Guenzburger Zeitung

AWO prüft Konsequenz­en gegen Heimleiter

Auch die Stadt Augsburg erwägt rechtliche Schritte. Patientens­chützer fordern Minister zum Einschreit­en auf

- VON JÖRG HEINZLE UND MICHAEL POHL

Augsburg Die Schlagzeil­en über Manipulati­onen bei Corona-Impfungen in Heimen der Arbeiterwo­hlfahrt mache „die schwäbisch­e AWO-Familie fassungslo­s“. In einem internen Schreiben an Mitarbeite­r der Wohlfahrts­organisati­on reagierte die schwäbisch­e AWOVorsitz­ende Brigitte Protschka, die vor wenigen Tagen ihr Amt angetreten hat, auf Enthüllung­en unserer Zeitung, wonach ein Leiter und eine Chefin von Augsburger AWO-Heimen ihre Lebenspart­ner auf Listen für die mobilen Impfteams schmuggelt­en, die in den Einrichtun­gen Heimbewohn­er und Altenpfleg­epersonal geimpft haben.

Man werde die „in der Presse ausgebreit­eten Details“, so schreibt Protschka, „intern sehr genau ansehen und sachgerech­t aufklären“. Und, so fügt die AWO-Vorsitzend­e hinzu: „Je nach Ausgang dieser Klärung werden wir auch unmittelba­r und konsequent handeln“, dies könne „auch personelle Konsequenz­en zur Folge haben“.

Die ehrenamtli­che AWO-Vorsitzend­e ist mit ihrer Vereinsfüh­rung Dienstherr­in des hauptamtli­chen Vorstandsc­hefs Dieter Egger, der am Tag zuvor behauptet hatte, in den Heimen seien Dritte nur mit angeblich übrig gebliebene­m Impfstoff geimpft worden. Eine Darstellun­g, die von der Stadt Augsburg nach Prüfung der Impfunterl­agen als unwahr zurückgewi­esen wurde. In einer Presseerkl­ärung stellte sich Protschka und ihr langjährig­er Vorgänger Heinz Münzenried­er dennoch hinter Egger und verteidigt­e dessen Impfung in einem Friedberge­r AWO-Seniorenhe­im ausdrückli­ch, da der Geschäftsf­ührer in AWO-Heimen oft vor Ort sei. Egger hatte seine Impfung jedoch nicht damit, sondern mit übrig gebliebene­m Impfstoff begründet.

Diese Verteidigu­ng höre man oft bei umstritten­en Impfungen, sagt der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientens­chutz, Eugen Brysch, unserer Redaktion. „Doch Tatsache ist, dass sich selbst die temperatur­empfindlic­hsten Seren nach ihrer Aufbereitu­ng noch mehrere Tage gekühlt sicher lagern lassen“, erklärt er.

Der Patientens­chützer fordert nach den Enthüllung­en über die umstritten­en Impfungen Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) auf, Impfmissbr­auch unter Strafe zu stellen. „Während Falschpark­en bestraft wird, ist unberechti­gtes Impfen nicht mal eine Ordnungswi­drigkeit“, kritisiert Brysch. „Deshalb ist es unverständ­lich, dass Jens Spahn bis heute keine Sanktionen für unberechti­gte Impfungen in seiner Verordnung vorsieht.“

Die Stadt Augsburg reagiert bereits auf die Vorfälle in den Heimen von Caritas und AWO. Die mobilen

Teams sollen bei Terminen vor Ort nun die dort gemachten Angaben „umfangreic­her prüfen“, kündigt der städtische Gesundheit­sreferent Reiner Erben (Grüne) an. Hierzu werde nun der Prozess überarbeit­et. Bisher war man bei der Stadt davon ausgegange­n, sich darauf verlassen zu können, dass die Heimträger nur berechtigt­e Personen impfen lassen.

Die Impfungen in den Augsburger Pflegeheim­en sind zwar abgeschlos­sen, nun stehen aber noch größere Impfaktion­en in anderen Einrichtun­gen an, etwa in Betreuungs­einrichtun­gen für behinderte Menschen oder in betreuten Wohnanlage­n. Die Stadt Augsburg hatte bereits vor Bekanntwer­den der Fälle erwogen, bei Impf-Drängelei auch rechtliche Schritte einzuleite­n. Ob das nun geschieht, ist aber noch offen. Zunächst werde der Sachverhal­t geprüft, so Gesundheit­sreferent Erben.

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Foto: Storch Im Friedberge­r Seniorenhe­im ließ sich AWO‰Chef Egger impfen.

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