Mit der 4c bei den alten Römern
Die 26 Jungen und Mädchen von der Centerville-Schule in Augsburg haben im Homeschooling tolles gezaubert und zeigen es Capito im digitalen Unterricht
Hurra, ein Klassenzimmer! Ein echtes! Nicht dieses Klassenzimmer, das in Videokonferenzen als digitaler Hintergrund eingeblendet wird. Davon habe ich in den vergangenen zwei Wochen einige gesehen. Mit meinem Computer blicke ich nun aber in das echte Klassenzimmer von Lehrerin Claudia Jordan und der 4c an der Centerville-Schule in Augsburg. Bunte Bilder an der Wand, Schulbänke, eine Tafel – lange nicht gesehen. Moment mal, was bewegt sich denn da hinten links in der Ecke, gleich neben dem Eingang? „Das ist Schoko, unser Schulhund“, sagt Frau Jordan und erklärt lachend: „Das ist die einzige Schoko, die nicht dick macht!“
Während Schoko ein Vormittagsnickerchen macht, startet Frau Jordan den Distanzunterricht. Nur sie und eine Schülerin aus der Notbetreuung sind in der Klasse. Die anderen Kinder schalten sich aus ihrem Zuhause mit dem Computer dazu. Die 4c hat eine Überraschung für mich vorbereitet: Wir machen eine gemeinsame Zeitreise in die Vergangenheit, zu den alten Römern. Mit denen haben sich die Jungen und Mädchen im Homeschooling ausführlich befasst. Sie lernten, wie die Menschen damals vor gut 2000 Jahren lebten, was sie aßen, wie sie sich kleideten, womit sie Krankheiten heilten und auch, woran sie glaubten. Drei Kinder zählen lauter römische Götter auf und erklären, wofür sie zuständig waren. Chef der Göttertruppe war Jupiter. Minerva = Göttin der Weisheit, Apoll = Gott der Künste und Wissenschaft, Venus = Göttin der Liebe ... Ich wünsche mir kurz, dass es einen Internet-Gott gibt, denn die Verbindung ist ab und zu etwas ruckelig.
Leonie erzählt, dass manche Schüler damals auf Wachstafeln geschrieben haben. Sie ritzten mit Griffeln Buchstaben in das Wachs. Griffel sind spitze Stäbe, wie ein Bleistift ohne Mine. Kurz denke ich mir: Die Kinder
Hier siehst du den römischen Schmuck, den Jennifer nachgebaut hat. Dazu hat sie sich Bilder von alten Schmuckstücken angesehen, die heute in Museen ausgestellt sind. Sie hat sogar ein Infoplakat dazu angefertigt. von damals würden ganz schön staunen, wenn sie uns hier gerade sehen könnten, wie wir am Computer lernen. Das käme ihnen sicher wie Zauberei vor.
Ein bisschen wie Zauberei kommt es mir auch vor, als ich die Bastelarbeiten der Klasse zum Thema Alte Römer sehen darf. Eine Woche hatten sie Zeit und ich staune, was da alles entstanden ist. Auch Frau Jordan lobt die 26 Jungen und Mädchen. Mavie etwa hat eine riesige römische Brücke aus Schnee nachgebaut, über die winzig klein ihre Schleich-Pferde gehen. Ben hat das Kolosseum aus Schnee geformt.
Vito-Max zaubert mit Worten und trägt ein lustiges AsterixObelix-Gedicht vor. Jennifer hat hübschen römischen Schmuck nachgebastelt. Josiah hat ein Werbeplakat gestaltet, auf dem ein Kampf im Kolosseum angekündigt wird. Paul zeigt eines in die Kamera, in dem ein Wagenrennen angekündigt wird. Ellina hat eine römische Speisekarte gezeichnet – und als sie vorliest, bin ich ganz froh, dass ich nicht im alten Rom gelebt habe. Suppe aus verfaulten Fischinnereien, igitt. Dann doch lieber gekochte Tauben und hausgemachtes Brot und Oliven. Die besten Freundinnen Ana und Pia sitzen gemeinsam vor einem Computer und machen Homeschooling im Doppelpack. Sie tragen mir ein Arzt-Patienten-Gespräch vor. Ein Arzt hieß damals Medicus. Gegen Kopfschmerzen verschrieben sie Zitronenmelisse, gegen Augenprobleme Rosmarin und wenn die Zähne ausgefallen sind, formten sie aus Gold oder mit Blei eine Gebiss-Schiene, in die sie Zähne aus Knochen oder Elfenbein setzten. Mir schwirrt fast ein wenig der Kopf bei all den tollen Infos – aber noch nicht so sehr, dass ich Zitronenmelisse kauen müsste. Ich staune, was die Kinder alles wissen. Und einige Präsentationen können sie dann ja nächste Woche, wenn der Wechselunterricht beginnt, auch im Klassenraum zeigen und aufhängen, im echten.
Watterson/UPS/Distr. Bulls