos gegenüber all jenen, die in der Existenz der Nager an dieser Stelle eine Gefahr für die Anrainer erkannt haben und die Tiere deshalb lieber heute als morgen loswerden wollen.
Doch eine Gesellschaft, die oft genug vergeblich nach dem „mündigen Bürger“sucht, muss über diese Racker einfach schmunzeln. Wie sonst könnten sich Kinder zu Persönlichkeiten entwickeln, wenn sie nicht ab und an Verhaltensmuster ausprobieren, Vorgaben infrage stellen und Streiche aushecken? Wer das mit so viel Leidenschaft für die an sich gute Sache verbindet wie die jungen Biberfreunde in Jettingen, hat keinen Tadel verdient, sondern einen Orden. Diese Treue zur eigenen Überzeugung, dieses „Hier bin ich und hier geht’s für Euch nicht weiter“dürfen sich viele Erwachsene zum Vorbild nehmen – gerade in Zeiten, in denen vorgeblich intakte Demokratien in aller Welt so tun, als sei nicht die Freiheit des Einzelnen das selbstverständliche Maß aller Dinge, sondern der staatlich verordnete Entzug derselben.
Auf einer anderen Argumentationsebene liegt, dass sich die Nachwuchs-Tierschützer im konkreten Fall irren. Wenn sie irgendwann auf die aktuellen Ereignisse zurückschauen, werden sie das vermutlich auch einsehen. Denn nur weil sie dem Augenschein nach keine Biberschäden an Damm und Straße wahrnehmen, heißt das noch lange nicht, dass keine da sind. Diverse Fachleute haben über Problemlösungen nachgedacht und sind zum Schluss gekommen, dass die am Hopfenweiher siedelnden Biber eine ernste Gefahr für Besitz und Leben der dort wohnenden Menschen darstellen. Es gibt keinen Grund, an dieser Sachaussage aus dem Landratsamt Günzburg zu zweifeln. Die Erlaubnis zum Fangen der Tiere erhielt die Marktgemeinde Jettingen-Scheppach ausdrücklich ausnahmsweise und nur für diesen konkreten Ort.
Auf die große Frage, ob Eingriffe des Menschen in die Natur Fluch oder Segen darstellen, mag es aus wissenschaftlichen, emotionalen wie wirtschaftlichen Erwägungen unterschiedliche Antworten geben. Im Einzelfall Hopfenweiher wären möglichst viel Respekt vor dem Andersdenkenden und möglichst wenig Hysterie in der Debatte wünschenswert. Eine Vorgehensweise übrigens, die sich auch im Umgang mit der aktuell allergrößten Frage aufdrängt: der Corona-Pandemie.