Extremer wohnen
Wie sich vermeintliche Ladenhüter besser verkaufen lassen
Kleine Frühsportübung, sagen wir für Männer mit durchschnittlicher Körpergröße. Schmalste Stelle im Haus aufsuchen, flach auf den Boden legen, mit den Füßen an einer Wand. Sollte jetzt der Kopf unsanft die gegenüberliegende Raufasertapete touchieren oder selbige schon auf Höhe Hals entgegenkommen, schnell zum Telefon greifen, einen Luxusmakler anrufen und den Ruhestand in der Karibik vorbereiten. Der Wahnsinn am Immobilienmarkt macht alles möglich.
Das Objekt sollte halt nur extrem sein, um extrem viel Geld verlangen zu können. Kurioserweise ist extrem klein extrem lukrativ. Neulich wechselte ein Sieben-Quadratmeter-Haus in Bremen für 77 777 Euro den Besitzer. Jetzt steht Londons schmalste Wohnimmobilie zum Verkauf. Das Gebäude im Stadtteil Shepherd’s Bush ist etwa acht Meter lang und – tataaa – im Erdgeschoss nur 1,60 Meter breit. Da hat der Kopf eben keinen Platz mehr, wenn sich der Durchschnitts-Londoner mal querlegen will. Weitere Details: im Erdgeschoss außer Küche keine, im ersten Stock außer Bad keine, zweiter Stock Schlafzimmer, Besonderheit: erreichbar nur durch eine Klappluke. Ach, fast vergessen, der Preis: 950000 Pfund, also 1,1 Millionen Euro, weil „schick und schön und individuell“, sagt der Makler.
Psst, an alle Hausbesitzer in unattraktiven Lagen: Einfach neu und extrem denken, dann wird das schon mit dem Verkauf und der Karibik. Das dunkelste Haus in Darmstadt, das lauteste Haus in Ludwigshafen, das schmutzigste Haus in Schwerte – gut vermarktet, geht weg wie nix. Oder das hässlichste Haus in Hagen, 1,50 Meter hohe Decken, Klo auf dem Hof. Schick, schön, individuell.