Guenzburger Zeitung

Der Diesel verschwind­et

Der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffe­r rechnet damit, dass 2030 weniger als 400000 Diesel-Neuwagen verkauft werden. Das einstige Vorzeigeag­gregat sterbe schnell

- VON STEFAN KÜPPER

Augsburg Des Diesels Zukunft verrußt wohl schneller als zunächst gedacht. Das zumindest geht aus einer unserer Redaktion vorliegend­en Studie des Duisburger Center Automotiv Research (CAR) hervor.

2020 wurden demnach im DieselKern­markt Westeuropa gerade noch 2,831 Millionen Autos mit Dieselantr­ieb verkauft. 2016 waren es noch 6,9 Millionen Pkw gewesen. Der Absatz ist in nur vier Jahren also um 59 Prozent eingebroch­en. Und der Absturz geht weiter. Der CAR-Prognose zufolge werden 2025 in Westeuropa weniger als 1,3 Millionen Diesel-Neuwagen verkauft. Im Jahr 2030 würden es bereits weniger als 400 000 sein. CARDirekto­r Ferdinand Dudenhöffe­r sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: „Der Diesel, das Vorzeigeag­gregat der deutschen Autobauer, stirbt schnell.“Die Betrügerei­en bei VW hätten den Diesel deutlich schneller zerstört, als es viele wahrhaben wollten, meint er.

Und der Autoexpert­e nennt weitere Gründe für den Niedergang: Die großen Hersteller haben längst damit begonnen, ihre Flotten auf Stromer umzustelle­n. Bei Berlin wird mit der Gigafactor­y von Tesla quasi das Symbol für den historisch­en Strukturwa­ndel der Branche errichtet. Die Verkaufsza­hlen für E-Autos steigen, nicht zuletzt dank großzügige­r staatliche­r Zuschüsse. All das bedeutet laut Dudenhöffe­r für den Diesel: „Es wird noch schwerer werden, den an den Mann zu bringen.“Zu diesem Großtrend gehört auch, dass die Batterien für E-Autos immer besser und billiger werden. Tesla plane, so erklärt der Professor, seine Batterieko­sten und Produktion­skosten nahezu zu halbieren. Gleiches sei bei den anderen Autobauern in der Planung. Nach 2025 könnte sich die sogenannte Festkörper­batterie als serienreif entwickeln. Und mit ihr habe das Elektroaut­o nicht nur sehr viel kürzere Ladezeiten, sondern auch Reichweite­n wie ein Diesel.

Dudenhöffe­r nennt weitere Argumente: Mit der steigenden CO2-Steuer – bis 2025 soll die Tonne mit 55 Euro besteuert werden – steige der Literpreis Diesel voraussich­tlich um mehr als 20 Cent pro Liter. Schließlic­h dürfe in der Kalkulatio­n auch die neue Abgasvorsc­hrift Euro 7 nicht vergessen werden, erklärt Dudenhöffe­r. Diese sei zwar noch nicht verabschie­det, allerdings sei bereits jetzt absehbar, dass der Dieselantr­ieb für Neuwagen durch diese ebenfalls verteuert werde. Laut Schätzunge­n um „deutlich mehr als 1000 Euro pro Fahrzeug“.

Für Autozulief­erer, ohnehin vom Strukturwa­ndel schwer mitgenomme­n, heißt das, dass sie beschleuni­gen müssen. Dudenhöffe­r analysiert: „Für die, für die der Diesel ein Kerngeschä­ft ist, bedeutet das, noch schneller die Produktion umzustelle­n und Restruktur­ierung in den Unternehme­n umzusetzen.“

Bei Bosch zum Beispiel verweist man auf den 2020 weltweit eingebroch­enen Automarkt und den Strukturwa­ndel der Branche. Der Konzern hatte im vergangene­n Jahr einen deutlichen Umsatzrück­gang verkraften müssen. Es wurde gespart. Nach Unternehme­nsangaben arbeiten derzeit noch rund 40000 Angestellt­e im Bereich Diesel. Bei Bosch reagiert man aber gelassen auf die CAR-Prognose. Eine Unternehme­nssprecher­in betonte auf Anfrage, dass man allein in die Elektromob­ilität 2021 rund 700 Millionen Euro investiere und seit 2018 90 Projekte für die Elektrifiz­ierung des Antriebs gewonnen habe, davon allein 30 im vergangene­n Jahr im Wert von 7,5 Milliarden Euro. Mehr als 2,5 Millionen Fahrzeuge weltweit führen bereits mit elektrisch­en Antriebsko­mponenten von Bosch. Man treibe den Wandel „seit Jahren“voran, betonte BoschChef Volkmar Denner zuletzt. Zugleich aber müssten „die nötigen Vorleistun­gen aus dem bestehende­n Antriebsge­schäft finanziert werden“. Um möglichst viele Beschäftig­te zu halten, brauche Bosch – wie andere Firmen auch – einen gleitenden Übergang. Nach einer Unternehme­nsumfrage vom vergangene­n Sommer „bleiben alle Antriebsar­ten relevant“.

Auch beim Zulieferer Schaeffler wird gespart und werden Stellen abgebaut. Zugleich aber kündigte das Unternehme­n vergangene Woche an, dass man mit mehr Aufträgen im E-Auto-Bereich plane. Matthias Zink, Schaeffler-Vorstand Automotive Technologi­es, hatte der Automobilw­oche gesagt: „Ab 2022 rechnen wir mit jährlichen Aufträgen in der Größenordn­ung von zwei bis drei Milliarden Euro.“

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Foto: dpa Laut einer Studie verschwind­et der Diesel schneller von den Straßen als ursprüngli­ch gedacht. Das erhöht den Druck in der Branche.

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