Vorerst laufen die Autofabriken
Die verschärften Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Österreich haben in der bayerischen Automobilindustrie zum Wochenbeginn nicht zu Produktionsausfällen geführt, wie Audi und BMW vermelden – noch nicht
Augsburg Manchmal ist es besser, nicht vollumfänglich recht zu behalten. Insofern könnte man beim Verband der Automobilindustrie (VDA) trotz der verschärften Grenzkontrollen von einem zumindest nicht verpatzten Start in die Woche sprechen. VDA-Präsidentin Hildegard Müller hatte am Freitag darauf hingewiesen, dass viele Teile für Deutschlands Autofabriken aus Österreich und Tschechien „justin-time oder just-in-sequence direkt ans Montageband“geliefert würden und davor gewarnt, dass Lieferketten reißen und dies innerhalb „weniger Stunden“dazu führen könne, dass die Bänder bei Audi oder BMW stehen.
Das passierte – zumindest am Montag – trotz kilometerlanger Staus an den Grenzen – noch nicht. Wie ein Audi-Sprecher auf Anfrage mitteilte, produziere die VW-Tochter „aktuell ohne Einschränkungen“. Man beobachte die Lage und die weitere Entwicklung und sei in engem Austausch mit den Spediteuren. Bei Audi könnten auf dem Weg aus Tschechien zum Beispiel Abgasanlagen oder Partikelfilter auf der Strecke bleiben. Bei BMW wären es Autositze.
sei man „derzeit“aber noch versorgt und produziere „planmäßig“, hieß es auf Anfrage aus München. Erste Lieferungen, sagte eine Sprecherin, hätten bereits die Grenzen passieren können und seien ohne größere Verzögerungen in den BMW-Werken angekommen. Wie bei Audi gilt auch hier: „Wir beobachten in enger Abstimmung mit unseren Lieferanten und Logistikpartnern die Situation.“
Diese Beobachtung ist allerdings überschaubar, denn die Situation kann sich prinzipiell innerhalb eines Tages zuspitzen. Weshalb man bei BMW „weiterhin auf eine pragmatische und effiziente Vorgehensweise“der Behörden bei den Kontrollen hofft.
Wie es also bei Audi in Ingolstadt, BMW in Regensburg und Dingolfing oder VW in Zwickau weitergeht, bleibt abzuwarten. Der VDA sprach am Montag von der erwartet „sehr schwierigen“Lage, deren konkrete Auswirkungen sich erst in den kommenden Tagen zeigen würden und forderte ein „intelligentes Grenzmanagement“, damit die Lastwagenfahrer mit negativen Tests schnell durchkommen. Dazu zählen aus Sicht des VDA: gesonderte Kontrollstellen für den Transportverkehr, zusätzliche Teststationen vor Ort und die rasche Verfügbarkeit von Schnelltests. Im Gegensatz zum Frühjahr 2020 sei die Entscheidung nun überraschend geDort kommen. Entsprechend groß die Herausforderung.
Das sieht man beim Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) ähnlich. BGL-Vorstandssprecher Dirk Engelhardt kritisiert Innenminister Horst Seehofer (CSU) und sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: „Das ist ein heraufbeschworenes Chaos. Wir mahnen schon seit langem, ein solches Szenario mit Virusmutationsgebieten zu vermeiden.“Eine solche – absehbare – Entscheidung hätte besser vorbereitet werden sollen. Man könne nicht so schnell Grenzkontrollen ohne eine Teststrategie beschließen. Engelhardt sagte perspektivisch: „Wenn das so bleibt, dann werden in der Autoindustrie bis zum Ende der Woche mit Sicherheit Lieferketten reißen. Und danach auch im Konsumgüterbereich.“
Seit Sonntag gelten für Tschechien und das österreichische Tirol verschärfte Einreiseregeln. Lastwagenfahrer brauchen einen negativen Corona-Test. An den Grenzen wird stärker kontrolliert, auch, ob ein Gebiet durchfahren wurde, in dem eine der ansteckenderen Virusmutanten häufiger registriert wurde.
Gerade in der Autoindustrie hat man genug von gerissenen Lieferketten. Erst jüngst hatte man besonders zu kämpfen, weil Mikrochips immer begehrter und global entsprechend knapp geworden waren.