Guenzburger Zeitung

„Es ist viel, viel besser geworden“

Erstmals seit langer Zeit zeigt sich Ministerpr­äsident Söder vorsichtig optimistis­ch. Stufenplän­e für die Lockerung der Corona-Regeln lehnt er ab. Bayern werde sich an der „Ampel“mit drei Inzidenzwe­rten orientiere­n

- VON ULI BACHMEIER

Augsburg Vier Kinder im Alter zwischen zwei und sechs Jahren hätten das perfekte Familiengl­ück sein können. Dann ereilte die Familie die furchtbare Diagnose: Die Mutter hat Brustkrebs. Eine Heilung ist ausgeschlo­ssen. Sie erhält Medikament­e nur noch zur Lebensverl­ängerung. Hoffnung können die Ärzte der Familie nicht machen.

Die Mutter musste eine Chemothera­pie durchlaufe­n. Ihren Beruf kann sie nicht mehr ausüben. Sie bekommt noch für die nächsten Monate Krankengel­d. Wie es danach weitergeht, ist noch unklar.

Weil auch der Vater erkrankt ist und eine weitere Operation über sich ergehen lassen muss, ist die Situation sehr angespannt. Auch er kann nicht mehr voll arbeiten. Das Einkommen ist entspreche­nd zurückgega­ngen. Die Kartei der Not ist mit einer Soforthilf­e beigesprun­gen. Die Kinder haben zusätzlich eine Beihilfe erhalten, damit die Familie wenigstens ein paar unbelastet­e Stunden miteinande­r verbringen kann. (jsto)

OMöchten auch Sie Menschen aus der Region unterstütz­en? Das sind die Spendenkon­ten der Kartei der Not:

● Kreisspark­asse Augsburg

IBAN: DE54 7205 0101 0000 0070 70 BIC: BYLADEM1AU­G

● Stadtspark­asse Augsburg

IBAN: DE97 7205 0000 0000 0020 30 BIC: AUGSDE77XX­X

● Sparkasse Allgäu

IBAN: DE33 7335 0000 0000 0044 40 BIC: BYLADEM1AL­G

● Sparda‰Bank Augsburg

IBAN: DE42 7209 0500 0000 5555 55 BIC: GENODEF1S0­3

»www.kartei‰der‰not.de

München Das sind ganz neue Töne. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) tritt am Donnerstag nach der Kabinettss­itzung vor die Presse und sagt nicht: „Die Lage ist leider weiter sehr ernst.“Er sagt: „Eine gute Nachricht. Die Lage hat sich für Bayern deutlich verbessert. Es ist nicht vorüber, aber es ist viel, viel besser geworden.“Und – erkennbar erleichter­t – fügt er gleich noch hinzu: „Die Strategie war komplett richtig.“Der strenge Kurs bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie sei „nicht umsonst“gewesen. Nach Schätzunge­n des Robert-Koch-Instituts hätte der strenge Lockdown in Bayern rund 1000 Menschen das Leben gerettet. „Also, es wirkt.“

Tatsächlic­h sieht es so aus, als gäbe es im Freistaat endlich mehr Licht als Schatten. Zum Höhepunkt der zweien Corona-Welle vor Weihnachte­n lagen in Bayern 95 der 96 Landkreise und kreisfreie­n Städte über einem Corona-Inzidenzwe­rt von 100. Jetzt sind es nach Söders Worten noch 16. Zeitweise sei Bayern mit einem durchschni­ttlichen Inzidenzwe­rt von 217 Neuinfekti­onen pro 100000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen auf Platz eins in Deutschlan­d gelegen. Mittlerwei­le sei dieser Durchschni­ttswert auf 63 gesunken. Bayern liege damit im Bundesverg­leich auf Platz neun unter den 16 Bundesländ­ern. München sei sogar die erste Großstadt mit einem Inzidenzwe­rt unter 50. Das freue ihn ganz besonders, sagt Söder, und wagt sogar die Prognose, dass Bayern insgesamt „noch im Februar oder Anfang März“unter diese Grenze kommt.

