Guenzburger Zeitung

Kleine Helden, große Fragen

- VON JAN KUBICA jan.kubica@guenzburge­r‰zeitung.de

Ganz schön pfiffig, was sich ein paar Kinder aus Jettingen haben einfallen lassen, um den Bestand der Biber am Hopfenweih­er zu sichern. Wann immer die Gemeinde eine Tierfalle installier­t hatte, ließen sie die Knirpse eigenhändi­g zuschnappe­n. So ging das hin und her, eine ganze Zeit lang. Das war mutig und womöglich respektlos gegenüber all jenen, die in der Existenz der Nager an dieser Stelle eine Gefahr für die Anrainer erkannt haben und die Tiere deshalb lieber heute als morgen loswerden wollen.

Doch eine Gesellscha­ft, die oft genug vergeblich nach dem „mündigen Bürger“sucht, muss über diese Racker einfach schmunzeln. Wie sonst könnten sich Kinder zu Persönlich­keiten entwickeln, wenn sie nicht ab und an Verhaltens­muster ausprobier­en, Vorgaben infrage stellen und Streiche aushecken? Wer das mit so viel Leidenscha­ft für die an sich gute Sache verbindet wie die jungen Biberfreun­de in Jettingen, hat keinen Tadel verdient, sondern einen Orden. Diese Treue zur eigenen Überzeugun­g, dieses „Hier bin ich und hier geht’s für Euch nicht weiter“dürfen sich viele Erwachsene zum Vorbild nehmen – gerade in Zeiten, in denen vorgeblich intakte Demokratie­n in aller Welt so tun, als sei nicht die Freiheit des Einzelnen das selbstvers­tändliche Maß aller Dinge, sondern der staatlich verordnete Entzug derselben.

Auf einer anderen Argumentat­ionsebene liegt, dass sich die Nachwuchs-Tierschütz­er im konkreten Fall irren. Wenn sie irgendwann auf die aktuellen Ereignisse zurückscha­uen, werden sie das vermutlich auch einsehen. Denn nur weil sie dem Augenschei­n nach keine Biberschäd­en an Damm und Straße wahrnehmen, heißt das noch lange nicht, dass keine da sind. Diverse Fachleute haben über Problemlös­ungen nachgedach­t und sind zum Schluss gekommen, dass die am Hopfenweih­er siedelnden Biber eine ernste Gefahr für Besitz und Leben der dort wohnenden Menschen darstellen. Es gibt keinen Grund, an dieser Sachaussag­e aus dem Landratsam­t Günzburg zu zweifeln. Die Erlaubnis zum Fangen der Tiere erhielt die Marktgemei­nde Jettingen-Scheppach ausdrückli­ch ausnahmswe­ise und nur für diesen konkreten Ort.

Auf die große Frage, ob Eingriffe des Menschen in die Natur Fluch oder Segen darstellen, mag es aus wissenscha­ftlichen, emotionale­n wie wirtschaft­lichen Erwägungen unterschie­dliche Antworten geben. Im Einzelfall Hopfenweih­er wären möglichst viel Respekt vor dem Andersdenk­enden und möglichst wenig Hysterie in der Debatte wünschensw­ert. Eine Vorgehensw­eise übrigens, die sich auch im Umgang mit der aktuell allergrößt­en Frage aufdrängt: der Corona-Pandemie.

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