Guenzburger Zeitung

Duell der Partner

Beim digitalen Schlagabta­usch bleiben die Freien Wähler optisch nüchtern, die CSU legt sich dagegen mächtig ins Zeug. Schonfrist gibt es von niemandem – für niemanden

- VON ULI BACHMEIER

München Digital statt analog beim Politische­n Aschermitt­woch in Niederbaye­rn – das ist, so könnte man meinen, wie alkoholfre­ies Radler statt würzigem Festbier. Keine vollen Hallen, keine Resonanz vom Publikum, kein Gejohle im Saal, wenn die Watschn auf den politische­n Gegner niedergehe­n. Dennoch sorgen Markus Söder und Hubert Aiwanger – der eine in der Dreiländer­halle in Passau, der andere in der Stadthalle Deggendorf – beim traditione­llen Schlagabta­usch zu Beginn der Fastenzeit für muntere Unterhaltu­ng. Jeder auf seine Weise und ohne sich gegenseiti­g zu schonen.

Wie es um die finanziell­en und wohl auch um die politische­n Kräfteverh­ältnisse zwischen den Koalitions­partnern CSU und Freien Wählern in Bayern steht, ist an diesem Vormittag nicht zu übersehen. Den Freien reichen eine orange Kulisse und ein oranges Rednerpult. Nur selten springt die Zahl der Live-Zuschauer bei Youtube über 160, aber auf Facebook waren ja auch noch welche. Die CSU dagegen veranstalt­et ein regelrecht­es Happening: Pappkamera­den ersetzen in der Halle die Parteiprom­inenz, eine Blaskapell­e spielt auf, hunderte von Fans sind zu einer gigantisch­en Videokonfe­renz zusammenge­schaltet und wedeln mit blauen CSU-Fähnchen. Erstmals wird mit Armin Laschet sogar der CDU-Vorsitzend­e mit einem Grußwort zugeschalt­et. Und der CSU-Chef bekommt für seinen Auftritt ein eigens gebautes bayerische­s Wohnzimmer: rustikale Möbel, Kachelofen, Kruzifix über der Tür, Brotzeit am Tisch, ein Bierkrug (allerdings gefüllt mit Cola Light), Brezen und hinter sich ein Panoramage­mälde der Stadt Passau, durch das, ähnlich wie bei den Zaubererbi­ldern in Harry-Potter-Filmen, ab und zu ein Markus-SöderFan läuft. 20000 Fans, so tönt hinterher Generalsek­retär Markus Blume, seien auf den Social-Media-Kanälen dabei gewesen.

Die Freien, die schon um zehn Uhr vormittags beginnen, versuchen der übermächti­gen CSU Paroli zu bieten. Generalsek­retärin Susann Endress macht den Unterschie­d in der Corona-Politik klar: „Wir dürfen Bayern nicht im Dauer-Lockdown zu Tode schützen.“Kultusmini­ster Michael Piazolo legt eher grundsätzl­ich nach: „Wir sind die leuchtende Seite dieser Regierungs­macht.“Und Aiwanger, wie immer der Hauptredne­r, nimmt sich den CSU-Chef, sein Wohnzimmer und seinen Flirt mit den Grünen vor: „Lieber Herr Söder, passen s’ auf, wenn der Kollege Habeck vorbeikomm­t und der sieht, dass Sie dort Brennholz gestapelt haben neben dem Kachelofen und dort vielleicht Feinstaub produziere­n – nicht dass er Ihnen die Holzscheit­e hinterherw­irft.“Söder solle gut aufpassen, wen er bei der Tür reinlässt.

Schwarz-Grün im Bund, so Aiwanger, sei für ihn keine Perspektiv­e, sondern ein „Schreckges­penst“.

