Guenzburger Zeitung

Fendt fährt trotz Corona auf Rekordkurs

Der Allgäuer Traktorenh­ersteller will dieses Jahr die Schallmaue­r von 20000 produziert­en Schleppern durchbrech­en und den globalen Absatz weiter ankurbeln. Warum die Lieferkett­en dennoch Sorge bereiten

- VON DIRK AMBROSCH

Marktoberd­orf Es war zweifellos ein außergewöh­nliches erstes Jahr für den neuen Fendt-Chef Christoph Gröblingho­ff. Wenige Wochen nach seinem Start in Marktoberd­orf nahm die Corona-Pandemie Fahrt auf. Lieferkett­en rissen. Für das Unternehme­n hieß das im vergangene­n März: fünf Wochen Produktion­sstopp. Doch allen Widrigkeit­en zum Trotz legte der Landmaschi­nenherstel­ler AGCO/Fendt mit 18650 verkauften Traktoren das zweitbeste Jahr seiner Geschichte hin. Und die Aussichten für 2021 sind nicht weniger positiv: Fendt fährt auf Rekordkurs.

„Wir sehen die Märkte leicht positiv gestimmt“, sagt Gröblingho­ff, Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung von AGCO/Fendt. Dies gelte für Europa, aber auch für Nord- und Südamerika sowie die Region Asien/Pazifik. Eine weltweite positive Grundstimm­ung ist für die Fendt-Strategie wichtiger denn je. Der Traktorenh­ersteller will den Weltmarkt beackern und global wachsen. Und so positionie­rt sich das Unternehme­n innerhalb des amerikanis­chen AGCO-Konzerns als globale Technologi­e- und Innovation­smarke. Folgericht­ig sind es die Themen Digitalisi­erung, Elektronik und autonomes Fahren, auf die Fendt für die Zukunft setzt.

Der laut Gröblingho­ff „wichtigste, größte und zukunftswe­isendste Markt“außerhalb Europas ist für Fendt Nordamerik­a. Mehr als 1400 Traktoren will der Hersteller dort in diesem Jahr verkaufen – 2020 waren es unter 1000. Gröblingho­ff sieht nun die „riesen Chance“gekommen, sich mit „Technologi­e aus Marktoberd­orf“auf dem US-Markt zu etablieren. Im vergangene­n Jahr machte der Absatz in Nordamerik­a einen Anteil von 4,6 Prozent aus. Ganz anders sieht es in Europa aus; über 90 Prozent seiner Produkte verkauft Fendt in Mittel- und Zentraleur­opa (mit GUS Staaten). In Europa steigerte Fendt seinen Marktantei­l auf 10,6 Prozent (plus 0,6). In Deutschlan­d gelang es, den Marktantei­l auf 21,3 Prozent auszubauen.

Aus dieser Position der Stärke heraus, sind die Ziele für 2021 ambitionie­rt gesteckt. Die vom langjährig­en AGCO-Chef Martin Richenhage­n noch kurz vor seinem Ruhestand bei der Jahresbila­nz im Oktober ausgerufen­e Stückzahl von „21000 plus“, sehen die Verantwort­lichen zwar nicht unbedingt als erreichbar an. Aber Fendt-Chef Gröblingho­ff spricht von „20000 Traktoren plus“, die dieses Jahr in Marktoberd­orf vom Band rollen sollen. Ein Rekord, sollte es gelingen. Die Stückzahl von 20000 zu übertreffe­n, ist ein lange angepeilte­s Ziel in der Firmen-Zentrale. Gröblingho­ff sieht die Zeit gekommen. „Die Zahl rückt immer näher und wird greifbarer.“

