Guenzburger Zeitung

Boshafte Wolken über den Dolomiten

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger‰allgemeine.de

Kampflos wollte das Wetter dann doch nicht das Spielfeld räumen. Wo kämen wir auch hin, wenn jedes daher gelaufene Virus plötzlich darüber bestimmte, was passiert oder auch nicht. Also schneite es erst, dann kamen tief hängende Wolken dazu und noch mal eine Prise Schnee – schwups war alles zusammenge­rührt für ein ordentlich­es Durcheinan­der bei der alpinen Ski-WM im italienisc­hen Cortina d’Ampezzo. Am Mittwoch, immerhin schon Tag drei der Titelkämpf­e, war noch kein einziger Titel vergeben. Dafür soll es nun am Donnerstag losgehen. Mit gleich zwei Entscheidu­ngen, denn irgendwann müssen ja all die Rennen gefahren werden, die das straffe Programm den Fahrern aufbürdet.

Die dürften nun gehörig ins Schwitzen kommen, denn der Weltverban­d Fis hat sich dem allgemeine­n Trend angeschlos­sen, in möglichst vielen verschiede­nen Diszipline­n WM-Titel zu vergeben. Jedes Rennen lässt sich den Sponsoren als Werbeplatt­form verkaufen, die Fernsehsta­tionen zahlen für die Übertragun­gsrechte auch den ein oder anderen Euro und schon platzt der Kalender aus allen Nähten.

Immerhin: Das miese Wetter hat es geschafft, das Coronaviru­s zumindest kurzfristi­g aus den Schlagzeil­en dieser WM zu vertreiben. Fast könnte man den Eindruck von Normalität gewinnen, denn der Winterspor­t ist seit jeher von den äußeren Bedingunge­n abhängig. Entweder hat es zu wenig oder zu viel Schnee, ist es zu warm oder zu kalt, weht der Wind zu stark oder aus der falschen Richtung, ist die Sicht zu schlecht oder sonst irgendwas. In den italienisc­hen Zeitungen lassen die Kollegen ihren Gefühlen freien Lauf, schreiben von einer kleinen, aber boshaften Wolke, die sich da über der Strecke verhakt habe. Oder: „Diese WM scheint verwunsche­n zu sein.“

So richtig spannend wird es aber doch erst, wenn derartige Wetterkapr­iolen mit der Pandemie zusammenar­beiten. Denn das Chaos wäre perfekt, würde jetzt auch noch das Virus einen Weg in eine der vier Blasen in Cortina finden. Am leichteste­n zu verschmerz­en wäre ein derartiger Einbruch vermutlich noch in der gelben Blase der Medienvert­reter. Entscheide­nd für den Geldfluss ist nur die Produktion der Fernsehbil­der und dafür werden sich schon ein paar negativ Getestete finden. Viel dramatisch­er wären Positiv-Fälle in der Sportler-Blase. Ausschließ­en lässt sich das trotz aller Vorsichtsm­aßnahmen nie.

Klar ist also, dass diese WM schon eine komplizier­te ist und noch komplizier­ter werden könnte. Immerhin: Die Wetterauss­ichten verspreche­n Besserung. Es sei denn, eine boshafte Wolke beschließt, sich an den Dolomiten zu verhaken.

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