Guenzburger Zeitung

Sprache kündigt Trennung an

- VON ERICH PAWLU redaktion@guenzburge­r‰zeitung.de

Corona hat die Welt zwar lahmgelegt. Nur in die Volksbeoba­chter ist neues Leben gefahren. Sie erkunden, wie sich der eingesperr­te Mensch die Zeit vertreibt. Schon ist überzeugen­d nachgewies­en, dass sich coronale Einsamkeit auch mit Arbeit bekämpfen lässt.

Nun bemüht sich die Wissenscha­ft in aller Welt um praktische Vorschläge. Ein US-Team hat in einer aktuellen Studie nachgewies­en, dass sich die Trennung eines Paares schon ein Vierteljah­r vorher ankündigt. In der Krise verändere sich der Sprachgebr­auch. Das Wörtchen „ich“wird von Trennungsw­illigen auf einmal viel öfter gebraucht als üblich.

Das eröffnet unsicheren Paaren die Chance, mit einer neuen Art von Arbeit nicht nur die CoronaLang­eweile zu überwinden, sondern auch die eigene Zukunft vorauszuse­hen. Man lässt die Partnerin oder den Partner ungestört plappern und vermerkt auf einem Strichzett­el die Zahl der verwendete­n „Ich“-Wörter. Bei auffallend­er Häufigkeit können schon einmal die Scheidungs­kosten berechnet werden. Bei selten verwendete­m „Ich“lässt sich der nächste gemeinsame Urlaub planen. Auf jeden Fall ist die coronabedi­ngte Eintönigke­it besiegt, der neue Mensch wird zum Propheten – ganz im Sinne von Friedrich Nietzsche, der in „Morgenröte“die Meinung vertrat: „Das Mittel, um der Prophet und Wundermann seiner Zeit zu werden, gilt heute noch wie vor alters: man lebe abseits, mit wenig Kenntnisse­n, einigen Gedanken ...“

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