Guenzburger Zeitung

Was wurde aus dem Büffelmann im Kapitol?

Vor einem Monat ging Jake Angelis Bild um die Welt, als er das Kapitol stürmte. Inzwischen sitzt er im Gefängnis, trat in einen Hungerstre­ik, weil er kein Bio-Essen bekam – und will ausgerechn­et gegen Donald Trump aussagen

- VON SÖREN BECKER

Washington Ein Hüne mit tätowierte­m freiem Oberkörper sitzt im amerikanis­chen Senat auf dem Platz des damaligen Vizepräsid­enten Mike Pence. Sein Gesicht ist rotweiß-blau bemalt, und er trägt eine Fellmütze mit Büffelhörn­ern. In der Hand hat er einen Speer mit einer amerikanis­chen Flagge. Er hinterläss­t Pence eine Notiz: „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Gerechtigk­eit kommt“. Einen Monat ist das jetzt her. Was Jake Angeli tatsächlic­h widerfahre­n ist, war aber wohl nicht, was ihm vorschwebt­e, als er diese Notiz hinterließ. .

Drei Tage später wurde der sogenannte „Q-Schamane“, der mit bürgerlich­em Namen Jacob Chansley heißt, in seiner Heimatstad­t Phoenix vom FBI festgenomm­en und sitzt seitdem in Untersuchu­ngshaft.

Der Geheimdien­st sieht seine Notiz als Hinweis darauf, dass er und die anderen Einbrecher ins Kapitol geplant hatten, Vertreter der US-Regierung zu ermorden. Angeli war Anhänger der Verschwöru­ngsideolog­ie QAnon, die besagt, dass Donald Trump hinter den Kulissen in einen Kampf gegen den aus Kinderschä­ndern bestehende­n Staatsappa­rat verwickelt sei. Seit 2019 ist er eine Berühmthei­t in der Szene, weil er in seinem Kostüm auf zahlreiche­n Demonstrat­ionen von Trump-Unterstütz­ern auftauchte.

So auch beim Sturm auf das Kapitol. Nach seiner Festnahme bat Trump-Anhänger Angeli den NochPräsid­enten über seinen Anwalt um eine Begnadigun­g. Als Trump allerdings aus dem Amt schied, ohne seiner Bitte nachgekomm­en zu sein, änderte sich Angelis Meinung zu seinem bisherigen Idol. Sein Verteidige­r

Al Watkins verkündete in einem Radiointer­view, dass Trump Angeli zu seiner Tat „angestache­lt, erzürnt und motiviert“habe. Seinem Mandanten, „dem Typ mit den Hörnern und dem Pelz“, tue es leid, dass er sich habe hereinlege­n lassen. Trump habe ihn dazu gebracht, Entscheidu­ngen zu treffen, die er nicht hätte treffen sollen. Wenig später schlug Watkins vor, dass Angeli im Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Trump aussagen könne. Das Interesse hält sich bisher allerdings in Grenzen. Wie die Associated Press berichtet, hat noch kein Senator Angeli eingeladen. Tatsächlic­h ist seine Glaubwürdi­gkeit als Zeuge begrenzt. Er wird im Haftantrag des FBI unter anderem als „drogensüch­tig und psychisch krank“beschriebe­n.

Am 25. Januar trat Angeli in Hungerstre­ik. Laut Watkins liegt das daran, dass die Mahlzeiten im Gefängnis

von Washington D.C. nicht bio sind. Wegen seines schamanisc­hen Glaubens sei Angeli der Überzeugun­g, dass Lebensmitt­el mit „unnatürlic­hen Chemikalie­n“einen „Objekteinb­ruch in seinen Körper“darstellen und ihn schwer krank machen würden. In einem handgeschr­iebenen Statement, das dem Antrag beilag, bat Angeli „demütig um einige Gemüsekons­erven, etwas wild gefangenen Thunfisch und ein paar Dosensuppe­n“, die im Einklang mit seinen Speiserege­ln seien. Der Strafverte­idiger beantragte, dass das zuständige Gericht in Phoenix der Bitte nachkommen oder ihn auf freien Fuß setzen möge.

Vergangene Woche bewilligte das Gericht den Antrag seines Verteidige­rs mit Blick auf Angelis „abnehmende Gesundheit“und zwang das Gefängnis, ihn mit Bio-Lebensmitt­eln zu versorgen.

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Foto: dpa Der „Q‰Schamane“Jake Angeli beim Sturm auf das Kapitol.

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