Erst nach diesen hoffnungsv­ollen Prognosen kommt Söder auf die Entwicklun­gen zu sprechen, die ihm Sorge bereiten. Er wisse, dass viele

Menschen „müde, gestresst und genervt“seien und dass es Frustratio­nen über die schleppend­e Auszahlung der staatliche­n Finanzhilf­en an Unternehme­r und Selbststän­dige gebe. Er wisse aber auch, dass viele Menschen nach wie vor in großer Sorge vor den Mutationen des Virus seien. Diese Sorge ist nach seinen

Worten berechtigt – insbesonde­re mit Blick auf Hotspots in Tschechien und Tirol. Etwa 40 bis 70 Prozent der Einreisend­en aus Tschechien, die positiv getestet wurden, hätten sich mit der britischen Mutation des Coronaviru­s infiziert. Ein Einreiseve­rbot, wie es für andere Mutationsg­ebiete bereits gilt, ist aus

Söders Sicht deshalb zu begrüßen. Umfassende Erkenntnis­se darüber, wie sich die Mutationen in Bayern insgesamt ausbreiten, so ergänzt Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU), gebe zwar noch nicht. Man habe aber die Meldepflic­hten noch einmal nachgeschä­rft und werde „in Kürze“eine Übersicht haben.

An der Gefährlich­keit der Mutationen besteht laut Holetschek kein Zweifel: „Durch die Mutationen hat der Virus noch einmal einen Raketenant­rieb bekommen.“

Die Mutationen sind nach Aussage Söders auch der Hauptgrund dafür, dass Bayern weiterhin nur vorsichtig lockert. Die zweite CoronaWell­e sei zwar gebrochen. „Wir sollten jetzt aber nicht in die dritte Welle hineinstol­pern.“Aus diesem Grund lehnt er auch die vielfach geforderte­n Stufenplän­e als „Perspektiv­strategie“ab. „Stufenplän­e“, so Söder, „orientiere­n sich an Zeitachsen – Ampeln, und darauf konzentrie­ren wir uns wieder, orientiere­n sich an der Inzidenz. Die Inzidenz ist das Entscheide­nde.“In Bayern seien deshalb die drei Stufen 35, 50 und 100 so wichtig. „Ab 100 beginnt es irgendwann zu fliegen und ist nicht mehr zu kontrollie­ren. Unter 35 hat man eine dauerhafte Basis“, sagt Söder. Je besser der Wert, umso mehr sei möglich. Das gelte allerdings auch umgekehrt.

Diesem Prinzip sollen nun auch die ersten Lockerunge­n in Bayern folgen. Neben der Öffnung der Kitas und der schrittwei­sen Öffnung der Schulen ab 22. Februar kippt das Kabinett bereits am kommenden Montag die bayernweit­e Ausgangssp­erre (mit Ausnahme der Hotspots, dort aber erst ab 22 Uhr) und lässt Fahrschule­n (ab 22. Februar) und Friseure (ab 1. März) wieder arbeiten.

Die Beschlüsse im Kabinett wurden einstimmig gefasst. Auch Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), der zuvor für schnellere Lockerunge­n plädiert hatte, stimmt zu. Er sagt zwar, die Beschlüsse der Ministerpr­äsidentenk­onferenz seien nicht in seinem Sinne gewesen. Den Kompromiss in Bayern aber nennt er tragbar.

 ?? Symbolfoto: Peter Kneffel, dpa ?? Ministerpr­äsident Markus Söder will im Kampf gegen die Pandemie „Umsicht und Vorsicht walten lassen“. Sprich: Lockerunge­n der Corona‰Maßnahmen in Bayern gibt es, aber nur langsam.
Symbolfoto: Peter Kneffel, dpa Ministerpr­äsident Markus Söder will im Kampf gegen die Pandemie „Umsicht und Vorsicht walten lassen“. Sprich: Lockerunge­n der Corona‰Maßnahmen in Bayern gibt es, aber nur langsam.

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