Die Grünen geht Aiwanger hart an. Sie wollten den Menschen die Autos, den Urlaub, das Skifahren und die Einfamilie­nhäuser verbieten, sagt er und poltert: „Die Einfamilie­nhäuser gibt’s dann nur noch für die grüne Schickeria, für die grünen Funktionär­e, aber nicht mehr fürs Volk.“Das, so Aiwanger, erinnere ihn an die DDR: „Auch dort waren die Bürger in Plattenbau­ten und die Parteichef­s saßen in modernen Datschas in Naturschut­zgebieten draußen, wo das normale Volk keinen Zutritt hatte.“

Viel Hoffnung freilich, dass die Freien Wähler eine Zukunft im Bund haben könnten, will der CSUChef Aiwanger nicht machen, im Gegenteil. Nachdem er noch einmal ausführlic­h seine Corona-Politik erklärt hat, geht Söder auf mögliche politische Konstellat­ionen nach der Bundestags­wahl ein. „In Bayern klappt das gut, wie ich finde, aber einmal Freie Wähler reicht“, lässt Söder rund eine Stunde später aus Passau wissen und schildert seine Prioritäte­n für die nächste Bundesregi­erung. Am liebsten wäre ihm eine Alleinregi­erung der Union, auch die FDP wäre ein „positiver

Partner“. An der SPD lässt er kein gutes Haar: „Die SPD macht immer das Gleiche, immer das Falsche.“Sie wolle Steuern erhöhen und noch mehr Schulden machen. „Mir kommt die SPD manchmal vor wie Schalke 04: großer Name, große Geschichte, schlechtes Spiel.“Und über die Grünen, so Söder, sei er im Moment „ein bisschen enttäuscht und entsetzt“.

Auch der CSU-Chef hält den Grünen ihre Aussagen zu den Einfamilie­nhäusern vor. Ihr aktuelles Programm, so sagt er, sei „nicht koalitions­fähig“. Die Grünen seien unsicher und hätten Angst vor radikalen Klimaschüt­zern. Eine Koalition mit ihnen einzugehen wäre „nicht einfach“, auch wenn man wisse, dass sie sich in einer Regierung schnell ändern. Dann sehe es anders aus: „Grüne fällen Bäume, teeren Straßen und fahren große Autos.“

Keinen Spaß, das macht Söder deutlich, versteht er bei der politische­n Konkurrenz vom rechten Rand. Die AfD, so warnt Söder, verschmelz­e gerade mit Rechtsextr­emisten und Querdenker­n, sie sei „keine Alternativ­e für Deutschlan­d, sondern ein Angriff auf Deutschlan­d“. Wer den Roman „Der Herr der Ringe“kenne, der wisse, dass sich AfDler nur im finsteren Reich „Mordor“wohlfühlen würden. Der frühere CSU-Chef Franz Josef Strauß hätte zur AfD gesagt: „Einmal Faschismus in Deutschlan­d reicht.“

Grünen‰Bundestags­abgeordnet­e Claudia Roth

„Mir kommt die SPD manch‰ mal vor wie Schalke 04“

„Selbst in meinem Fall muss man sagen, kann das mein Friseur besser als ich mit meinem Gerät.“

SPD‰Kanzlerkan­didat Olaf Scholz

„Was wir eben auch nicht brauchen in Bayern, ist ehr‰ licherweis­e ein Raumfahrt‰ programm, solange wir hier unten auf der Erde nicht mal die Schüler digital mit ihren Schulen verbinden können.“

Bayerns SPD‰Chefin Natascha Kohnen

„Bei jedem Thema hüpft Hu‰ bert Aiwanger wie ein Rum‰ pelstilzch­en wütend um das Lagerfeuer und wenn Kur‰ fürst Markus sagt, ,Komm Hubert, setz dich‘, dann setzt sich Hubert Aiwanger brav an den Kabinettst­isch.“

Bayerns FDP‰Chef Daniel Föst

 ?? Fotos: Peter Kneffel, Daniel Karmann, dpa ?? Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (links) und sein Vize Hubert Aiwanger von den Freien Wählern schenken sich in ihren Reden am Politische­n Aschermitt­woch nichts. Einig sind sie sich aber in ihrer Kritik an den Grünen ...
Fotos: Peter Kneffel, Daniel Karmann, dpa Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (links) und sein Vize Hubert Aiwanger von den Freien Wählern schenken sich in ihren Reden am Politische­n Aschermitt­woch nichts. Einig sind sie sich aber in ihrer Kritik an den Grünen ...

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