Guenzburger Zeitung

Kunde bringt mutmaßlich­en Dealer vor Gericht

Justiz Ein Zwischenhä­ndler hatte ein Geständnis abgelegt. Nun muss sich ein 51-jähriger Krumbacher verantwort­en

- VON KURT KRAUS

Krumbach/Memmingen „Ruhig bleiben, auch wenn es innerlich brodelt“, riet Rechtsanwa­lt Heiko Weber aus Neu-Ulm seinem Mandanten vor Beginn der Verhandlun­g vor dem Landgerich­t Memmingen, dem zusätzlich auch eine Pflichtver­teidigerin zur Seite stand. Staatsanwa­lt Adrian Oehmig warf dem 51-jährigen Krumbacher, der seit etwas mehr als fünf Monaten in Untersuchu­ngshaft sitzt, einen schwunghaf­ten Handel mit dem höchst gefährlich­en Rauschgift Heroin vor. Tatsächlic­h bestätigte der Angeklagte dann auch nur seine Personalie­n. Ansonsten verfolgte er das Geschehen konzentrie­rt, aber wortlos. In den zahlreiche­n Pausen, die wegen der Corona-Pandemie immer wieder zum Durchlüfte­n des Sitzungssa­ales gemacht wurden, plauderte er dagegen mit seiner Lebensgefä­hrtin und einem Bekannten, die den Verhandlun­gstag als Zuschauer verfolgten und ihm die Daumen drückten.

Rückblende: Die Kriminalpo­lizei Memmingen und die Kripo NeuUlm ermitteln im Frühjahr und Sommer 2019 mehrere Monate lang gegen den 51-Jährigen und zwei Zwischenhä­ndler, einen 42-jährigen Gebäuderei­niger und eine 46-jährige Frührentne­rin. Nach aufwendige­n Überwachun­gsmaßnahme­n werden am 19. August 2019 die Wohnungen der Tatverdäch­tigen durchsucht. Dem 42-Jährigen gelingt zunächst die Flucht. Dabei wirft er mehrere Brocken Heroin weg, insgesamt etwas mehr als 50 Gramm. Bei dem 51-Jährigen aber wird kein Rauschgift gefunden. Also reicht es nicht für einen Haftbefehl. Er bleibt auf freiem Fuß. Im Juni 2020 verurteilt das Landgerich­t Memmingen hingegen den Gebäuderei­niger und seine Freundin zu langjährig­en Haftstrafe­n (wir berichtete­n). Der 42-Jährige legt ein Geständnis ab und gibt an, dass er zwischen Mai und August 2019 in mindestens fünf Fällen nicht geringe Mengen Heroin von dem 51-Jährigen gekauft habe. Damit scheint bestätigt, was die Beamten ermittelt hatten. Der 51-Jährige wird am 10. August 2020 festgenomm­en.

Zurück in den Sitzungssa­al: Gleich zu Beginn regte Wahlvertei­diger Heiko Weber ein „Rechtsgesp­räch“an. Also wurde die Öffentlich­keit für etwa 20 Minuten ausgeschlo­ssen. Danach verkündete der Vorsitzend­e Richter Thomas Hörmann das Ergebnis des Gesprächs: „Im Falle eines wahrheitsg­emäßen und vollumfäng­lichen, nachvollzi­ehbaren Geständnis­ses sichert die Zweite Strafkamme­r dem Angeklagte­n eine Freiheitss­trafe zwischen drei Jahren und acht Monaten sowie vier Jahren und sechs Monaten zu.“Danach erklärte Weber dem Gericht, dass alle fünf angeklagte­n Drogengesc­häfte zwischen dem 51-Jährigen und dem bereits verurteilt­en Gebäuderei­niger eingeräumt würden. Der Angeklagte bestätigte die Erklärung seines Verteiwoll­te selbst aber nichts zu den Tatvorwürf­en sagen.

Also verzichtet­e das Gericht auf eine Reihe geladener Zeugen. Befragt aber wurden mehrere Kriminalbe­amte, die mit verschiede­nen Ermittlung­sschritten betraut waren. Während sich die Pflichtver­teidigerin Natalie Zinger-Reimann vornehm zurückhiel­t, stellte Weber den Beamten einige Fragen. Dabei nutzte er immer die gleiche Taktik: Zuerst lobte er die Polizisten für ihre gute Arbeit, wiegte sie quasi in Sicherheit, um sie dann mit kritischen Fragen zu verunsiche­rn. So wollte er von einer Kriminalbe­amtin aus Neu-Ulm wissen, wie sie denn darauf gekommen sei, dass es bei den zahlreiche­n abgehörten Telefonges­prächen tatsächlic­h um Rauschgift gegangen sei – es sei doch nie konkret über Drogen gesprochen worden. Die Beamtin blieb gelassen. Sie bestätigte, dass man sich zwar nur zum Essen verabredet habe oder über Urlaubsrei­sen gesprochen worden sei, wenn man sich treffen wollte. Aber sie ermittle schon lange im Rauschgift­milieu und „da bekommt man mit der Zeit ein gewisses Gespür“.

Zum Abschluss des ersten Verhandlun­gstages wurde ein Staatsanwa­lt in den Zeugenstan­d gerufen. Er hatte im vergangene­n Jahr als Mitdigers, glied der Ersten Strafkamme­r maßgeblich an der Verurteilu­ng des Gebäuderei­nigers und seiner Freundin mitgewirkt. Er bekräftigt­e das Geständnis aus jenem Prozess, wonach sie von dem 51-Jährigen mindestens fünf Mal Heroin unterschie­dlicher Qualität in Einzelmeng­en zwischen fünf und 60 Gramm gekauft hätten. Der Prozess wird fortgesetz­t.

 ?? Symbolfoto: Frank Leonhardt/dpa ?? Heroin gilt als eine der gefährlich­sten Drogen. Ein 51‰Jähriger soll damit gehandelt haben.
Symbolfoto: Frank Leonhardt/dpa Heroin gilt als eine der gefährlich­sten Drogen. Ein 51‰Jähriger soll damit gehandelt haben.

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