Guenzburger Zeitung

Schmerzhaf­te Zeiten für die Faschingsf­reunde

Schon vor 30 Jahren bremste die Politik den Schabernac­k aus. Auch das Müllproble­m sorgte für Aufregung. Welche Gründe hinter der Idee standen, eine Eislaufflä­che auf dem Volksfestp­latz in Günzburg zu schaffen

- VON WALTER KAISER

Landkreis An Protesten herrschte im Februar 1991 kein Mangel in der Region. Mal ging es eher um Kleinigkei­ten, mal ums größere Ganze. Und manches erinnert an die aktuelle Lage in diesen Zeiten von Corona, wie ein Blick in die Februaraus­gaben der Günzburger Zeitung vor 30 Jahren zeigt.

Die Freunde des Faschings müssen in diesen Wochen schmerzhaf­ten Verzicht üben. Das war auch vor 30 Jahren so. Damals allerdings nicht wegen einer Virus-Pandemie, sondern wegen des ersten Golfkriegs. Während im Nahen und Mittleren Osten unzählige Menschen sterben, darunter auch Soldaten aus befreundet­en Nato-Ländern, könne hierzuland­e nicht närrischer Schabernac­k getrieben werden, begründete die Politik ihr Verbot von Straßenumz­ügen oder Prunksitzu­ngen.

„Irgendwo auf der Welt sterben immer Menschen“, wehrten sich die Faschingsg­esellschaf­ten gegen das Verbot – vergeblich.

Doch wie auch in aktuellen Corona-Zeiten, ein bisschen hintenrum, in kleinem Kreis sozusagen, wurde trotzdem gefeiert. Doch etwa 80 Prozent der geplanten Veranstalt­ungen seien ausgefalle­n, so beklagten auch die Faschingsv­ereine im Landkreis erhebliche finanziell­e Verluste.

„Die verbieten inzwischen alles, was Spaß macht“, klagten Eltern und Kinder im Februar 1991 in Der Grund: Die Stadt hatte den seit Jahrzehnte­n gepflegten und beliebten Eislauf auf dem Birketweih­er untersagt, obwohl das Gewässer damals in sicherem Maße zugefroren war. Die Stadt hatte bei Missachtun­g des Verbots mit Geldbußen gedroht, doch längst nicht alle ließen sich dadurch von ihrem Vergnügen abhalten. Im Übrigen biete Günzburg, im Gegensatz etwa zu Burgau, kaum Möglichkei­ten des Winterspor­ts. Gefordert wurde von den Protestier­enden deshalb, auf dem Volksfestp­latz eine Eislaufflä­che zu schaffen und regelmäßig zu besprühen.

Dem Geiste jener Zeit folgend mussten Straßen und Wege bei Altstadtsa­nierungen gepflaster­t werden. Sonst gab es keine staatliche­n

Fördermitt­el. Also musste auch die Burgauer Tellerstra­ße mit Pflaster versehen werden – einschließ­lich der Gehwege. Dagegen protestier­ten im Februar 1991 Burgauer Rollstuhlf­ahrer. Die Stadt gab nach und sagte zu, die Gehwege zu asphaltier­en. Inzwischen sind manche Gemeinden dabei, das Pflaster – vor allem in den Altstadtbe­reichen – in Teilen wieder auszubudde­ln und durch benutzerfr­eundlicher­e Platten zu ersetzen. Ganz massiv waren vor 30 Jahren die Proteste gegen Pläne, zwar auf Lauinger Flur, aber ganz in der Nähe zu Gundremmin­gen eine Müllverbre­nnungsanla­ge zu bauen. Ein „Bürgerbund“, bestehend aus Umweltschü­tzern und manchen Politikern aus den Landkreise­n Günzburg und Dillingen soGünzburg. wie aus benachbart­en baden-württember­gischen Gemeinden, wandte sich entschiede­n gegen dieses Vorhaben. Ein „Müllpark“, zumal in unmittelba­rer Nachbarsch­aft zum Atomkraftw­erk, sei nicht hinnehmbar, argumentie­rte der Bürgerbund.

Im Übrigen sei es ein Irrweg, bei der Müllentsor­gung vor allem auf die Verbrennun­g zu setzen. Solche Anlagen schickten alle möglichen giftigen Stoffe in die Umwelt, eine Fülle von Krankheite­n bei Kindern wie Erwachsene­n seien die Folge.

Stand heute: Der Lauinger Restmüll wird verbrannt. Seit die Pyrolysean­lage bei Unterknöri­ngen stillgeleg­t ist, wandert auch der Restmüll aus dem Landkreis Günzburg in eine Verbrennun­gsanlage: in die in Weißenhorn.

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