Guenzburger Zeitung

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Wie Julia Klöckner aus Versehen twitterte, was sie dachte

- VON MICHAEL STIFTER

Die meisten von uns wissen wahrschein­lich, wie es sich anfühlt. Dieser Moment, in dem man merkt, dass man die Nachricht „Freu mich auf heute Abend. Kuss!“gerade an den Chef geschickt oder eine vertraulic­he Mail an das ganze Adressbuch versendet hat. Schweißper­len, Pulsbeschl­eunigung, hektische Betriebsam­keit – als könne man den Fauxpas noch ausbügeln. Was ungefähr nie gelingt. Insofern bringen wir an dieser Stelle unser Mitgefühl mit dem Team von Julia Klöckner zum Ausdruck. Aber lustig ist es halt schon. Es beginnt mit einer Twitter-Botschaft von Lilly Blaudszun. Nein, die muss man nicht unbedingt kennen, aber das ist quasi Teil des Problems. Die 19-Jährige bezeichnet die Landwirtsc­haftsminis­terin jedenfalls als „Totalausfa­ll“. Klöckner oder wohl eher die Leute, die ihr Twitter-Profil betreuen, denken über eine geeignete Reaktion nach – und entscheide­n sich für eine ungeeignet­e.

„Wir haben es gesehen, aber ob wir dieser jungen SPDlerin zur Aufmerksam­keit verhelfen sollen – Ball ausrollen lassen …“, lautet die Devise, die den Ball erst ins Rollen bringt, weil sie versehentl­ich als

Antwort auf Twitter veröffentl­icht wird. Schweißper­len, Pulsbeschl­eunigung, hektische Betriebsam­keit. Das bringt uns zur Frage, wie es klingt, wenn Politiker öfter schreiben, was sie wirklich denken? Anstatt Vielen Dank für Ihre Kritik, die ich sehr ernst nehme heißt es dann: Sie nerven! Aus Dieser Rücktritt verdient Respekt wird: Das wurde auch Zeit! Statt Wir nehmen das gelassen zur Kenntnis heißt es: Das darf doch nicht wahr sein! Und aus Es geht hier nicht um meine Person wird: Und was soll aus mir werden? Eigentlich ganz erfrischen­d, oder? Aber wir müssen jetzt trotzdem mal Schluss machen – und dem Chef die Sache mit dem Kuss erklären.

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Foto: dpa

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