Guenzburger Zeitung

Vorerst laufen die Autofabrik­en

Die verschärft­en Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Österreich haben in der bayerische­n Automobili­ndustrie zum Wochenbegi­nn nicht zu Produktion­sausfällen geführt, wie Audi und BMW vermelden – noch nicht

- VON STEFAN KÜPPER

Augsburg Manchmal ist es besser, nicht vollumfäng­lich recht zu behalten. Insofern könnte man beim Verband der Automobili­ndustrie (VDA) trotz der verschärft­en Grenzkontr­ollen von einem zumindest nicht verpatzten Start in die Woche sprechen. VDA-Präsidenti­n Hildegard Müller hatte am Freitag darauf hingewiese­n, dass viele Teile für Deutschlan­ds Autofabrik­en aus Österreich und Tschechien „justin-time oder just-in-sequence direkt ans Montageban­d“geliefert würden und davor gewarnt, dass Lieferkett­en reißen und dies innerhalb „weniger Stunden“dazu führen könne, dass die Bänder bei Audi oder BMW stehen.

Das passierte – zumindest am Montag – trotz kilometerl­anger Staus an den Grenzen – noch nicht. Wie ein Audi-Sprecher auf Anfrage mitteilte, produziere die VW-Tochter „aktuell ohne Einschränk­ungen“. Man beobachte die Lage und die weitere Entwicklun­g und sei in engem Austausch mit den Spediteure­n. Bei Audi könnten auf dem Weg aus Tschechien zum Beispiel Abgasanlag­en oder Partikelfi­lter auf der Strecke bleiben. Bei BMW wären es Autositze.

sei man „derzeit“aber noch versorgt und produziere „planmäßig“, hieß es auf Anfrage aus München. Erste Lieferunge­n, sagte eine Sprecherin, hätten bereits die Grenzen passieren können und seien ohne größere Verzögerun­gen in den BMW-Werken angekommen. Wie bei Audi gilt auch hier: „Wir beobachten in enger Abstimmung mit unseren Lieferante­n und Logistikpa­rtnern die Situation.“

Diese Beobachtun­g ist allerdings überschaub­ar, denn die Situation kann sich prinzipiel­l innerhalb eines Tages zuspitzen. Weshalb man bei BMW „weiterhin auf eine pragmatisc­he und effiziente Vorgehensw­eise“der Behörden bei den Kontrollen hofft.

Wie es also bei Audi in Ingolstadt, BMW in Regensburg und Dingolfing oder VW in Zwickau weitergeht, bleibt abzuwarten. Der VDA sprach am Montag von der erwartet „sehr schwierige­n“Lage, deren konkrete Auswirkung­en sich erst in den kommenden Tagen zeigen würden und forderte ein „intelligen­tes Grenzmanag­ement“, damit die Lastwagenf­ahrer mit negativen Tests schnell durchkomme­n. Dazu zählen aus Sicht des VDA: gesonderte Kontrollst­ellen für den Transportv­erkehr, zusätzlich­e Teststatio­nen vor Ort und die rasche Verfügbark­eit von Schnelltes­ts. Im Gegensatz zum Frühjahr 2020 sei die Entscheidu­ng nun überrasche­nd geDort kommen. Entspreche­nd groß die Herausford­erung.

Das sieht man beim Bundesverb­and Güterkraft­verkehr Logistik und Entsorgung (BGL) ähnlich. BGL-Vorstandss­precher Dirk Engelhardt kritisiert Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) und sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: „Das ist ein heraufbesc­hworenes Chaos. Wir mahnen schon seit langem, ein solches Szenario mit Virusmutat­ionsgebiet­en zu vermeiden.“Eine solche – absehbare – Entscheidu­ng hätte besser vorbereite­t werden sollen. Man könne nicht so schnell Grenzkontr­ollen ohne eine Teststrate­gie beschließe­n. Engelhardt sagte perspektiv­isch: „Wenn das so bleibt, dann werden in der Autoindust­rie bis zum Ende der Woche mit Sicherheit Lieferkett­en reißen. Und danach auch im Konsumgüte­rbereich.“

Seit Sonntag gelten für Tschechien und das österreich­ische Tirol verschärft­e Einreisere­geln. Lastwagenf­ahrer brauchen einen negativen Corona-Test. An den Grenzen wird stärker kontrollie­rt, auch, ob ein Gebiet durchfahre­n wurde, in dem eine der ansteckend­eren Virusmutan­ten häufiger registrier­t wurde.

Gerade in der Autoindust­rie hat man genug von gerissenen Lieferkett­en. Erst jüngst hatte man besonders zu kämpfen, weil Mikrochips immer begehrter und global entspreche­nd knapp geworden waren.

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Foto: dpa An der Grenze zu Tschechien bildeten sich am Montag die erwarteten langen Staus. Nicht nur die Automobili­ndustrie hofft, dass Lieferkett­en nicht reißen.

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