„Einige müssen sich verändern“
Der neue Ministerpräsident Mario Draghi schwört sein Land auf radikale Reformen ein
Rom In seiner ersten Rede als italienischer Ministerpräsident hat Mario Draghi an das Verantwortungsgefühl der Parteien appelliert. „Einheit ist keine Option, sondern Pflicht“, sagte der 73-Jährige am Mittwoch im italienischen Senat. Draghi appellierte an den „republikanischen Geist“und kündigte einen „neuen Wiederaufbau“an. Er habe sich oft gefragt, „ob unsere Generation für unsere Kinder das tut, was unsere Eltern und Großeltern für uns getan haben“. Jede Verschwendung öffentlicher Ressourcen heute sei ein Opfer, das den künftigen Generationen auferlegt werde.
Als erste konkrete Herausforderung nannte der am vergangenen Samstag vereidigte Regierungschef die Corona-Pandemie, auf die mit einer raschen und effizienten Impfkampagne reagiert werden müsse. Zu ihrer Umsetzung sollten künftig auch der Zivilschutz sowie das Militär herangezogen werden. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Impfungen in allen möglichen Strukturen vorgenommen werden, öffentlichen wie privaten“, sagte Draghi. Zudem sei eine Reform des territorialen Gesundheitssystems notwendig. Draghi kündigte eine rasche Wiedereröffnung der Schulen an. Es sei notwendig, die im vergangenen Jahr eingebüßten Stunden im Präsenzunterricht nachzuholen. Vor einigen Tagen hieß es, der Regierungschef plane die außerordentliche Verlängerung des Schuljahres um einen Monat bis Ende Juli.
Als weitere Priorität seiner Regierung kündigte der ehemalige Chef der Zentralbank an, Umweltschutz mit der Modernisierung Italiens zu verbinden und dafür die Hilfsgelder der EU einzusetzen. „Digitalisierung, Landwirtschaft, Gesundheit, Energie, Cloud Computing, Schule und Erziehung, Landschaftsschutz, Biodiversität, Erderwärmung und Treibhauseffekt sind verschiedene Aspekte einer vielfältigen Herausforderung, die das Ökosystem als ihr Zentrum hat“, sagte Draghi.
Auch in der Wirtschaft stünden Veränderungen an. Die Regierung müsse alle Arbeitnehmer schützen, es sei aber ein Fehler unterscheidungslos alle Wirtschaftsaktivitäten zu unterstützen. „Manche werden sich verändern müssen, auch radikal.“Die Entscheidung, welche Aktivitäten zu schützen und welche in ihrem Wandel zu begleiten sind, sei die schwierige Entscheidung der Wirtschaftspolitik.
Die Regierung Draghi wird in einer Großen Koalition von mehr als sechs Parteien getragen, die untereinander teilweise zerstritten waren und von extrem rechts bis ganz links reichen.