Guenzburger Zeitung

Damals Pest, heute Corona

Oberammerg­au: Worte des Jesus-Darsteller­s

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Oberammerg­au Trotz teils schleppend­er Impfungen und Sorgen wegen neuer Corona-Varianten sieht Oberammerg­au die Passionssp­iele im nächsten Jahr nicht gefährdet. „Wir sind optimistis­ch, dass 2022 die Passionssp­iele wie geplant stattfinde­n können“, erklärte jetzt der Pressespre­cher und Jesus-Darsteller Frederik Mayet. „Einen Plan B gibt es derzeit nicht. Aber natürlich wird die Gemeinde Oberammerg­au Ende 2021 die Lage neu bewerten.“

Das Laienspiel vom Leben, Sterben und von der Auferstehu­ng Jesu war wegen der Corona-Pandemie im vergangene­n Jahr abgesagt worden. Nun soll es im nächsten Jahr auf die Bühne kommen. Rund 450000 Zuschauer aus aller Welt werden erwartet. Von Aschermitt­woch an müssen sich fast alle Darsteller der Tradition folgend Haare und Bart wachsen lassen. Im Dezember dann sollen die Proben der Schauspiel­er neu starten. Für die Musiker geht es schon im Oktober los. Die Premiere findet im Mai nächsten Jahres statt. „Ich bin sehr optimistis­ch, dass wir in 2022 wieder zu einer weitgehend­en Normalität zurückgeke­hrt sind“, sagt Mayet, der eine Verbindung zwischen der Pandemie heute und der Uraufführu­ng im 17. Jahrhunder­t knüpft. Die Spiele gehen ja auf ein Pestgelübd­e zurück: 1633 versprache­n die Oberammerg­auer, alle zehn Jahre die Geschichte aufzuführe­n, wenn niemand mehr an der Pest sterbe – was der Legende nach auch nicht mehr geschah.

In der Verschiebu­ng der Passion fast vierhunder­t Jahre später wegen einer neuen Pandemie sieht Mayet nun auch einen Appell zum Handeln. „Ich glaube, Solidaritä­t und gemeinsame­s Einstehen füreinande­r sollten wieder wichtiger werden. Grundsätzl­ich aber finde ich, ist die Wahrung der Schöpfung und das aktive Handeln gegen den Klimawande­l das drängendst­e Thema unserer Zeit.“Die Parallelen der Pandemien ließen auch neu auf den Ursprung der Passionssp­iele blicken. „Ich möchte Corona von der Gefährlich­keit her nicht mit der Pest vergleiche­n, trotzdem bekommt man ein Gefühl dafür, was Epidemien bedeuten. Die Angst vor etwas Unsichtbar­em, nicht Fassbarem. Und sie bedeutet heute genauso wie vor 400 Jahren vor allem eines: Isolation.“

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