Bauern entzünden Mahnfeuer
Durch das geplante Insektenschutzgesetz sehen sich die Landwirte massiv eingeschränkt. Obmann und Geschäftsführer des Günzburger Bauernverbands sprechen über mögliche Folgen
Landkreis Nach Berlin schauen am Mittwoch Millionen, weil es in einer weiteren Corona-Runde der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten um eine wahrscheinliche Fortsetzung des Lockdown, aber auch um einen Perspektivplan geht.
Nach Berlin werden auch die Bauern aus dem Landkreis Günzburg blicken – wegen Corona, vor allem aber wegen eines neuen Insektenschutzgesetzes („Aktionspaket Insektenschutz“), über das die Regierung entscheidet. Geht es nach dem Willen von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), sollen die Bewirtschaftung oder notwendiger Pflanzenschutz auf 800.000 Hektar in Bayern – und damit auf mehr als 25 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche – verboten oder massiv eingeschränkt werden.
Die Bauern haben am Montagabend mit Mahnfeuern auf ihren Höfen gegen die drohenden Einschränkungen protestiert. Matthias der Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) in Günzburg, weiß von mindestens 60 Mahnfeuern im Landkreis. „Die Zahl dürfte aber höher liegen.“
„Wir brennen nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für die Artenvielfalt und den Umweltschutz. Das zeigen auch die Zahlen in Bayern: Auf mehr als der Hälfte der Bauernhöfe und rund 40 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche wird nach den Vorgaben der Agrarumweltprogramme gewirtschaftet“, teilt Stephan Bissinger (Ichenhausen), Kreisobmann des BBV Günzburg, mit.
Doch die von Bundesumweltministerin Schulze vorgeschlagenen Maßnahmen hätten insbesondere dort gravierende Auswirkungen auf die Landwirtschaft, wo Bauern in FFH-, Vogelschutz- und Naturschutzgebieten wertvollen Lebensraum für Pflanzen und Tiere geschaffen haben, ihn mit ihrer Arbeit pflegen und erhalten. Im Landkreis Günzburg wären nach BBV-Angaben durch die neuen Einschränkungen in Naturschutzgebieten, Streuobstflächen, FFH- und Vogelschutzgebieten, an Gewässern und auf artenreichem Grünland rund 3500 Hektar landwirtschaftliche Fläche betroffen.
Allein das FFH-Gebiet Mindeltal erstreckt sich südlich von Pfaffenhausen (Landkreis Unterallgäu) bis Balzhausen auf über 2600 Hektar. Das werde von Landwirten intensiv bewirtschaftet und habe seine Qualität erst dadurch erfahren, sagt Letzing und fügt hinzu: „Die geplante Gesetzesänderung hat nichts mit Naturschutz oder Insektenschutz zu tun.“Bestimmtes Beikraut in einer Wiese (Letzing nannte auf Nachfrage den Hahnenfuß und den Bärenklau als Beispiele) unterdrücke den Gras- und Krautaufwuchs. „Damit wird der Artenreichtum eingeschränkt.“Man könne dann nur noch mechanisch tätig werden. „Und wer tut das noch?“
Die Bauern hätten unter der Auflagenflut besonders in den vergangenen zwei Jahren zusehends zu leiLetzing, den, sagt der BBV-Geschäftsführer. „Das packen die Betriebe nicht mehr. Eine wettbewerbsfähige Bewirtschaftung ist nicht mehr möglich bei 30 Hektar durchschnittlicher Betriebsgröße im Landkreis Günzburg.“Bayernweit sei es mit etwas über 25 Hektar noch weniger.
Ungefähr 1100 Landwirte gibt es derzeit im Kreis Günzburg noch, Tendenz sinkend. Sieben von zehn Bauern gehen ihrer Arbeit ohnehin im Nebenerwerb nach. „Wir brauchen Kooperation statt neuer Verbote. Denn Naturschutz geht nur mit uns Bäuerinnen und Bauern“, ergänzt BBV-Obmann Bissinger.
Schulzes Parteigenosse, der örtliche Wahlkreisabgeordnete KarlHeinz Brunner, hatte Letzing zufolge nach einem Gespräch mit dem Bauernverband im Hebst „vollstes Verständnis“für die Landwirte signalisiert und gesagt, dass hier nachgebessert werden müsse. Doch davon sei nichts zu spüren gewesen. Die Betroffenheit in der Bauernschaft, so Letzing, ist nicht nur im Kreis Günzburg groß. (mit zg)