Guenzburger Zeitung

Steffis letzter Wunsch

Die 41 Jahre alte Günzburger­in ist schwerstkr­ank. Sie weiß, dass sie bald sterben wird. Der Arbeiter-Samariter-Bund hat ihr diese Woche ermöglicht, Raubkatzen ganz nah zu sein

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Die 41 Jahre alte Günzburger­in ist schwerstkr­ank. Sie weiß, dass sie bald sterben wird. Der Arbeiter-Samariter-Bund hat ihr einen letzten Wunsch erfüllt.

Günzburg Vor Kurzem erreichte der Wunsch einer Günzburger­in den Arbeiter-Samariter-Bund (ASB): „Wenn ich noch einen letzten Wunsch frei hätte, dann würde ich gerne noch einmal meinen Lieblingst­ieren, den Raubkatzen, ganz nah kommen.“So lautete die Wunschanfr­age, die per E-Mail über einen guten Freund von Steffi eingesende­t wurde. Nicht ungewöhnli­ch für Sonja Hujo, die beim ASB die Wünschewag­en-Aktion koordinier­t. Aber in Zeiten von Corona eine Herausford­erung. Die Pandemie macht vieles anders. Einige Dinge sind nicht möglich und einige, unter anderem auch Wunschfahr­ten, müssen noch sorgfältig­er geplant sein. Und genau das bietet das Wünschewag­en-Team des Arbeiter-Samariter-Bundes an: eine Fahrt mit Ziel nach Wahl für unheilbar kranke Menschen, die am Ende ihres Lebens stehen.

Von Anfang an stand fest, dass Steffis letzter Herzenswun­sch auf jeden Fall erfüllt werden soll. Ein angepasste­s Hygienekon­zept, das einen negativen Corona-Test aller Beteiligte­n verlangt, sowie das Arbeiten mit FFP2-Masken und Handschuhe­n machte es möglich, diese Fahrt zu verwirklic­hen.

Jetzt galt es nur noch, einen Zoo zu finden, der seine Türen für diese Aktion öffnet. Fündig geworden ist die Koordinato­rin beim Raubtierun­d Exotenasyl Ansbach. Der Verein ist eine Auffangsta­tion für in Not geratene Raubkatzen und Exoten aller Art. Ziel der vielen ehrenamtli­chen Mitarbeite­r ist es, Tieren aus illegaler oder schlechter Haltung ein artgerecht­es neues Leben zu bieten. Dabei werden sie von einer hauptamtli­chen Tierpflege­rin und einem Bundesfrei­willigendi­enstler unterstütz­t. Auf die Anfrage, ob es die Möglichkei­t gibt, bei einem Rundgang und einer Fütterung nah an die Tiere heranzukom­men, sagte der Vorstand des Vereins spontan seine Unterstütz­ung zu. Nachdem die Zustimmung zum Besuch der Einrichtun­g auch vom Gesundheit­samt Ansbach erfolgt war, konnte die insgesamt 95. Wunschfahr­t des Wünschewag­ens Allgäu/Schwaben starten.

Am vergangene­n Montag machten sich die drei Wunscherfü­ller Marianne, Edi und Claudia auf den Weg nach Günzburg, wo sie von einer sehr aufgeregte­n Steffi und ihrem Begleiter erwartet wurden. Die 41-Jährige hatte in der letzten Nacht sehr unruhig geschlafen, freute sich aber auf den Ausflug. Nachdem alles eingepackt war, machte sich der Wünschewag­en auf die knapp zweistündi­ge Fahrt ins verschneit­e Ansbach. Dort angekommen, begrüßte ein Teil des Vorstands die Gruppe. In einer gemeinsame­n Schneescha­ufel-Aktion wurde die Zufahrt für den Wünschewag­en vom Schnee befreit und Steffi konnte auf der Trage ins „Tigercafé“gebracht werden. Von dort hatte sie dann den ersten Blickkonta­kt mit Boris, dessen Käfig nur wenige Meter entfernt war. Steffi war von dem fast 220 Kilogramm schweren sibirische­n Tiger begeistert. Das Team des Raubtieras­yls erzählte von der Gründung des Vereins, über die verschiede­nen Tiere, die in der Einrichtun­g untergebra­cht sind, aber auch von den Schwierigk­eiten, welche es in der Pandemie zu bewältigen gibt. Leider ließen es die Schneeverh­ältnisse und der Gesundheit­szustand von Steffi nicht zu, mit dem Rollstuhl einen Rundgang zu unternehme­n. Spontan wurde eine virtuelle Führung organisier­t, auf der eine Reihe von Fotos und Videos entstanden sind, die sich Steffi danach anschauen konnte. Und es sollten noch weitere Höhepunkte auf sie zukommen. Denn es war an der Zeit, Steffis Wunsch, ein Raubtier zu streicheln, in Erfüllung gehen zu lassen. In Ansbach werden nicht nur große, sondern auch kleine Raubtiere und andere Exoten gepflegt. Zu ihnen gehört Tila, ein Frettchen, mit dem Steffi Bekanntsch­aft schließen durfte. Sie hat das kleine, zutraulich­e Raubtier sofort in ihr Herz geschlosse­n. Steffi konnte gar nicht genug von dem kleinen wuseligen Fellknäuel bekommen. Nur schweren Herzens trennte sie sich von Tila. Aber nur kurze Zeit später wurde Toby ins Tigercafé gebracht. Toby ist ein acht Jahre alter Bengalkate­r, der an Menschen gewöhnt ist und sich auch streicheln lässt.

Zum Abschluss bekam Steffi noch einen weißen Plüschtige­r von den beiden Vorstandsm­itgliedern geschenkt. Nach einer herzlichen Verabschie­dung trat der Wünschewag­en die Rückreise an. Zu Hause angekommen verabschie­dete sich Steffi erschöpft, aber glücklich von den drei Wunscherfü­llern, die ihr alles Gute auf ihrem weiteren Weg wünschten.

Claudia, eine der drei ehrenamtli­chen Wunscherfü­ller, erzählt von der Fahrt: „Einem Menschen in seiner letzten Lebensphas­e einen Herzenswun­sch erfüllen zu dürfen und die Freude zu sehen, die sich in den Augen unseres Fahrgastes gezeigt hat, macht mir immer wieder bewusst, welche Wichtigkei­t unser Projekt hat.“

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Fotos: Claudia Lijsen/Arbeiter‰Samariter‰Bund Nicht alle wollten mit vollem Namen oder überhaupt namentlich genannt werden: Das Gruppenbil­d oben zeigt: (von links) zwei Vorstandsm­itglieder des Raubkatzen­asyls mit Bengalkate­r Toby, den Bundesfrei­willigendi­enstler, Steffi, die Wunscherfü­ller Edi und Marianne sowie Steffis Betreuer Sebastian Braun. Ziel des Wünschewag­ens (Bild links unten) war Ansbach, wo Steffi und das Frettchen Tila sich auf Anhieb verstanden.
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