So leben die Flüchtlinge im Ankerzentrum
Im Starkfeld in Neu-Ulm ziehen am Mittwoch die ersten Bewohner ein. Wie sieht es dort aus, was erwartet sie? Ein Rundgang durch die Unterkunft
NeuUlm Nach Jahren des Leerstandes sollen nun die ersten Flüchtlinge in das Ankerzentrum in Neu-Ulm einziehen. Mit einem Bus treffen die Asylbewerber am Speicherbau im Starkfeld ein. Dort liefen zu Beginn der Woche noch letzte Vorbereitungen. Wie die Menschen dort künftig leben werden, zeigte die Regierung von Schwaben unserer Redaktion in einem Rundgang.
Im Keller findet sich neben einer geräumigen Waschküche mit Waschmaschinen und Trocknern vor allem die Kantine. Frühstück, Mittag- und Abendessen bekommen die Asylbewerber dort von einem externen Caterer, dem Konradhof aus München, serviert. Wie fast alles sei auch der Dienstleister für die Essensausgabe extern ausgeschrieben und ausgewählt worden, erklärt Frank Kurtenbach, Leiter der Ankerzentren in Schwaben.
Biertische stehen schon bereit.
Der Speiseplan für diese Woche hängt auch. Mittags gibt es immer warm – mit oder ohne Fleisch. Abends neben Vesper noch eine warme Suppe. Geschnetzeltes von Rind und Pute mit Harissa-Soße, Rosmarinkartoffeln und Karottengemüse wird die erste Mahlzeit sein, die die 50 Flüchtlinge zu sich nehmen.
Bei den Asylbewerbern wird es sich ausschließlich um junge Männer im berufsschulfähigen Alter handeln. Sie stammen vorrangig aus dem Irak, Gambia und der Türkei. Einige wenige kommen auch aus Ghana und der Elfenbeinküste. An der Berufsschule soll es für die Menschen aus dem Ankerzentrum eine Extraklasse geben, sagt Kurtenbach.
Zwar sei angedacht, dass in Zukunft vor allem Familien ohne schulpflichtige Kinder in Neu-Ulm untergebracht werden. Doch das sei auch abhängig von der Zugangssituation der Flüchtlinge. Aktuell seien auch coronabedingt die anderen Unterkünfte in Schwaben, zum Beispiel in Mering und Augsburg, weitestgehend ausgelastet, erklärt der Leiter der sogenannten Ankerzentren in Schwaben. „Anker“steht für „Ankunft, Entscheidung, Rückführung“.
Die umstrittenen Aufnahmestellen sollen für schnellere Entscheidungen in Asylverfahren sorgen. 3,4 Monate verbringt laut Kurtenbach ein Asylbewerber in einer solchen Unterkunft in Schwaben, bevor es in seinem Verfahren weitergeht. Das kann eine andere Unterkunft in Deutschland, aber auch eine Rückführung in ein anderes Land sein. Das Speichergebäude im Starkfeld bietet – wenn man jedes zur Verfügung stehende Bett nutzen würde – Platz für zwischen 350 und 400 Personen. Ausgelegt ist es aber auf eine Kapazität von 250 Plätzen und könnte so zur größten Flüchtlingsunterkunft im Landkreis Neu-Ulm werden.
Damit sich die Abläufe vor Ort einspielen können, werden vom achtstöckigen markanten Bau zunächst nur die ersten beiden Geschosse bezogen. Die Zimmer sind ausgelegt für im Schnitt vier Personen.
Das Zimmer 127, das beim Rundgang exemplarisch gezeigt wurde, ist 20,5 Quadratmeter groß. Drei junge Männer kommen dort unter, samt ihrem gesamten Hab und Gut. „Das können bei Familien auch mal ganze Koffer sein“, sagt Kurtenbach.
Ausgestattet sind die Appartements meist mit zwei Stockbetten, einem Spind für Klamotten, einem kleinen Kühlschrank sowie einem Tisch samt Stühle.
Bereitgestellt wird die Bettwäsche. Hygieneartikel wie Zahnbürsten aber müssen, wie auch der Zugang zum im gesamten Haus vorhandenen WLAN, vom monatlichen Taschengeld bezahlt werden. Das beläuft sich auf knapp 140 Euro im Monat. Auch eine Monatskarte für den Nahverkehr müsste davon finanziert werden.
Im Erdgeschoss zieht die Verwaltung ein. Hier haben unter anderem die Regierung von Schwaben ihre Räumlichkeiten. Die Diakonie bietet für die Flüchtlinge eine Anlaufstelle zu Asylfragen an. Vorgesehen ist neben einer Kinderbetreuung und einem Abstellraum für Kinderwagen auch ein Büro für einen sogenannten hauptamtlichen Ehrenamtskoordinator, der die Angebote von freiwilligen Helfern aus der Region bündeln soll.
Doch auch die Polizei hat einen eigenen Raum im Speichergebäude. Zusammen mit einem Sicherheitsdienst, der tagsüber mit 17 Kräften und nachts mit 14 Kräften vor Ort ist, sollen sie für die Sicherheit sorgen.
» Internet Unter www. augsburgerallge meine.de/neuulm finden Sie eine Multi mediaReportage aus dem Ankerzentrum.