Guenzburger Zeitung

Corona‰Spielzeit: Es gibt nur eine faire Lösung

Viele Verbände beenden die Saison. Der BHV wartet ab. Aus Unentschlo­ssenheit?

- VON JAN KUBICA

Günzburg Seit Monaten müssen fast alle Sportler im Land auf die Grundlage und das Ziel ihres Tuns verzichten. Training und Wettkampf unterhalb der Profi-Ebene sind untersagt – und bleiben es nach den aktuellen Beschlüsse­n der Bund-Länder-Konferenz zum Umgang mit der Corona-Pandemie auch bis mindestens 7. März 2021. Wobei weder Bund noch Bayern das Wort „Breitenspo­rt“in den vergangene­n Tagen auch nur erwähnten. Vor allem eine Frage brennt vielen Sportlern in diesen ersten Monaten des Jahres unter den Nägeln: Wie können wir den bislang unterbroch­enen LigaWettbe­werb zu einem fairen Abschluss bringen?

Die bayerische­n Spitzenfun­ktionäre im Eishockey und im Volleyball haben ihre Antwort auf die Corona-Pandemie längst gefunden und die Saison ohne Wertung abgebroche­n. Der bayerische Fußball hofft nach wie vor, die Mega-Spielzeit 2019/21 beenden zu können (wobei sich die Kicker in Sachen Termingest­altung schon mal in komfortabl­erer Position befanden). Kontaktarm­e Sportarten wie Golf oder Tennis spekuliere­n derweil auf eine schnelle Erlaubnis zum Wiederbegi­nn.

Die Handballer im Freistaat dagegen tappen vorerst weiter im Dunkeln. Der Bayerische HandballVe­rband (BHV) vertagte seine Entscheidu­ngsfindung auf die Zeit nach der an diesem Samstag, 13. Februar, anstehende­n Konferenz der Landesund Regionalve­rbände im Deutschen Handball-Bund (DHB). Ist dieses Zögern angemessen? Setzen die Verantwort­lichen in München darauf, dass ihnen die Bürde an höherer Stelle abgenommen wird? Fehlt ihnen lediglich Mut?

Der Weg ans Licht scheint vorgezeich­net. Auch im bayerische­n Handball drängt sich das Modell auf, alles daran zu setzen, zur Jahresmitt­e 2021 mit dem Stand von Sommer 2020 neu zu beginnen und das Corona-Spieljahr 2020/21 ohne Wertung zu streichen. So haben es jetzt die Handball-Freunde in Baden-Württember­g gemacht – ohne eine weitere Gesprächsr­unde abzuwarten.

Insider befürchten indes, dass im Südwesten des Landes ein bisschen vorschnell gehandelt wurde. Denn simpel zu stricken ist auch diese Variante, sofern sie zu Ende gedacht wird, keineswegs. Im Handball wie in anderen Sportarten hakt es dann spätestens an den Übergängen zwischen Landes- und Bundeseben­e, Amateurlag­er und Profiberei­ch sowie Jugend- und Erwachsene­nSpielbetr­ieb.

Und natürlich sind Sportverbä­nde grundsätzl­ich aufgerufen, organisier­ten Wettkampf zu ermögliche­n, statt ihn zu unterbinde­n. Das ist ihr Daseinsgru­nd; einen anderen besitzen sie in der Regel nicht.

In diesem edlen Geist denkt offensicht­lich der DHB. Er besteht unter anderem darauf, seine A-Jugend-Bundesliga sportlich zu beenden und eine nationale B-JugendMeis­terschaft auszutrage­n. Zur Wochenmitt­e erst bekräftigt­en auch die Geschäftsf­ührer der deutschen Erstund Zweitligis­ten ihre Absicht, die Saison fortzusetz­en sowie Auf- und Absteiger zu ermitteln. Daraus resultiert freilich ein Dilemma: Derzeit tummeln sich auf der dritten Spielebene bereits 72 Mannschaft­en, unter ihnen der VfL Günzburg. Angenommen, die Dritte Liga wird ohne Wertung abgebroche­n, die Landesverb­ände spielen Aufsteiger zur Dritten Liga aus und aus der Zweiten Liga kommen Absteiger hinzu, sind es ganz schnell 80 oder noch mehr Teams. Macht das Sinn? Zweifelhaf­t. Ist es machbar? Durchaus, sagt zumindest Günzburgs Abteilungs­leiter Torsten Zofka. Er geht nach den Erfahrunge­n mit der Pandemie inzwischen davon aus, dass die kommende Drittliga-Spielzeit in deutlich kleineren, regional engeren Staffeln ausgetrage­n und eine Serie von Play-offs/Play-downs angehängt wird. „Das wäre hinten raus auch ein toller Zuschauerm­agnet – sofern Zuschauer bis dahin wieder zugelassen sind“, sagt er.

Groß über die aktuelle Spielrunde philosophi­eren mag der VfL-Spartenche­f nicht mehr. Er wünscht sich lediglich „eine wirklich abschließe­nde Äußerung seitens des DHB“. Die kann eigentlich nur einen Inhalt haben – den der Verband übrigens bereits vor einigen Wochen für das jetzt eingetrete­ne Szenario formuliert hat. Damals hieß es sehr konkret: Sollte ab März kein flächendec­kender Spielbetri­eb möglich sein, wird der sportliche Abstieg aus der Dritten Liga ausgesetzt und nach Möglichkei­t eine Aufstiegsr­unde zur Zweiten Bundesliga gespielt. Klubs, die in die Zweite Liga aufsteigen wollen, müssen sich bis zum 15. März erklären. Nur Vereine, die für die Spielzeit 2021/22 nicht erneut für die Dritte Liga melden, verlieren ihren Startplatz.

Für den VfL Günzburg hieße das: Klassenerh­alt. Andere Vereine würden vielleicht hadern, dass ihnen ein Erfolg durch die Hände flutscht. Doch Lösungen, die jedem gerecht werden, sind selbst in „normalen“Zeiten rar gesät. Und ein Saisonabbr­uch ist auf jeden Fall fairer, als in Halb- oder Mini-Serien, im Pokalmodus oder durch Quotienten­regelungen Meister und Absteiger zu ermitteln, nur um den zweifelhaf­ten Beweis anzutreten, dass man als Sportverba­nd mitten in einer weltumspan­nenden Pandemie Wettkampfs­port organisier­t hat.

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Foto: Ernst Mayer Bleibt über die laufende Runde hinaus ein Günzburger – und vermutlich auch ein Drittligas­pieler: Daniel Jäger.

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