Facebook sperrt News in Australien, Google zahlt
Google und Facebook sollen ihre Werbeerlöse mit Verlagen teilen. Das sieht ein Gesetz in Australien vor. Wie die Konzerne reagieren
Der Streit um ein neues Mediengesetz in Australien hat in zweifacher Weise eine bemerkenswerte Eskalationsstufe erreicht: Zum einen schloss Google einen Deal mit dem Medienmogul Rupert Murdoch und dessen Konglomerat News Corp. Das Unternehmen zahlt dem Verleger einen „bedeutenden Betrag“– dafür darf Google Nachrichten aus dem Murdoch-Imperium auch künftig auf Suchergebnisseiten anzeigen. Abkommen in kleinerer monetärer Dimension, auf den regionalen Markt beschränkt, verhandelte Google zudem mit weiteren australischen Medienunternehmen.
Zum anderen erteilte Facebook einer Vergütung von Nachrichteninhalten eine Absage und verhängte einen Nachrichten-Shutdown: Nutzer aus Australien konnten auf Facebook keine Posts mehr verbreiten, die auf australische Medien verlinken. Außerdem bekamen Australier keine Inhalte internationaler Medien mehr in ihre Feeds gespült. Facebook ergreife diese Maßnahmen „schweren Herzens“, wie William Easton, Managing Director, auf dem Haus-Blog beteuerte. Mittlerweile hat das Unternehmen einzelne Seiten wieder entsperrt. Das Zähnefletschen und das Nichtzahlen gehen allerdings weiter.
Hintergrund: Das neue australische Mediengesetz soll Tech-Giganten dazu zwingen, Medienhäusern Verwertungsgebühren zu zahlen. Nur dann soll es etwa Google und Facebook erlaubt bleiben, Zusammenfassungen, Snippets genannt, von Fremdinhalten anzuzeigen. Die beiden Unternehmen vereinen den größten Anteil digitaler Werbeumsätze auf sich. Das Anzeigen von Werbung im Nachrichtenumfeld gehört zu ihrem Geschäftsmodell.
Von diesem Kuchen sollen auch die Newserzeuger etwas abbekommen. Besonders umstritten ist in Australien ein Passus, der ein Schlichtungsverfahren vorsieht, wenn Google und Facebook sich mit den Verlagen nicht binnen drei Monaten über die Höhe der Nutzungsgebühren einigen können. Dagegen laufen die Tech-Giganten seit Wochen Sturm – gipfelnd in den beiden höchst unterschiedlichen, aber gleichsam einschneidenden Maßnahmen dieser Woche.
Bei Facebook kommt der Schritt nicht unerwartet. Mehrfach wies das Unternehmen darauf hin, dass das Gesetz die Beziehung zwischen Netzwerk und Medien verkenne. Laut Easton seien es die Medienhäuser, die vom Teilen ihrer Nachrichten profitierten. Es sei falsch, Facebook in einen Topf zu werfen mit Google. Schließlich würden Nachrichtenanbieter bei Facebook selbst entscheiden, ob ihre Inhalte gepostet werden. Google hingegen ziehe sich automatisch Zusammenfassungen von Fremdseiten. „Diese Gesetzgebung bestraft Facebook für Inhalte, die es sich nicht selbst genommen und um die es auch nicht gebeten hat“, so Easton. Was er dabei ignoriert, sind die vielen Millionen, die Facebook selbst mit den Fremdinhalten verdient. Darüber sprechen Regierungsvertreter seit Tagen mit Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Australiens PremierZum minister Scott Morrison reagierte verärgert auf die Kampfansage: „Facebooks Entscheidung, Australien die Freundschaft aufzukündigen, grundlegende Informationsdienste für Gesundheit und Katastrophen zu blockieren, war so arrogant wie enttäuschend.“Drohungen seien „kein guter Weg, um auf diese Regierung zuzugehen“. Unterstützung bekam er aus Frankreich und Kanada, wo die Regierungen ähnlich hart verhandeln wollen.
Morrison empfahl Facebook, schnellstmöglich zurück an den Verhandlungstisch zu kommen.
„Dann klären wir das.“Das Unternehmen selbst scheint darauf zu hoffen, dass der Druck durch protestierende Facebooknutzer so groß werden wird, dass die australische Regierung doch noch einlenkt.
Überraschender kommt das Einlenken von Google. Hatte die für die Region zuständige Managerin Mel Silva bei einer Anhörung im australischen Senat noch mit einer Abschaltung der Google-Suchfunktion gedroht, könnte der Deal mit Murdochs News Corp eine grundsätzlich neue Epoche im Verhältnis zwischen Google und Nachrichtenanbietern einläuten. Schon vor Monaten hatte das Unternehmen Medienanbietern in Deutschland, Brasilien und Großbritannien Vergütungen für die Bespielung eines neuen Formats auf der Suchergebnisseite zugesagt – wohl auch als Folge auf den seit Jahren andauernden Streit um ein Leistungsschutzrecht, das dem australischen Gesetz nicht unähnlich ist. Motivation für den Deal könnte Google zudem durch Konkurrent Microsoft bekommen haben. Der hatte der australischen Regierung angeboten, mit seinem Suchdienst Bing Google zu ersetzen.
Die Vereinbarung mit Murdoch hat nun noch einmal eine andere Dimension als die bisherigen Kooperationen in anderen Ländern und auch die mit weiteren australischen Verlagen.
In dem auf drei Jahre angelegten Vertragswerk mit dem weltweiten Medienimperium wird neben der Vergütung für Inhalte auch eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung einer Bezahlplattform, bei der Werbevermarktung und beim Videojournalismus auf YouTube angekündigt. „Das war mehr als eine Dekade lang ein leidenschaftliches Thema für uns. Ich bin zufrieden, dass die Geschäftsbedingungen sich nun ändern. Nicht nur für die News Corp, sondern für alle Verleger“, sagte Robert Thomson, Chef von News Corp. Zum Unternehmen gehören unter anderem die Titel The Sun, The Times, The Wall Street Journal und The Australian.
In die Begeisterung über den Murdoch-Deal mischt sich aber auch Kritik, etwa von Jeff Jarvis, Journalismusprofessor an der City University von New York. Jeder Versuch, den Plattformen Macht wegzunehmen, vergrößere deren Macht nur, schrieb Jarvis auf Twitter. „Google hat die Macht darüber zu entscheiden, welche Medienorganisation Geld bekommt – und welche nicht.“Inwieweit der Murdoch-Deal Schwung in die deutsche Debatte rund um ein Leistungsschutzrecht bringen wird, bleibt abzuwarten. Die neue Eskalationsstufe jedenfalls wird auch hierzulande mit großem Interesse verfolgt.