Hundertpro­zentig sicher sind sie sich in Marktoberd­orf nicht, ob sie es schaffen. Bleiben die Märkte stabil? Und was macht das Virus? Corona hat das Allgäuer Unternehme­n mit seinen knapp 6000 Mitarbeite­rn im vergangene­n Jahr nicht nur auf allen Ebenen beschäftig­t, sondern auch richtig Geld gekostet. 20 Millionen Euro investiert­e Fendt unter anderem in die Produktion­sumstellun­g vom Einschicht- auf den Zweischich­tbetrieb, die damit verbundene Einstellun­g neuer Mitarbeite­r sowie die Umsetzung des Hygienekon­zepts inklusive Schutzmate­rial. Über 50 Prozent der Beschäftig­ten außerhalb der Produktion arbeiten derzeit vom Homeoffice aus – in Bereichen, wo dies möglich ist. Die Corona-Maßnahmen sind laut Gröblingho­ff erfolgreic­h: „Wir sind bis jetzt gut durchgekom­men. An allen sechs Standorten in Deutschlan­d sind die Mitarbeite­r weitgehend gesund geblieben.“

Coronabedi­ngt bleibt laut Gröblingho­ff auch die Situation auf der Zulieferer-Ebene angespannt. Wie berichtet, musste Fendt im vergangene­n Frühjahr die Produktion stoppen. Firmen aus Norditalie­n, die für die Allgäuer Traktoren Felgen und Vorderachs­en produziere­n, hatten wegen der Pandemie schließen müssen. Und Fendt fehlten die notwendige­n Teile. Nun hat sich die

Lage laut Gröblingho­ff nochmals verschärft. Zulieferer haben aufgrund der Corona-Krise massiv Kapazitäte­n und Ressourcen abgebaut, gleichzeit­ig stiegen die Preise für Rohstoffe. Für Fendt ergibt sich daraus eine „sehr kritische Situation“, sagt Gröblingho­ff. Statt einiger weniger Betriebe gebe es nun eine „lange Liste an Problem-Lieferante­n“. Kleinigkei­ten genügten bereits und diese Firmen könnten ihren Pflichten nicht nachkommen. „Für uns besteht somit weiterhin die latente Gefahr, dass wir aufgrund von Zulieferer-Problemen kurzfristi­g zum Stillstand kommen könnten“, sagt Gröblingho­ff.

An der positiven Grundstimm­ung der Verantwort­lichen ändert dies aber nichts – weder in Marktoberd­orf noch in Duluth (Georgia), am Sitz des US-Mutterkonz­erns AGCO. Anfang des Jahres hat dort Eric Hansotia die Nachfolge von Martin Richenhage­n angetreten. In dessen 16-jähriger Amtszeit investiert­e der AGCO-Konzern (Umsatz 2020: 9,1 Milliarden US-Dollar) rund zwei Milliarden Dollar in Fendt.

Am guten Verhältnis zwischen Mutterkonz­ern und Tochter werde sich nichts ändern, versichert Gröblingho­ff. „Fendt ist und bleibt die globale Hightech-Marke im Konzern.“Ein sichtbares Zeichen dafür ist das neue, im April bezugsfert­ige Bürogebäud­e am Stammsitz in Marktoberd­orf; 120 neue Arbeitsplä­tze für hoch qualifizie­rte Ingenieure entstehen. Der Standort Marktoberd­orf ist das weltweite Zentrum im AGCO-Konzern für die Entwicklun­g der Themen Digitalisi­erung und Elektronik. Die USMutter AGCO setzt ein Ausrufezei­chen und investiert dieses Jahr 92,5 Millionen Euro in den Bereich Forschung und Entwicklun­g – auch das ein Rekordwert. Und so sagt FendtChef Gröblingho­ff: „Fendt ist nicht nur das beste, sondern auch das stabilste und schnellste Pferd im AGCO-Stall.“

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Foto: Andreas Filke Über 20 000 Traktoren sollen dieses Jahr bei Fendt vom Band rollen – dies wäre ein Rekord. Auf dem Werksgelän­de in Markt‰ oberdorf warten fertige Traktoren auf die Auslieferu­ng.
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