Hausärzte rechnen mit Spahn ab
Auch in den Praxen könnte schon geimpft werden – der Minister aber zögert
Berlin Das Jahr schreitet voran, nur für die Corona-Impfungen gilt das nicht. Die bundesweite Impfquote ist immer noch sehr niedrig – und da scheint es logisch, neben den Impfzentren auch die Hausarztpraxen am Kampf gegen die Pandemie zu beteiligen. Die jedenfalls wären bereit dazu – wenn man sie denn ließe.
„Seit Wochen stehen Hausärztinnen und Hausärzte in den Startlöchern, seit Wochen signalisieren wir der Politik: Wir sind zum Impfen in unseren Praxen bereit“, betonte der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, gegenüber unserer Redaktion. Sein Zorn richtet sich auf die Politik und hier besonders auf Gesundheitsminister Jens Spahn. Dem CDU-Politiker zufolge gibt es in seinem Haus intensive Planungen, um die Hausärzte an der Impfkampagne zu beteiligen. Das Problem dabei: Die Betroffenen, also die Ärzte, wissen offenbar nichts davon.
„In entsprechende Überlegungen des Gesundheitsministeriums, über die die Presse berichtet, wurde der Deutsche Hausärzteverband bislang nicht eingebunden“, erklärte Weigeldt. Der Mediziner zeigte sich erstaunt, „dass die Regierung bei ihren aktuellen Impf-Planungen offenbar wieder einmal glaubt, auf unsere Expertise verzichten zu können“. Für ein tragfähiges Impfkonzept aber sei die Kompetenz derer, die es am Ende in der Praxis umsetzen sollen, unverzichtbar. „Wir erwarten von der Politik, dass sie nun endlich mit uns spricht und auch die Rahmenbedingungen regelt.“
Spahn selbst hatte zuvor betont, dass er eine regelmäßige Impf-Zusammenarbeit mit den Hausärzten anstrebe, diese bisher aber am mangelnden Impfstoff scheitere. Für einen Regelimpfbetrieb in den Praxen wären drei bis vier Millionen Impfdosen pro Woche nötig, rechnete er vor. Alles darunter mache keinen Sinn. Bei 50 000 Hausarztpraxen kämen bei zehn Impfungen pro Praxis pro Tag ja schon 500 000 Dosen zusammen. „Deshalb planen wir das mit der Ärzteschaft, den Apothekern, dem Großhandel, das muss ja auch logistisch klappen, sehr intensiv gerade. Wir sind in regelmäßigen Abstimmungen mit denen, um das vorzubereiten“, sagte Spahn. Es werde sicherlich „perspektivisch im zweiten Quartal soweit sein“.
Das zweite Quartal beginnt im April, doch bislang gibt es offenbar keine Absprache mit den Hausärzten. Dafür aber noch jede Menge offene Fragen, wie Weigeldt beklagte. So sei unter anderem nicht geklärt, wie Patientinnen und Patienten überhaupt davon erfahren, dass sie an der Reihe sind, kritisierte er. „Hierzu haben wir schon im vergangenen Jahr gegenüber dem Bundesgesundheitsministerium angeregt, die Einladungen zum Impfen von den Krankenkassen verschicken zu lassen.“Den Kassen seien die Versicherten bekannt, sie verfügten über
Auch das Kühlen wäre kein Problem
alle nötigen Daten. Stattdessen jedoch verlange das Spahn-Ministerium von den Hausärzten, sie sollten Impfberechtigungen per Attest ausstellen. „Als gäbe es nicht bereits genug unnötige Bürokratie!“
Weigeldt widersprach auch dem weitverbreiteten Eindruck, dass in den Praxen wegen der geringeren Kühlmöglichkeiten lediglich der Impfstoff von AstraZeneca verabreicht werden könne: Alle drei derzeit in Deutschland verfügbaren Impfstoffe könnten, anders als zunächst angenommen, von Hausärztinnen und Hausärzten in ihren Praxen verimpft werden.
Laut Robert-Koch-Institut liegt die Impfquote in Deutschland bei mageren 1,9 Prozent für vollständig Geimpfte sowie bei 3,6 Prozent bei den erstmals Geimpften (Stand 17. Februar).